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Wolf Lustig (Mainz)

Fray Bartolomé de las Casas
Zur dichterischen Aneignung des Apóstol de las Indias in der hispanoamerikanischen Literatur

Neben Christoph Kolumbus und einigen wenigen anderen stets umstrittenen „Helden“ der spanischen Entdeckung und Eroberung der Neuen Welt gehört Fray Bartolomé de las Casas in Lateinamerika zu den am häufigsten literarisch verarbeiteten historischen Gestalten. Die vorliegende Studie möchte zu der Beantwortung der Frage beitragen, wie der „Apostel der Indios“ in vergangenen Epochen aus lateinamerikanischer Sicht gedeutet worden ist und welcher Stellenwert Las Casas im kulturellen, geschichtlichen und politischen Selbstverständnis jener Länder auch heute noch zukommt.

Dabei gilt zu bedenken, daß die literarische Gestaltung ja einer anderen Zielsetzung gehorcht als die Arbeit des Historikers. Im Unterschied zu den zahlreichen Chronisten der Conquista den Geschichtsschreibern späterer Epochen, auf deren Material die Dichter freilich zurückgreifen, ist letzteren ein schöpferischer, eben gestalterischer Umgang mit ihren Figuren, ihrem „Stoff“, gestattet. Die Übereinstimmung mit dem Las Casas-Bild, das die historische Forschung rekonstruiert hat, ist also nicht der primäre Maßstab. Auch ist es noch nicht gerechtfertigt, von einer literarischen Figur zu sprechen, wenn sich einer Textpassage ein wie auch immer geartetes Urteil über den historischen Las Casas entnehmen läßt, ohne daß dieser selbst als Produkt der dichterischen Einbildungskraft Gestalt annähme.

In den hier vorgestellten Werken werden somit viele neue Figuren hervortreten, die mit dem 1484 in Sevilla geborenen Anti-Helden der Conquista verwandt, aber nicht identisch sind. Aus diesem Grunde leitet uns das Bemühen, die jeweilige „Botschaft“, die sich mit der Figur des Las Casas verknüpft, aus ihrem Stellenwert innerhalb des Sinngefüges der jeweiligen, sehr unterschiedlichen literarischen Werke zu deuten — weniger die Frage: historisch wahr oder falsch? Gerade dort, wo sich die Darstellung vom dem mutmaßlich „wahren“ historischen Sachverhalt am weitesten entfernt, gewinnt die im engeren Sinne dichterische Leistung, die literarische „Aneignung“ — also auch Neuschöpfung der historischen Figur — an Konsistenz und Bedeutung.

Im Falle des Autors der Brevísima Relación und der Historia de las Indias kommt hinzu, daß nicht nur er selbst, sondern auch seine Schriften zum literarisch verwerteten Material geworden sind. Sofern diese teilweise collagenhaft und als wörtliche Zitate in den literarischen Schaffensprozeß eingehen, kann von einem doppelten Nachleben des großen Dominikaners gesprochen werden: sein kämpferisches Leben hat sich nicht nur zum literarischen Stoff verdichtet, sondern seine Werke selbst fungieren als Paradigma eines spezifisch lateinamerikanischen Diskurses.

In nur wenigen Werken der lateinamerikanischen Literatur ist Las Casas als ausgesprochene Hauptfigur präsent. Als solche tritt er fast ausschließlich in einer Reihe hauptsächlich mittelamerikanischer Theaterstücke auf, die jedoch hinsichtlich ihrer Qualität und (Nach-)Wirkung hinter anderen Gestaltungen zurückbleiben. Wir werden neben nur einem exemplarischen Drama einige Texte in den Blick nehmen, die jenseits ihrer gattungsmäßigen Verschiedenheit mit dem Begriff des historischen Tableaus gefaßt werden könnten. Hinter diesen Werken steht die Absicht, ein ebenso lebendiges wie engagiertes Bild der Eroberungszeit zu gestalten und zu vermitteln.

Im Einklang mit dieser weniger historischen als literarischen bzw. literarkritischen Fragestellung richtet sich der Blick auf eine repräsentative Auswahl aus unterschiedlichen literarischen Gattungen (mit Ausname der Essayistik), in denen Las Casas in jeweils anderen Stilformen und Gestaltungsweisen neu zur Sprache gekommen ist.

Schon zwanzig Jahre nach seinem Tod wird Las Casas zum ersten Mal literarisch „verarbeitet“. Juan de Castellanos (1522-1607) stammte ebenfalls aus Sevilla und ließ sich als Pfründner in Kolumbien nieder. Dort verfaßte er die Elegías de Varones Ilustres, deren erster Teil 1589 veröffentlicht wurde. Die Elegien berühmter Männer sind ein episches Tableau der Conquista, das in sofern „elegisch“ ist, als es neben dem Lob auf die kriegerischen Heldentaten der Eroberer auch die Trauer über das Dahinschwinden einer ruhmreichen Epoche zum Ausdruck bringt. Bevor er sich, mit der Priesterweihe versehen, auf seinen Alterssitz nördlich von Bogotá zurückzog, war er lange Jahre selbst einer der Protagonisten der Eroberung gewesen und als Viehzüchter Nutznießer der „Befriedung“ von Indiogruppen — übrigens in dem Gebiet, das Las Casas für sein glückloses venezolanisches Projekt zugesprochen worden war. Wenn man bedenkt, daß Castellanos während seiner vita activa zur Gruppe jener gehörte, die immer Zielscheibe von Fray Bartolomés Kritik waren und in bescheidenerem Maße die Opfer seiner Politik, dann wird verständlich, daß er für den Dominikaner keine reine Sympathie empfinden konnte und einigen Grund hatte, in diesem Fall mit seinen Lorbeeren zu geizen. Andererseits konnte er Las Casas wegen der offiziellen Anerkennung, die dieser als Beschützer der Indios genoß, auch nicht in Bausch und Bogen verdammen oder einfach übergehen.

So sind die 67 Achtzeiler des II. Gesangs der XIII. Elegie fast ausschließlich dem gescheiterten Vorhaben in Cumaná an der Nordküste des heutigen Venezuela gewidmet, das den ersten systematischen Versuch einer friedlichen Kolonialisierung und Mission darstellen sollte. Das ruhmlose Unterfangen der „grauen Ritter“ — die von Las Casas angeheuerten ungebildeten, grobschlächtigen kastilischen Bauern sollten den Indios nämlich in grauen Rittermänteln mit einem roten Kreuz auf der Brust entgegentreten – wird bei Castellanos mit einer fast schadenfrohen Ironie referiert.

Im Prinzip sieht Castellanos sich selbst als langjährigen Kenner der Verhältnisse und glaubt sich vertraut mit dem wahren Wesen der „indios bárbaros“. Seine Perspektive ist die des Conquistador Ocampo, der sich bereits durch blutige Strafaktionen gegen die ortsansässigen Indios hervorgetan hatte. Als langjähriger Kenner der Verhältnisse fällt Castellanos ein niederschmetterndes Urteil über die Indianer:

Sie wenden sich nach jedem Wind,
sofern nur ihre viehischen Triebe befriedigt werden;
nie wohnt in ihnen eine gute Absicht,
nie wußten sie Gutes mit Gutem zu vergelten;
nie zeigen sie Anerkennung und Dank
für das Wohl, das man ihnen tut.
Es sind schließlich Leute,
deren Bosheit keine Schranken kennt. (37)

Zwar zeigt Castellanos als von den Leyes Nuevas Betroffener kein Verständnis für die Aktivitäten von Las Casas; dennoch zollt er ihm den Respekt, der einer solchen historischen Persönlichkeit gebührt — wohl schon aus Rücksichtnahme vor seiner königlichen und offiziellen Sendung und seinen edlen Motiven, gleichsam als Ergebenheitsadresse an die königlichen Auftraggeber. Erst nach dem ausführlichen Bericht der für Castellanos von vornherein zum Scheitern verurteilten Cumaná-Unternehmung wagt er in einem abschließenden Urteil eine minimale Spitze gegen den naiven Indio-Apostel.

Er war es, der die ganze Boshaftigkeit des Übels aufdeckte,
das jenem Volk angetan wurde,
der starke Verteidiger, Beschützer und Mantel
der barbarischen Westinder.
Später wurde er Bischof von Chiapas
und beendete sein Leben als frommer Mann,
und in Indien lobpreisen ihn mit gutem Recht
die Trotzigen und die Einfältigen.

In Wirklichkeit steht Castellanos voll hinter der Ideologie und den Praktiken der Eroberer und scheut sich lediglich, seine Kritik an Las Casas, den er für einen weltfremden Phantasten hält, allzu offen und konsequent zu artikulieren. Er läßt die geschichtlichen Fakten sprechen: Nach dem Abzug der Dominikaner kehrt Ocampo nach Cumaná zurück, stellt in einer blutigen Strafaktion die alte Ordnung wieder her und läßt eine Festung errichten, worauf der Küstenstreifen sich bald wieder zum blühenden Paradies entwickelt, nicht zuletzt zum Wohle der Indios, wie Caste­llanos sich beeilt zu unterstreichen. (58f., 63ff.)

Bei aller verständlichen Widersprüchlichkeit stellt sich Castellanos als ein ehrlicher Schriftsteller dar, der seiner eigenen gewissermaßen schon „kreolischen“ Identität und der daraus resultierenden Interessen bewußt ist. Er ist damit zugleich der erste und fast einzige, der Las Casas nicht zu einer Symbolfigur macht, sondern sein Wirken nüchtern und pragmatisch aus einer genuinen amerikanischen Sichtweise kommentiert.

Beginnend mit der Unabhängigkeit der lateinamerikanischen Staaten drehen sich die Vorzeichen um, und es beginnt die ideologische Inbeschlagnahme des Padre Las Casas. Deutlich beobachten läßt sich das am Werk des Equatorianers José Joaquín Olmedo (1780-1847). In seiner berühmten Ode La victoria de Junín. Canto a Bolívar von 1825 besingt er nicht nur einen entscheidenden Sieg Simón Bolívars, sondern läßt auch den letzten Inka Huayna Cápac auftreten, der eine enthusiastische Zukunftsvision eines von Spanien befreiten und geeinten Lateinamerikas verkündet. Ein entscheidendes Argument bei seiner Verurteilung der spanischen Herrschaft in Amerika ist der Mißbrauch der christlichen Religion. Die Spanier haben in der Neuen Welt seiner Darstellung nach das Evangelium ad absurdum geführt:

[…] außer einem,
dem amerikanischen Märtyrer der Liebe
dem heiligen Apostel des Friedens und der Nächstenliebe.
Der göttliche Las Casas, einer andren Heimat würdig,
liebte uns bis zum Tode. — Deshalb wohnt er nun
im Empyreum bei den Inkas.

In seiner Ablehnung der Kolonialmacht geht der Dichter hier so weit, daß er aus dem Spanier Las Casas einen Ehrenbürger des inkaischen Alt-Peru machen möchte. Obwohl er einerseits als der einzig aufrechte spanische Christ gefeiert wird, sperrt man ihn obendrein — sicher nicht seinem Streben und Hoffen gemäß — in den heidnischen Limbus der Inkas.

Olmedos Perspektive ist ein Beispiel für jene Form der Geschichtsklitterung, die sich ansatzweise in allen lyrischen Bearbeitungen der Las Casas-Figur findet. Wenn nicht das politische Anliegen des Dichters so offensichtlich wäre (der übrigens auch nicht davor zurückschreckt, die Unabhängigkeit als Befreiung der indigenen Völker zu verbrämen), könnte man auch sagen: Mit Olmedo beginnt die Figur Las Casas sich aus den Fesseln der Historiographie zu befreien und wird zusehends zu jener autonomen literarischen Gestalt, als die er in der Literatur des 20. Jahrhunderts begegnet.

Es scheint, daß zumindest während einer bestimmten Periode Las Casas besonders das Interesse von Theaterautoren aus dem karibischen Raum fand. In der Zeit von 1957–1974 wurden in Guatemala, Mexiko, Kolumbien und Kuba mindestens sechs Stücke publiziert und aufgeführt, die das Geschehen um den „Apostel der Indios“ zum Gegenstand haben. Nicht unwesentlich ist dabei die Tatsache, daß die Dramaturgen mit Las Casas jeweils einen entscheidenden, geradezu leitmotivischen Konflikt aus der Geschichte ihres eigenen Landes — ihrer mittelamerikanischen Heimatregion, aber eigentlich auch ganz Lateinamerikas — reflektieren. Las Casas nimmt eine dramatisch unterschiedlich gestaltbare und gestaltete Schlüsselstellung zwischen der Kolonialmacht und den nach Freiheit strebenden amerikanischen Völkern ein. Als politisch-historischer Hintergrund ist hinsichtlich der Entstehungszeit der Stücke die kubanische Revolution von 1959 und der von ihr ausgehende ideologische Impetus mitzudenken. Der Tenor der Werke läßt sich grob als antikolonialistisch, indigenistisch und kirchenkritisch beschreiben, wobei mal der eine und mal der andere Aspekt in den Vordergrund tritt. Sofern der religiöse Aspekt eine Rolle spielt — etwa bei dem Guatemalteken Mario Monteforte Toledo —, erscheint Las Casas mehr oder weniger explizit als Vorbote der Befreiungstheologie.

Stellvertretend für all diese Theaterbearbeitungen soll hier nur La Audiencia de los Confines vorgestellt werden, ein Text, den der ebenfalls aus Guatemala stammende Miguel Ángel Asturias (1899–1974) bereits 1957 vorgelegt hat. In all seinen Werken, so auch in diesem Stück, das er als „Chronik in drei andanzas“ betitelt, spielt das indigene Kultursubstrat Guatemalas eine entscheidende Rolle und gewinnt eine dramaturgische Funktion.

Schon der Titel enthüllt eine wesentliche Dimension des Dramas: es bezeichnet einen Gerichtshof und im weiteren Sinne ein Gebiet an der „Grenze“ der von der spanischen Krone kontrollierten Zone, genau dort, wo sie an das von den Conquistadoren und Encomenderos bedrohte Land der noch „unbefriedeten“ und in der Tat sehr kriegerischen Indios stößt. Das Gegeneinander dieser beiden dramatischen Parteien wird durch eine „doppelte Szenerie“ sinnfällig zur Gestaltung gebracht: sie besteht aus dem Amtszimmer des spanischen Gouverneurs und einem Göttertempel der Maya. Der historische Augenblick ist derjenige nach der Verkündigung der Leyes Nuevas, die den versklavten und von der gewaltsamen „Befriedung“ bedrohten Indianern Freiheit und Selbstbestimmung bringen sollen. Als Initiator und gefürchteter Vollstrecker der neuen Rechtsprechung ist Las Casas vor Ort und in den ersten beiden Akten des Stückes nur in den aufgeregten Diskussionen spanischer Konquistadoren und wankelmütiger Vertreter des ortsansässigen Klerus präsent. Las Casas’ Schriften und die Umsetzung der im fernen Spanien erlassenen Neuen Gesetze bedeuten für die Spanier in Santiago de los Caballeros und die dort etablierte Ordnung das Todesurteil. Durch die perspektivische Darstellung „aus amerikanischer Sicht“ kann der Zuschauer die herrschende Aufregung sehr wohl nachvollziehen und ist zugleich veranlaßt, seine eurozentrische Interpretation der Vorgänge in der Neuen Welt in Frage zu stellen. Erst im 3. Akt taucht Las Casas selbst auf, ganz offensichtlich Abkömmling eines anderen, himmelweit entfernten Universums, stellt sich bewußt zwischen die Fronten und droht — als im Wortsinne „weltfremder“ Kämpfer für Freiheit und Gerechtigkeit — Opfer der militärischen Auseinandersetzungen zwischen Spaniern und Indios zu werden.

Um es noch einmal deutlich zu machen: die Antagonisten sind hier auf der einen Seite sämtliche an den confines lebenden Spanier — der Gouverneur zusammen mit den encomenderos und mittellosen Abenteurern und auch dem Klerus, der den Unrechtsverhältnissen durch Nichtstun weitgehend freien Lauf läßt — und auf der anderen Seite die Maya-Indianer, deren Welt sich dem rationalen Zugang entzieht und ganz fremd bleibt: magisch, geheimnisvoll und auch gewalttätig. Las Casas tritt auf in seiner historischen Rolle zwischen beiden Welten und wird nun auch in seiner politischen und kulturellen Ambivalenz verstehbar. Nicht ganz zu Unrecht sprechen ihm die (verarmten) Konquistadoren sein Spaniertum ab — „¡Que no es español!“ —, während die Indios ihn trotz der offensichtlichen und auch problematisierten kulturellen Distanz als einen der Ihren vereinnahmen .

Schließlich hat es sogar den Anschein, als habe sich Las Casas nicht nur aus einer anderen Welt sondern auch aus einer anderen Zeit in dieses Stück Wirklichkeit verirrt. Ein Großteil seiner programmatischen Äußerungen scheinen weniger den Tyrannen des 16. als denen des 20. Jahrhunderts zu gelten und lassen sich ohne große Interpretationskünste auf Unterdrückungsregimes und soziales Unrecht in Guatemala und anderen Ländern Lateinamerikas bzw. auf die neokolonialistischen Großmächte übertragen, die Asturias auch in seinen Romanen, insbesondere El Señor Presidente denunziert.

Laßt uns verhindern, daß Tyrannen und wieder Tyrannen in diesem Teil der Welt das Verbrechen der Verbrechen stets aufs neue begehen: die Verweigerung der Menschenrechte unter Berufung auf ein göttliches Gebot…! (135)

Es findet sich sogar ein expliziter und bewußt anachronistischer Vorausgriff auf die französische Menschenrechtskonvention von 1782 (133). Der Dominikaner zeigt sich hier als „ein immer junger Rebell“ (eine Rolle, mit der er sich selbst identifiziert), als unerschrockener Kämpfer für die Freiheit unterdrückter Völker. Doch die Quelle dieser Kampfkraft ist unzweifelhaft das Evangelium. Für ihn ist die Sklaverei „das schlimmste aller Verbrechen gegen Gott, der das menschliche Geschöpf mit seinem Abbild prägte und gegen Christus der ihn [den Menschen] mit der Taufe von allem Übel befreit […].“ (135) Als eine indianische Anführerin sich im Tod zum Gott des Las Casas bekennt, reagiert er darauf mit den Worten: „Predigt Freiheit und ihr werdet Christen machen!“ und richtet diesen Aufruf je einmal an die Adresse der örtlichen Kleriker und der spanischen Soldaten. Damit reiht sich Asturias unter die nicht geringe Anzahl lateinamerikanischer Schriftsteller ein, die in ihren Werken lange vor der theoretischen Konsolidierung der Befreiungstheologie das Christentum zum Nährboden eines durchaus auch rebellischen Engagements machen.

1950 legte der chilenische Dichter Pablo Neruda — 1971 ebenfalls Nobelpreisträger — mit dem Canto General eines der Hauptwerke der modernen hispanoamerikanischen Literatur vor. Dieser „umfassende“ oder „allgemeine Gesang“ ist tatsächlich als eine lyrisch-epische Gesamtschau der Natur, Kultur und Geschichte Lateinamerikas konzipiert. Neruda sieht sich selbst als cronista de todas las cosas, und es ist selbstverständlich, daß auch Las Casas Erwähnung findet.

Seine Erwähnung gewinnt besondere Bedeutung durch die exponierte Stelle im Text, an welcher der Dichter ihn auftreten läßt: Im I. und II. Gesang werden das grandiose Naturszenarium und die „Höhen von Macchu Pichu“ als Symbol der präkolumbischen Hochkulturen gewürdigt. Der III.Teil (Los Conquistadores) zeichnet an exemplarischen Gestalten und Ereignissen die spanische Eroberung nach. Zu Beginn des IV. Teils mit dem Titel „Die Befreier“ wird nun Las Casas eingeführt, und zwar zwischen Cuauhtémoc, dem letzten Kaiser der Azteken und Caupolicán und Lautaro, den indianischen Helden der Conquista Chiles. Weiterhin befindet er sich in der Gesellschaft des aufständischen Inka-Nach­kömm­lings Túpac Amaru und schließlich der kreolischen Helden der Unabhängigkeit wie San Martín, Artigas, Bolívar und José Martí. Es ist also einer der libertadores und eigentlich eine Figur des indianischen Widerstands.

Originell und auffällig an der Art und Weise der Einführung und Darstellung des Las Casas ist seine Einbindung in die Alltagsgegenwart, das Hier und jetzt des lyrischen Ichs. Dem Dichter kommt der Gedanke an den Padre ganz unwillkürlich, als er in einer kalten und ungemütlichen Mainacht aus dem Gewerkschaftsbüro nach Hause kommt:

Man denkt, wenn man nachts nach Hause kommt, müde,
im kalten Herbstnebel, nach der Arbeit
in der Gewerkschaft (im alltäglichen Kleinkrieg, am Bahnhof,
wo der Regen vom Dach tropft, beim dumpfen
Pochen ständigen Leides),
an diese Auferstehung hinter der Maske,
intelligent und erniedrigt,
des Unterdrückers, der Ketten,
und da der Kummer sich dem Türschloß nähert,
um mit dir einzutreten,
erscheint ein altes Licht, sanft und hart,
wie Metall, wie ein vergrabener Stern.
Pater Bartolomé, Danke für dieses
Geschenk der rauhen Mitternacht. (74)

Damit wird deutlich: Las Casas ist ein noch heute im politischen Kampf präsenter Prototyp (und ist dies auch innerhalb des Werkes im Hinblick auf all die anderen im gleichen Gesang noch behandelten Befreier). Dem engagierten Dichter ist er Begleiter, Freund, Genosse und wird von ihm daher in seine Wohnung eingeladen:

Tritt heute mit mir ein in dieses Haus, Pater,
ich werde Dir die Briefe zeigen, die Qual
meines Volkes, des Menschen in der Verfolgung.
Ich werde dir die alten Schmerzen zeigen. (77)

Das Profil des Indianerprotektors konkretisiert sich ex negativo durch wörtliches Zitieren der von den Konquistadoren gegen ihn vorgebrachten Beschuldigungen wie „Agitator“ und „vom Ausland bezahlter vaterlandsloser Verräter“. Das sind freilich die Standardvorwürfe, mit denen moderne Diktaturen den Keim der Veränderung zu unterdrücken versuchen und denen sich auch Neruda selbst ausgesetzt sah. Die marxistische Perspektive spielt eine Rolle bei der politisch motivierten Aneignung und „Vergegenwärtigung“ des Padre:

Von Kampf zu Kampf wandelte sich
deine Hoffnung in präzises Werkzeug;
der solidarische Kampf trieb Zweige,
die nutzlose Klage gruppierte sich zur Partei. (76)

Qualitäten, auf denen der Dichter insistiert, sind Kampfgeist und Stärke als Eigenschaften, die von einem Kirchenmann wohl nicht unbedingt erwartet werden:

Nichts half das Mitleid, hoch und leer
wie eine verlassene Kathedrale.
Es war deine unbesiegbare Entscheidung, der aktive
Widerstand, das gewappnete Herz. (76)

Wenn man bedenkt, daß Neruda Ende der 40er Jahre als erklärter Stalinist eine atheistische Haltung vertrat und wie die meisten lateinamerikanischen Intellektuellen kein Freund von Religion und Kirchenleuten war, muß die unzweifelhaft vorhandene religiöse Dimension seines Las Casas-Portraits erstaunen, die mit dem Bild der resurrección schon eingeführt wurde. In all seiner Widersprüchlichkeit („sanft und hart“) ist er die lebens- und kraftspendende Symbolfigur einer wie auch immer zu deutenden Auferstehung. Der Text wird in dieser Hinsicht noch expliziter: Es ist nicht nur die Rede von Las Casas als einem, der „an der Grenze zum Tod die Hoffnung begründet“, sondern in den Abschiedsworten des Dichter an Las Casas verleiht er ihm offenkundig eine christologisch-eucharistische Dimension:

Und um nicht hinzufallen, um mich zu behaupten
auf dieser Erde, weiterzukämpfen:
laß in meinem Herzen den rastlosen Wein
und das unerbittliche Brot deiner Milde. (77)

Ein anderer Dichter — ebenso wie Neruda durch Übersetzungen auch in Deutschland wohlbekannt — ist der 1925 geborene Nicaraguaner Ernesto Cardenal. Vieles verbindet ihn mit dem großen Chilenen, von der Tendenz zur Instrumentalisierung der Literatur als Mittel des politisch-sozialen Protestes bis zur Wiederentdeckung des epischen Gedichts für die lateinamerikanische Literatur. Der Versuch der Verknüpfung von Christentum und Revolution, der sich bei Neruda eher ungewollt zu ergeben scheint, ist bei dem damaligen Priester Ernesto Cardenal ein (auch literarisches) Programm.

Seine 1966 erschienene epische Dichtung El estrecho dudoso (Die ungewisse Meerenge, dt. 1985) bildet zusammen mit dem vier Jahre später erschienenen Homenaje a los indios americanos (Für die Indianer Amerikas, dt. 1973) einen kleinen Canto General auf Nicaragua und die gesamte Region des Isthmus. El estrecho dudoso ist in Form einer Collage gestaltet. Basierend auf Texten der zeitgenössischen Chroniken präsentiert das Gedicht Ereignisse und Persönlichkeiten der mittelamerikanischen Eroberung: neben dem schon erwähnten Cuauh­té­moc über Balboa, Pedrarias Dávila und Fray Bartolomé de Las Casas zu Gonzalo Fernández de Oviedo und Bernal Díaz del Castillo. Die drei letztgenannten sind selbst Autoren bedeutender Chroniken und werden vor dem Hintergrund ihrer eigenen Schriften zu dichterischem Leben erweckt. Streckenweise gelingt es Cardenal, die teils trockenen historiographischen Darstellungen neu zu vergegenwärtigen und dem Geschehen im Gebiet des heutigen Nicaragua eine unmittelbar ansprechende Plastizität zu verleihen, nicht zuletzt mit dem Ziel, die Nüchternheit der Geschichtsdokumente aufzubrechen und den Leser betroffen zu machen.

Unmittelbar nach der Erwähnung eines blutig niedergeschlagenen Indio-Aufstands wird der Dominikaner in einer symbolträchtigen Szene eingeführt: Anläßlich einer Audienz vor Karl V. und dem Indienrat steht Las Casas dem Bischof von Darién gegenüber, und beide Kirchenmänner legen dem Monarchen ihre unterschiedlichen Auffassungen von den Indianern als libres a natura bzw. (gemäß der gängigen aristotelischen Lehrmeinung) als siervos a natura dar.

Von einer literarischen Gestaltung der Figur des Las Casas im herkömmlichen Sinne kann man hier kaum sprechen, obwohl er mit seiner Rede zur Verteidigung der Indios den weitaus größten Teil der Szene bestreitet. Es handelt „sich weitgehend um leicht veränderte, zitatähnliche Passagen aus seinen Briefen, der Brevísima und der Historia de las Indias“. Natürlich ist entscheidend, welche Auswahl Cardenal trifft. Er bemüht sich, das Zentrum von Las Casas’ Botschaft zu vermitteln, wie es sich etwa in seinem folgenden Urteil über die Indianer verdichtet:

[…] Sie sind bettelarm
und besitzen keine weltlichen Güter und wollen keine besitzen,
und deshalb sind sie frei von Hoffart, Ehrgeiz und Neid.
Ihre Nahrung ist karg wie die der Wüstenväter. […]

Sie sind sauber und von lebendigem Verstand und gelehrig.
Und die Spanier kamen wie Wölfe und Tiger,
wie Wölfe und Tiger zu diesen sanften Schafen. (117)

Die künstlerische Leistung besteht eher in der „Inszenierung“, die ohne weiteres in eine dramatische Darstellung überführt werden könnte.

Der König trat auf und setzte sich auf seinen Thron, —
und auf die Bänke, etwas niedriger, setzten sich die Flamen,
Mosiur de Xevres rechts vom König
und der Großkanzler zu seiner Linken.
Und neben Mosiur de Xevres der Indien-Admiral,
und dann der Bischof von Darién.
Neben dem Großkanzler der Bischof von Badajoz;
und Bartolomé de las Casas dicht an der Wand. (115)

Das erste, was der Leser „sieht“ ist der im Hofzeremoniell erstarrte Machtapparat mit dem König, dem Großkanzler und den Mitgliedern des Indienrats — ihnen gegenüber Las Casas, förmlich an die Wand gedrängt. Der Bischof von Darién legt seine Auffassung dar, der Dominikaner die seinige, doch die leidenschaftliche Rede — Plädoyer für die Indios und Anklage der Spanier — scheint ungehört zu verhallen: keine Antwort, kein Kommentar, nur die lakonischen Schlußzeilen:

Es gab eine große Stille.
Dann erhob sich der König und trat in sein Gemach.

In gewisser Weise ist die Bearbeitung Ernesto Cardenals hier als Ergänzung derjenigen von Asturias begreifbar, zeigt sie doch Las Casas an jenem anderen, europäischen Frontschauplatz, wo er ebenfalls wie ein vom Himmel gefallener Fremder erscheint, der eine Sprache spricht, die niemand hört noch versteht.

Einen wirklich bedeutenden Las Casas-Roman hat die lateinamerikanische Literatur bisher nicht hervorgebracht. Andererseits ist der Roman die klassische Gattung der neuen hispanoamerikanischen Literatur. In dieser erzählerischen Großform haben viele Autoren den „totalisierenden“ Versuch unternommen, einen künstlerischen Gesamtentwurf der Geschichte und der Kultur der Neuen Welt zu schaffen. Als Schlüsselfigur des historischen Prozesses ist Kolumbus zu einer vielfach gestalteten literarischen Figur geworden und damit — eher im Schatten des Entdeckers und scheinbar in einer Nebenrolle — des öfteren auch Las Casas.

Autor eines solchen Kolumbus-Romans und zugleich einer der bedeutendsten lateinamerikanischen Schriftsteller unserer Zeit ist der Kubaner Alejo Carpentier (1904-1980). In seinen sehr anspruchsvoll geschriebenen Erzählwerken, deren labyrinthischen Stil man mit dem Begriff des „Barocken“ zu fassen versucht hat, spürt er immer wieder den geschichtlichen und kulturellen Wurzeln Lateinamerikas nach. Das gilt auch für seinen letzten Roman mit dem Titel El arpa y la sombra, der 1979 erschien und im gleichen Jahr ins Deutsche übersetzt wurde (Die Harfe und der Schatten). Den größten Teil des Textes nimmt die phantasmagorische Lebensbeichte des Kolumbus ein, in der dieser sich selbst entlarvt als Glücksritter und phantasievoller Erfinder von Schwindelgeschichten. Erzählend bemüht er sich, vor allem die Königin Isabel, mit der er eine Liebesbeziehung hat, in der Unterstützung seines Projekts zu bestärken.

Der Schlußteil des Werks ist eine groteske Vision des Prozesses, der zur Selig- und schließlich Heiligsprechung des Kolumbus führen soll und der von dem Syllabus-Papst und „Amerika-Spezialisten“ Pius IX. initiiert wurde. Hier wird nun Las Casas vom Advocatus Diaboli als Belastungszeuge bestellt. In der Tat bestätigt er den Verdacht, daß der Entdecker sich durch den Transport von Indiosklaven nach Spanien schuldig gemacht hat. Auch Carpentier wendet hier das Stilmittel der Collage (oder „Intertextualität“) an, indem er Las Casas aus seinen eigenen Werken wörtlich zitieren läßt. Die Befürworter von Kolumbus’ Heiligsprechung — Kleriker und Gegner der Leyenda Negra, als ihr Wortführer der französische katholische Schriftsteller Léon Bloy — reagieren mit leidenschaftlichen Schimpf- und Haßtiraden, womit sie den Dominikaner als „Betrüger“, „Verleumder“, „Judas Ischariot“, „Hypochonder“ und „Schlange in Sandalen“ zu diskreditieren suchen. Einmal mehr steht Las Casas einsam auf der Bühne des Geschehens, ohne Rückhalt selbst in kirchlichen und religiösen Kreisen. Seine wenigen, aber prägnanten Aussagen entsprechen dem klassischen Profil des Humanisten und aufrichtigen, königstreuen Verteidigers der Indios.

Im Bemühen um Entzauberung des Kolumbus-Bildes präsentiert Carpentier freilich eine einseitige Auswahl von Originalzitaten, die dem historischen guten Verhältnis zwischen Las Casas und dem Genuesen nicht gerecht wird. Der Beschützer der Indios erscheint hier in einer marionettenhaften Reduktion auf die Funktion „Sachverständiger in Sachen Indioversklavung“ und somit des Mitanklägers, wie sie nun einmal von der Sinnstruktur des Romans gefordert wird.

Gleichsam mit einem Augenzwinkern spielt der Erzähler auf die heutige politische Brisanz der las­casianischen Haltung und möglicherweise auch seine befreiungstheologische Vorläuferschaft an. Jener Vers aus Jesus Sirach, der Anlaß von Las Casas’ eigener Bekehrung gewesen sein soll (hier wiedergegeben in der Form „Wer dem anderen das Brot stiehlt, das jener erarbeitet hat, ist wie einer, der seinen Nächsten tötet“), wird vom Gericht als Marx-Zitat fehlgedeutet.

Der argentinische Romancier Abel Posse (*1939) ist ein in Lateinamerika erfolgreicher und vielgelesener Autor, den einige Kritiker allerdings auch hart an der Grenze zur Trivialliteratur ansiedeln. Jedenfalls wird ihm niemand sein Gespür für brisante und publikumswirksame Themen absprechen, die er in einem an García Márquez erinnernden Stil mit Humor und Sarkasmus in gefälliger Manier abhandelt. Zwei seiner Romane sind eigenwillige Nachschöpfungen der spanischen Entdeckung und Eroberung. Im Mittelpunkt von Los perros del paraíso (1987, Die Hunde des Paradieses, dt. 1993) steht ebenfalls die Figur des Christoph Kolumbus, der von seiner genuesischen Kindheit bis nach Amerika begleitet wird. Kolumbus erscheint als Esoteriker und als Idealist, der sicher ist, in der Neuen Welt das irdische Paradies gefunden zu haben. Während seine Mannschaft im Geiste eines neuzeitlich-europäischen Utilitarismus und Kapitalismus die Grundlagen für die politische Unterwerfung und ökonomische Ausbeutung Amerikas legt, hat er sich ins Zentrum der Insel Hispaniola zurückgezogen und unter dem mythischen Baum des Lebens seine Hängematte aufgespannt. Er erläßt zwei Verordnungen, die die Spanier zu einer dem wiedergewonnen Paradies angemessenen Lebensweise anhalten sollen: wie die Indios mögen sie von nun an nackt einhergehen und sich außerdem jeglicher zielgerichteten nach Verdienst und Wachstum strebenden Aktivität enthalten: nicht Tun sondern Sein. Diese vollkommen unverständlichen und weltfremden Vorgaben führen zunächst zu wachsendem Unmut und zur Revolution in der jungen spanischen Kolonie, bis sie endlich Kolumbus’ Gefangennahme und Rücktransport ins Mutterland nach sich ziehen.

Zu denen, die Kolumbus auf seiner Indienreise begleitet haben, gehört auch eine Gruppe von Missionaren: darunter neben Bernardo Boyl der junge Las Casas, der als edel, aufrichtig und gehorsam, gutwillig und tolerant dargestellt wird, wenn er auch nicht der Ironisierung entgeht, die alle dargestellten Kirchenleute trifft. Ihn charakterisiert eine gewisse — bei seiner Jugend verständliche — naive Tolpatschigkeit, die ihn eher schauen und staunen als predigen und handeln läßt. Auf jeden Fall gehört er nicht zu jener Kirche, die besonders durch den Bruder Boyl vertreten wird: Dieser hat bei der Abreise aus Spanien bereits die Folterwerkzeuge der Inquisition im Gepäck und schließt sich bald der Anti-Kolumbus-Partei an, die mit Vehemenz leugnet, daß man sich im Paradies befinde und die Indios Engel seien. Der Dissens zwischen Las Casas und Boyl symbolisiert gewissermaßen die Aufspaltung in zwei kirchliche Strömungen: eine systemkonforme, der verlängerte Arm der Staats- und Wirtschaftsmacht Spaniens, und eine andere Kirche, die bereit ist, das Neue und Andere als solches zu begreifen und sich auf die Suche nach angemessenen Strategien begibt:

Las Casas und Boyl sahen sich von Pfarrer zu Pfarrer an. Sie fühlten, daß sie sich voneinander trennten, und vielleicht ahnten sie nicht, daß diese Tatsache von maßgeblicher Bedeutung für die Geschichte der katholischen Kirche sein würde. (187)

Las Casas erscheint als Augenzeuge der Übergriffe gegen die Indios, der seine Beobachtungen unmittelbar zu Papier bringt. Zutiefst betrübt schreibt er wörtlich nieder, was später im I. Buch, Kap. CLX der Historia zu lesen sein wird, nämlich „wie das niedere Volk von Kastilien, die wegen Mordes Verbannten, sich die Könige und Herren für die niedrigsten und schändlichsten Arbeiten zu Diensten machten. Ihre Frauen, Töchter und Schwestern nahmen sie mit Gewalt oder in Güte.“ (201)

Doch es bleibt vor allem der Eindruck der Machtlosigkeit, ja des Unvermögens des Dominikaners. Als enger Vertrauter von Kolumbus hofft er, wenigstens ihn zum Eingreifen bewegen zu können, doch den Entdecker des Paradieses kann in seiner Entrücktheit nichts mehr aufrütteln:

Nichts konnte die Ruhe des Admirals erschüttern, der davon überzeugt war, daß die schweren Verstöße, von denen ihm Pater Las Casas berichtete, nur einem vorübergehenden Verhalten entsprachen, verständliche Schwierigkeiten jener Menschen, die sich nach Jahrhunderten kläglichen Daseins nicht an die Seligkeit des Paradieses gewöhnen konnten. […]

Las Casas fühlte sich machtlos, Kolumbus schien ihm nicht zu glauben, welche Brutalitäten an der Küste verübt wurden.

— Sie exportieren Engel! Gestern wurden fünfhundert verschifft! Man verkauft sie in Sevilla...

Aber es war sinnlos weiterzureden.

Außerdem harmonierte Kolumbus geistig nicht mit dem zukünftigen Bischof. Dessen unruhiger Verstand schien dem Flug seiner eigenen Phantasie zu beschränkt. Wenn der Pfarrer ihm etwas Theologisches erklärte, hatte er immer den Eindruck, daß dieser den Ozean unter Kontrolle bringen und studieren wollte, indem er ihn in leere Mineralwasserflaschen abfüllte. (212)

Es ist sicher ein eigenwilliges Bild von Kolumbus, das hier gezeichnet wird: was Las Casas betrifft, wird einmal mehr unterstrichen, daß sein Weg der einer unbeschreiblichen Einsamkeit war, mit Gott als einzigem Verbündeten.

Der mexikanische Lyriker und Erzähler Homero Aridjis (*1940) veröffentlichte 1988 den Roman Memorias del Nuevo Mundo (Erinnerungen an die Neue Welt), in dessen Mittelpunkt der Eroberer Juan Cabezón de Castilla steht. In seinem „Schicksal spiegeln sich in einer Mischung von Fiktion und bekannter Historie die ersten Jahrzehnte der Eroberung Amerikas“, und zwar insbesondere Mexikos, beginnend mit der ersten Reise des Kolumbus. Zwei aufeinanderfolgende Kapitel des umfangreichen Romans sind Fray Bartolomé gewidmet und versetzen den Leser in die Jahre 1544/45. Der Erzähler bereichert die Schilderung der Ozeanüberquerung und der beschwerlichen Weiterreise in Mittelamerika durch eine Fülle historisch nicht belegter aber durchaus wahrscheinlicher Details; dennoch vermittelt die Darstellung den Eindruck der Nüchternheit und Objektivität — auch dann noch, wenn es bei der Präsentation von Fray Bartolomé heißt:

Er hatte Kaiser Karl V. 1542 in seiner Kurzen Beschreibung der Zerstörung Indiens die grausame Behandlung dargelegt, der die Spanier die Eingeborenen unterzogen, und übertrieb dabei die Zahl der Opfer, um ihn zur Abschaffung der Encomienda zu bewegen. (259)

Den Eindruck historischer Glaubwürdigkeit verstärken wiederum die mehr oder minder wörtlichen Übernahmen aus den Schriften Las Casas, bzw. den Leyes Nuevas, deren Umsetzung das Hauptziel dieser Indienreise ist. Die Schilderung hat daher im wesentlichen die mannigfachen Anfeindungen und Aggressionen zum Gegenstand, denen sich der Indio-Protektor zunächst in Sevilla, dann auf den Inseln und schließlich in seiner Diözese selbst ausgesetzt sieht:

Aufgrund des Einflusses, den Fray Bartolomé auf die Abfassung der Verfügungen gehabt hatte, war er einer der meistgehaßten Männer in der Neuen Welt. „Es gab fast keinen Spanier, alt oder jung, Kleriker oder Laie,“ hieß es, „der ihn nicht verflucht hätte, sobald sein Name genannt wurde.“ Doch strömten Scharen von Häuptlingen und Indios herbei und brachten ihm Früchte und Erzeugnisse des Landes dar, als sie von seiner Ankunft erfuhren, und sie berührten sein Gesicht und seinen Kopf mit den Händen, um festzustellen, ob er nicht nur sichtbar war, sondern auch wirklich existierte. (266)

Die Darstellung in diesem Roman ist jeglichem Enthusiasmus und jeder Idealisierung abhold. Die Indianer sind alles andere als Engel, und es kommen — anders etwa als bei Cardenal — die Unzulänglichkeiten der Dominikanermission zur Sprache, insbesondere die vollkommen oberflächliche „Evangelisierung“, die die Indianer zwar gewaltfrei zu befrieden vermag, ihnen aber nichts vom Wesen des christlichen Glaubens näherbringen kann: „Sie erfuhren nichts vom Tod Jesu, denn die Patres vermieden es, einen Gott zu erwähnen, der gestorben war. Die Auferstehung war zu kompliziert für sie.“ (267).

In die Tradition der großen historischen Tableaus stellt sich der bekannte uruguayische Publizist Eduardo Galeano (*1940) mit seinem dreibändigen Werk Memoria del fuego (1982-86), auf deutsch 1983-87 veröffentlicht unter dem Titel Erinnerungen an das Feuer. Generisch schwer zu fassen, stellt es doch in mancher Hinsicht einen Rückgriff auf die von Las Casas selbst gepflegte Form der „anklagenden Chronik“ dar. Der Autor selbst deutet in seinem Vorwort an, daß es eine „epische Poesie“ sein könnte, wodurch die Nähe zu den Werken von Neruda und Cardenal schon deutlich wird. Das politische Anliegen ist freilich expliziter und liegt ganz in der Stoßrichtung seiner Anklageschrift Die offenen Adern Lateinamerikas (1971, dt. 1973). In „Gestalt eines riesigen Mosaiks prägnant formulierter Szenen, Anekdoten, Momentaufnahmen, Miniaturen“ präsentiert er ein Kaleidoskop der lateinamerikanischen Geschichte, getragen von Antikolonialismus und Solidarität mit den indigenen und mestizischen Kulturen. Die „Mosaiksteinchen“ sind oft nur geringfügig modernisierte und poetisierte Auszüge aus literarischen und historiographischen Zeugnissen — zumeist von Zeitgenossen — und aus indigenen Mythen (für die präkolumbische Epoche). Die Historia de las Indias und die Brevísima Relación nimmt Galeano konsequenterweise als eine wichtige Quelle in Anspruch. Die Greueltaten auf den Inseln, die Verweigerung des Kaziken Hatuey und viele andere Ereignisse werden unter Rückgriff auf Las Casas’ Darstellung präsentiert. Er selbst tritt auf den Schauplatz der Geschichte unter der Überschrift „1511, Santo Domingo: Erste Widerrede“, und zwar im Zusammenhang mit einem wörtlichen Zitat aus der legendären Montesinos-Predigt, das die spanischen Siedler in Aufruhr versetzt:

Nur ein Zuhörer schweigt verstört. Er kam vor neun Jahren in diese Gegend. Er besitzt Indianer, Goldadern und Saatfelder; er hat ein Vermögen gemacht. Er heißt Bartolomé de Las Casas und wird bald der erste in der Neuen Welt geweihte Priester sein. (79)

Dann wieder gerät er ins Blickfeld, als er 1531 einen Brief an den Indienrat verfaßt. Hier wird jene dunkle Seite in Las Casas’ Indien-Politik angesprochen, die freilich längst zum Topos seiner literarischen Gestaltung geworden ist:

Die Siedler, schreibt er, könnten ja schwarze oder maurische oder sonstige Sklaven mit sich führen, welche sie bedienen oder von deren Hände Arbeit sie leben, oder auch anders verfahren, so es nur nicht den Indianern zum Schaden gereicht. (111)

Als Protagonist der Geschichte taucht Las Casas wieder 1544 in Campeche auf, als „neugeweihter Bischof von Chiapas“. Der designierte Vollstrecker der Neuen Gesetze ist er nun der „meistgehaßte Mann in Amerika“.

Er ist aber auch der meistgeliebte Mann in Amerika. Er ist die Stimme der Stummen, der zähe Anwalt derer, mit denen man schlimmer als mit dem Mist auf den Plätzen verfährt, und der Ankläger derjenigen, die Jesus Christus aus Habsucht zum grausamsten Gotte und den König zum Wolfe machen, der nach Menschenfleisch giert. (139)

Weiterhin erwähnt wird die Außerkraftsetzung der Leyes Nuevas — woraufhin ihr Initiator „sich von Gott verlassen [fühlt], ein abgerissenes Blatt, allein und ein Nichts“ — sowie andere entscheidende und immer wieder behandelte Episoden seines Wirkens. Auf dem Totenbett betet Pater Bartolomé „um Gnade vorm Jüngsten Gericht, weil er mit Neger- und Maurensklaven das Los der Indianer lindern zu können vermeinte. […] Im Regen reist Pater Bartolomé, frei von allen Zweifeln und Gewissensqualen, zum letzten Mal zu den grünen Welten, in denen er das Glück kennengelernt hat.“

Damit erscheint der Lebensweg des Dominikaners vollendet und abgerundet, vielleicht in einer übertriebenen Harmonisierung, die in dieser letzten Szene schon an die Grenze des Kitschigen stößt. Zweifellos aber hat Galeano in dem streitbaren Dominikaner für sein Gegen-Projekt zur offiziellen Geschichte Lateinamerikas einen seiner Hauptgewährsleute gefunden. Insofern ist es sicher richtig zu sagen, daß hier der parteiliche Geist von Las Casas’ eigenen Schriften eine moderne Ausformung gefunden hat.

Welches sind nun die wiederkehrenden Strukturelemente in der literarischen Gestaltung von Las Casas’ Leben und Wirken? Zunächst stellt man fest, daß er von vielen Autoren als eine „dramatische“ Figur aufgefaßt wird — nicht nur von vielen Theaterautoren, die wir hier nur am Beispiel von Miguel Ángel Asturias behandelt haben, sondern auch bei Cardenal und dem Erzähler Carpentier. Als wesentliches Moment stellt sich das „Auftreten“ des streitbaren Dominikaners vor einer im weiteren Sinne „gerichtlichen“ Instanz und die kämpferische Auseinandersetzung mit ihr dar. In den „episch-dichterischen Gestaltungen“, also bei Neruda, Cardenal und Galeano wird ein enkomiastisch-heroisierendes Ton vernehmbar: der Verteidiger der Indios als Held einer postulierten lateinamerikanischen Nation oder Kultur. Insofern hier Raum für das Lyrisch-Subjektive bleibt (Neruda), kommt die Identifikation des Dichters mit Las Casas zum Ausdruck.

Ein Konflikt zwischen Gattungskonvention und pragmatischer Einschätzung der historischen Rolle des Las Casas aus der Sicht des Criollo Nuevo ist bei Castellanos zu erkennen; hier steht der Lobpreis des Dominikaners in offensichtlichem Widerspruch zum Gesamttenor der Darstellung. In den erwähnten Romanen , die sämtlich nach Totalität streben und ein umfassendes Tableau der Eroberungszeit zu entwerfen suchen, erweist sich Las Casas als einer der wichtigsten historischen Protagonisten der Epoche, der ganz notwendig „mit aufs Bild muß“. Stets ist auch Kolumbus als Figur, meist sogar als Hauptfigur präsent. Las Casas wird als ein für das „epische Gleichgewicht“ unverzichtbarer Konterpart angesehen, was einige Autoren (Carpentier und Posse) sogar veranlaßt, ihn auf der Ebene des Geschehens dem Entdecker konflikthaft gegenüberzustellen.

Hinsichtlich der formalen Umsetzung der Las Casas-Transfigurationen fiel weiterhin auf, daß das Gestaltungsmittel der Collage häufig eingesetzt wird. Wörtliche Zitate aus seinen Schriften gehen mehr oder weniger massiv in die Texte ein. Eine der ästhetischen Funktionen dieses typisch „modernen“ Kunstmittels besteht darin, daß der Leser einerseits die entsprechenden Passagen als authentisch erkennt und im gleichen Augenblick ihre bestürzende Aktualität.

Ausgehend von der inhaltlichen Konzeption und ideologischen Stoßrichtung wäre es denkbar, die Autoren, die sich mit Las Casas befaßt haben, in zwei oder drei Kategorien einzuteilen: auf der einen Seite die „Regionalisten“ und die „Amerikanisten“, geeint durch leidenschaftliches Engagement und Identifikation mit Las Casas, und auf der anderen die „Universalisten“.

Exponenten der ersten Gruppe sind Asturias, und Cardenal. Für sie ist der Apóstol de las Indias eine Figur der Geschichte ihres eigenen Landes. Nicht zufällig wird die Las Casas' Nähe zu den indigenen Kulturen in dem Maße überhöht, wie ihm gleichsam die spanische Staatsbürgerschaft abgesprochen wird. (Ebenfalls aus ihrer Kenntnis der lokalen Verhältnisse heraus argumentieren Castellanos und Aridjis. Im Tenor des desengaño antworten sie auf eine Hypostasierung des Dominikaners und sprechen ihm ein tieferes Eindringen in die indianische Mentalität ab. Castellanos' negative Darstellung hat dabei ihren Ursprung offensichtlich in seinen spezifischen „Klasseninteressen“.)

Für die „Amerikanisten“ Olmedo, Neruda und Galeano gilt Entsprechendes, mit der Variante, daß die nationale Perspektive durch eine gesamt-lateinamerikanische ersetzt wird. Mit gleichem Engagement wie bei den „Regionalisten“ erfolgt eine fast vorbehaltlose Identifikation mit dem Verteidiger der Indios. Dann und wann wird ihm freilich seine postive Haltung gegenüber dem Sklavenimport aus Afrika angelastet. Impliziert ist dabei die symbolische Gleichsetzung der indianischen Bevölkerung mit dem „eigentlichen“ Amerika.

Bei den „Amerikanisten“ erfolgt nicht nur eine räumliche, sondern auch eine zeitliche Bedeutungserweiterung: Las Casas ist nicht nur für ganz Amerika wichtig, sondern dem Geiste nach auch heute noch präsent - etwa als Begründer und „Patron“ des politischen Indigenismus. Bei Neruda wird diese Perspektive in dem Sinne ausgeweitet, daß Las Casas als solidarischer Kampfgenosse aller wiedererscheint („aufersteht“), die in unserer Zeit für die Unterdrückten Partei ergreifen. Zudem erscheint die historische Konstellation der Eroberungszeit als Präfiguration späterer Konfliktsituationen, konkret der Unabhängigkeit und der nach verbreiteter Ansicht noch heute andauernden neokolonialistischen Dependenz und Ausbeutung.

Die „Universalisten“ schließlich präsentieren Las Casas zwar als eine Figur auf dem Theater der Weltgeschichte, tun dies allerdings - obwohl selbst Lateinamerikaner - nicht aus einer dezidiert amerikanischen Perspektive. Von einem Engagement für und mit dem Verteidiger der Indios kann man kaum sprechen; literarisch und weltanschaulich erweisen sich der Kubaner Carpentier und der Argentinier Posse als Europäer. Las Casas als Verteidiger einer bis heute politisch brisanten indoamerikanischen Identität ist für sie nicht von Bedeutung. Der problematische Protagonist der europäischen Inbesitznahme Amerikas ist und bleibt in ihren Werken Kolumbus - Hispanos ferens und nicht Christum ferens. Der Domikanerpater bleibt mit seiner prophetischen Anklage zurück als eine in der Praxis gescheiterte Randfigur der Weltgeschichte.

Zum Abschluß bleibt noch die Frage, ob die literarische Darstellung des Bruder Las Casas auch eine religiöse Dimension umfaßt und wie seine Stellung innerhalb der Kirche gestaltet und bewertet wird. Las Casas wird fast durchgängig (außer bei den „Universalisten“) zum Hoffnungsträger erhoben , und nicht selten tritt er als Präfiguration anderer Symbolgestalten der ersehnten Befreiung ins Bild: von Bolívar über Che Guevara bis hin zu Jesus Christus. Wenn er außerdem wie bei Asturias in die Nähe des Idealisten und mutmaßlichen Phantasten Don Quijote rückt, verdichtet sich ein fast durchgängig realisierter sinnbildhafter Zug: Las Casas erscheint wie ein Wesen aus einer anderen Welt, unangepaßt an die jeweiligen politischen Verhältnisse, seien es nun die Spaniens oder die Amerikas. Gestärkt durch das Bewußtsein seiner höheren Sendung — die nirgends in Frage gestellt wird — widersetzt er sich allen scheinbaren „Sachzwängen“ und läßt sich auch durch Mißerfolge nicht von seinem Weg abbringen. Bei Neruda, Asturias und anderen steht Las Casas für eine nicht aus den vordergründig erkennbaren Gegebenheiten ableitbare Hoffnung auf Befreiung. Bei ihnen und sogar bei Carpentier und Posse finden sich Formulierungen, die als Postulat einer lateinamerikanischen Kirche der Armen und Verfolgten zu verstehen sind. Erstaunlicherweise geht der Marxist Neruda in seiner religiösen Symbolik am weitesten, während bei Cardenal von Transzendenz wenig zu spüren ist. Der literarische Werdegang des Indioapostels macht verständlich, daß schließlich auch die Befreiungstheologie selbst ihn mit Gustavo Gutiérrez als einen der Ihren wiedererkannt hat.

Durch alle Gestaltungen zieht sich das Merkmal der geistigen Einsamkeit, die Bildlichkeit des Rufers und des Kämpfers gegen Windmühlen. Las Casas steht alleine zwischen vielen Fronten. Eine von diesen ist der starke Block eben jener Kirchenvertreter, die sich scheuen, Stellung zu beziehen, oder sich zum verlängerten Arm der Machthaber machen und dem Vollstrecker der Neuen Gesetze entgegenarbeiten. In aller Schärfe erkannt und plakativ formuliert hat das bereits Olmedo mit seinem „außer einem“. Tatsächlich fand ja die politische Rolle der Kirche in Lateinamerika seit dem 19. Jahrhundert bei der großen Mehrzahl der Intellektuellen und Schriftsteller eine negative Beurteilung. Sie verdichtete sich im literarischen Topos des korrupten und gewissenlosen Klerikers, der mit den Mächten dieser Welt kollaboriert und dem das Evangelium nur zur Rechtfertigung des Status Quo dient. Las Casas hingegen ist auch in der dichterischen Gestaltung zum Prototyp des engagierten Kirchenmannes geworden, einem Figurentypus, dem man in der jüngsten Literatur immer häufiger begegnet. Ohne große Übertreibung kann man sagen, daß die Kirche in Lateinamerika ihre literarische Ehrenrettung im wesentlichen Fray Bartolomé de las Casas verdankt.

07.04.98