Nachstehende Ortsbeschreibung ist Teil des noch laufenden Projektes "Digitalisierung von Johann Goswin Widders Historisch-Geographischer Beschreibung der kurfürstlichen Pfalz am Rheine", das 1999 am Historischen Seminar der Universität Mainz unter Leitung von Dr. Helmut Schmahl begonnen wurde. Zahlreiche weitere Ortsbeschreibungen sind bereits erstellt, werden aber erst nach Beendigung des Projektes (zunächst Band 3) auf einer eigenen Website im Internet publiziert.

 

Widder, Kurpfalz, Bd. 3, S. 149-151.

44) Oberflersheim. Ein Marktflecken anderthalb Stunden von Alzei südwärts an der Hochstrasse von Mannheim gelegen, wird in einer Lorscher Urkunde vom Jahre 776 Florlesheim superior u), und jezt noch Herren-Flersheim genannt. Im J. 1237 verkaufte der Abt und das Kapitel des Benediktinerklosters Hugshoven im Elsaß alle seine Güter zu Flersheim dem Deutschn [sic] Ritterorden um 850 Mark Silbers x), und in eben diesem Jahre Graf Eberhard von Eberstein mit seiner Gemahlin Adelheid, einer gebohrnen Gräfin von Sayn, die Vogtei und ihr Eigentum zu Flersheim eben demselben für 70 Mark Silbers, welche sie Albrecht von Erlikheim, einem Edelknecht, angewiesen hatten y). Im J. 1262 verkaufte auch Werner von Bolanden seine Güter zu Oberflersheim an Johann von Flersheim um 140 Mark Silbers, und zwar mit Genehmigung seiner Söhne, Wernhers und Philipps, genannt Truchsessen von Flersheim z), mit dem Bedinge, daß diese Güter dem Deutschen Ritterorden übertragen würden a).

Endlich verkauften auch Otto von Alzei der Kommenthur und die Brüder der Tempelherren von Mühlen bei Osthofen ihre Güter zu Flersheim mehrgedachtem Orden im J. 1302 um ein hundert zehen Pfund Häller b); wodurch also das meiste dieses Ortes an besagten Deutschen Orden und zur Ballei Marpurg in Hessen gelangte, die solche hernach zu einer besondern Kommende erhoben, welche noch bis auf den heutigen Tag bestehet.

Nächst am Flecken entspringt die sogenannte Wäschbach, treibt zwo dem Deutschen Orden gehörige Mahlmühlen, lauft sodann nach Guntersheim [Gundersheim], Westhofen etc.

Dieser Flecken begreifet dermalen 115 Familien, 516 Seelen, 3 Kirchen, 2 Schulen, 102 Häuser: die Gemarkung aber 2916 Morgen Aecker, 15 M. Wingert, 6 M. Gärten, 7 M. Wald.

Von den Feldgründen gehören der Deutschordens Kommende allein 1482 Morgen, der Kurfürstl. Hofkammer das Kleinmannische Hofgut von 196 M., welches vormals das Baugut genannt worden: der geistlichen Verwaltung das zur Probstei Münchbischofsheim [Bischheimer Hof bei Gundersheim] gehörige grose und kleine Otterburger [Otterberger] Hofgut von ungefähr 500 Morgen; dem Domstift Worms das sogenannte Vikarie- und dem Kath. Pfarrer das Wittumgut.

Die alte Kirche ist den heil. Peter und Paul geweihet. Der Pfarrsaz gehörte der Deutsch-Ordens Kommende zu Marpurg, die zu Versehung des Gottesdienstes drei Ordenspriester bestellet hat c). In der Kirchentheilung wurde diese Kirche zum Loos der Reformirten geschlagen. Der Deutsche Orden aber behauptete das volle Eigentum derselben, über welchem Streit solche endlich gar in Verfall gerathen. Inzwischen bedienten sich die Katholischen der Ordenskapelle, und stellten darauf einen eigenen Pfarrer an, der unter dem Landkapitel Dalsheim stehet. Endlich ward die Kirche im J. 1771 wieder hergestellet, und die Orte Flonborn [Flomborn], Eppelsheim und Ditelsheim [Dintesheim] dazu gezogen. Die Reformirten haben sich auch eine eigene Kirche erbauet, die ein Filial von Flonborn ist. Desgleichen die Lutherischen, als ein Filial von Dalsheim.

Die Kommende des Deutschen Ritterordens beziehet den ganzen Zehnten.

 

u) Cod. Lauresh. Tom. II, num. 1957.

x) Gudenus Cod. dipl. Tom. IV, pag. 880.

y) Crollii Orig. Bipont. Part. II, Sect. I, Prob. III, p. 60.

z) Dieses ist eine neue Benennung, welche meine wegen Abstammung der Truchsessen von Alzei in der Einleitung geäusserte Meinung zu bestärken scheinet. Herr Grüsner in seinen diplomatischen Beiträgen hat diesen Umstand gänzlich übergangen.

a) Gudenus l. c. pag. 902 & sq.

b) Ibidem pag. 984.

c) Schannat histor. Episcopat. Wormat. pag. 20.