Autor: Sven Günther, M.A.

 

Ich schwetz Pennsylfaanisch Deitsch! Du aa? -

Prof. Dr. Mark Louden liefert Einblicke in die pennsylvaniadeutsche Gesellschaft

 

 

„Pennsylvaniadeutsch ist eine selbständige Sprache, keine Mischung aus Pfälzisch und Englisch!“ – diese Kernthese entwarf Prof. Dr. Mark Louden von der University of Wisconsin in Madison in seinem Vortrag „Spracherhalt und Sprachverlust in der pennsylvaniadeutschen Gesellschaft“ am 26. Mai 2004. Die Abteilung für Allgemeine und Neuere Geschichte des Historischen Seminars sowie das Zentrum für Interkulturelle Studien hatten mit Prof. Louden einen der führenden Experten auf dem Gebiet der Sprache und Kultur der „Pennsylvania Germans“ gewinnen können, der die rund 70 Zuhörer im Hörsaal P2 in seinen Bann zog.

 

Zu Beginn räumte Louden mit dem Vorurteil auf, Pennsylvaniadeutsch sei immer die Sprache täuferischer Gruppen wie der Amischen, Hutterer und Mennoniten gewesen. „Im 18. Jahrhundert entstammten von 81 000 deutschsprechenden Einwanderern nur ca. 4 % täuferischer Gruppen – der überwiegende Teil war lutherischen oder reformierten Glaubens, meist mit pietistischem Hintergrund“, so Louden. Bei letzteren habe eine rasche sprachliche Assimilation hin zur amerikanisch-englischen Mehrheitssprache eingesetzt. Im Gegensatz dazu hätten sich einige der sehr konservativen anabaptistischen Gruppen, d.h. die „Old Order Amish“ und „Old Order Mennoniten“, diesem Assimilationsdruck nicht gebeugt und diese seien heute fast ausschließlich Sprecher des Pennsylvaniadeutschen. Außerdem seien ihre Sprecher nicht nur in Pennsylvania, sondern z.B. auch stark in Ohio und Indiana sowie in der kanadischen Provinz Ontario vertreten.

 

Deitsch“, wie die Sprache von ihren Sprechern bezeichnet wird, oder „Pennsylvania Dutch“ bzw. „Pennsylvania German“ auf Englisch wird jetzt, zu Beginn des 21. Jahrhunderts von ungefähr 200 000 Menschen aktiv verwendet und gedeiht auch heute noch weiter, da die enge sozioreligiöse Geschlossenheit ihrer Sprecher und daraus resultierend die hohe Geburtenrate sowie die geringe Mobilität die Zahl der Sprecher alle zwanzig Jahre verdoppelt. Daß mittlerweile etwa 20 % des pennsylvaniadeutschen Wortschatzes aus englischen Wörtern bestehe, wertete Louden nicht als Verlust der sprachlichen Identität. Wer Pennsylvaniadeutschsprecher sei, spreche in aller Regel auch gut Englisch und könne fließend zwischen beiden Sprachen wechseln. Kinder sprächen zu Hause Pennsylvaniadeutsch und lernten in der Schule Englisch, wie die übrigen Amerikaner. Vielmehr zeige die Aufnahme des englischen Wortschatzes die Selbständigkeit der Sprache „Pennsylvania Dutch“. 

 

Bemerkenswert ist weiterhin, daß die Tradierung dieser Sprache überwiegend mündlich und über die identitätsstiftende Kultur ihrer Sprecher verläuft. Louden präsentierte zwar einige Höhepunkte pennsylvanischdeutscher Buch- und Zeitungskultur, u. a. die Übertragung von Shakespeares Hamlet in „Pennsylvania Dutch("ich-bin-deim dawdy sei shpook" - I am your father's ghost") des Journalisten und Politikers Edward Henry Rauch (1820-1902). Dennoch sei es eher eine gesprochene Sprache, was Louden zum Abschluß seines Vortrages mit einigen Hörbeispielen untermauerte.

 

HD Dr. Helmut Schmahl von der Abteilung für Allgemeine und Neuere Geschichte schloß in den Dank an Prof. Dr. Mark Louden den Hinweis auf den Deutsch-Pennsylvanischen Arbeitskreis (http://www.dpak.de) ein, der sich um den Erhalt und die Pflege der Sprache „Pennsylvania Dutch“ bemüht. Wer darüber hinaus einmal einige Kostproben des Pennsylvaniadeutschen lesen und genießen will, sollte die von Dr. Michael Werner redigierte Internetseite http://www.hiwwe-wie-driwwe.de besuchen.

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An amerikanischen Universitäten beschäftigen sich das Pennsylvania German Heritage Center (Kutztown University/PA) sowie das Center for Pennsylvania German Studies (Millersville University/PA) mit der pennsylvanischdeutschen Sprache und Kultur. Eine ausführliche Linkliste zum Thema findet sich unter http://links.rheinhessenarchiv.de/links/Pennsylvaniadeutsch/ .