Thomas Metzinger

 

Einleitung: Das Problem des Bewußtseins

 

1. Brauchen wir eine neue Wissenschaft vom Bewußtsein?

Wie ist in einem physikalischen Universum die Entstehung von Bewußtsein möglich? Kann man sich überhaupt vorstellen, daß so etwas wie bewußtes Erleben auf der Grundlage physikalischer Vorgänge entstehen konnte? Sind subjektives Empfinden und das Entstehen einer Innenperspektive überhaupt als Bestandteil der natürlichen Ordnung der Dinge denkbar - oder werden wir an dieser Stelle mit einem endgültigen Mysterium konfrontiert, mit einem weißen Fleck auf der Landkarte des wissenschaftlichen Weltbildes, der vielleicht aus prinzipiellen Gründen immer ein weißer Fleck bleiben muß?

Das Problem des Bewußtseins bildet heute - vielleicht zusammen mit der Frage nach der Entstehung unseres Universums - die äußerste Grenze des menschlichen Strebens nach Erkenntnis. Es erscheint deshalb vielen als das letzte große Rätsel überhaupt und als die größte theoretische Herausforderung der Gegenwart. Zumindest kann man sagen, daß eine Lösung dieses Rätsels durch die empirische Forschung einer wissenschaftlichen Revolution erster Ordnung gleichkäme. Viel wahrscheinlicher ist jedoch etwas ganz anderes: Die Herausforderung besteht in diesem Fall gerade darin, daß es sich hier um einen völlig neuen Typ von theoretischer Umwälzung handelt. Das zeigt sich bereits daran, daß bei näherem Hinsehen überhaupt nicht klar ist, worin das Rätsel des Bewußtseins überhaupt besteht und was wir als eine überzeugende Lösung dieses Rätsels akzeptieren würden. Zweitens geht es hier in einem sehr starken Sinne um uns selbst: Es ist immer auch unser eigenes Bewußtsein, das wir verstehen wollen. Das Problem des Bewußtseins ist darum auch ein Problem der Selbsterkenntnis. Es berührt uns alle und nicht nur die Philosophie oder die Einzelwissenschaften. Es ist drittens aus diesem Grund auch anzunehmen, daß eine solche Revolution - wenn sie denn stattfände - größere gesellschaftliche und kulturelle Auswirkungen haben würde als jede andere theoretische Umwälzung vor ihr. Das könnte sowohl die Konsequenzen eines radikal veränderten Bildes von uns selbst als auch die technologische Umsetzung neuer empirischer Erkenntnisse, zum Beispiel aus den Neurowissenschaften oder der Künstliche-Intelligenz-Forschung betreffen. Diese drei Gründe haben in letzter Zeit zu einer zunehmenden Unruhe in den beteiligten Wissenschaften geführt, aber auch zu einem stetig steigenden Interesse der allgemeinen Öffentlichkeit an Fragen, die mit dem Zusammenhang zwischen Gehirn und Bewußtsein zu tun haben.

Es ist deutlich geworden, daß wir uns bereits seit einiger Zeit auf dem Weg zu einer neuen Theorie des Geistes befinden. Diese neue Theorie des Geistes wird unter anderem auch eine Theorie darüber sein, was bewußtes Erleben ist. Sie wird außerdem die erste Theorie dieser Art in der Geschichte der Menschheit sein, die ein solides empirisches Fundament besitzt. Am Ende dieses Jahrtausends scheint deshalb eine theoretische Revolution in der Luft zu liegen, die uns in unserem Selbstverständnis auf eine bisher unbekannte Weise berühren könnte. Obwohl es auf der empirischen Seite der Bewußtseinsforschung erst wenige Anzeichen gibt, die überhaupt auf eine solche Entwicklung hindeuten, ist das Rätsel des Bewußtseins bereits jetzt in einer ganzen Reihe von wissenschaftlichen Disziplinen zur "heimlichen Forschungsfront" avanciert. Diese Entwicklung wiederum ist in der Philosophie auf großes Interesse gestoßen.

Seit zehn oder fünfzehn Jahren gibt es auch in der Philosophie ein steil ansteigendes Interesse am Problem des Bewußtseins. Ein ganze Reihe von Zeitschriften und wissenschaftlichen Organisationen sind neu gegründet worden, immer häufiger finden große Konferenzen zum Thema "Bewußtsein" statt. Die gegenwärtige Situation ist auch dadurch so interessant geworden, daß mittlerweile aus einer Vielzahl von Disziplinen heraus - von der Quantenphysik über die Neurobiologie bis hin zur Kognitionswissenschaft - ernstgemeinte Erklärungsansprüche bezüglich des Phänomens "Bewußtsein" erhoben werden. In der Philosophie des Geistes sind viele dieser Vorschläge aus den empirischen Wissenschaften mit großer Aufmerksamkeit beobachtet worden. Gleichzeitig erkennen immer mehr empirische Forscher, daß es Philosophen waren, die dieses theoretische Problem zuerst entdeckt, in vielen Varianten formuliert und bereits seit Jahrhunderten immer neue Lösungsversuche entwickelt haben: Der Begriff des Bewußtseins ist seinem Ursprung nach ein philosophischer Begriff. In den Neuro- und Kognitionswissenschaften, aber auch in der allgemeinen Öffentlichkeit gibt es deshalb ein steigendes Interesse an einer seriösen und empirisch informierten Philosophie des Geistes. Das zeigt sich unter anderem daran, daß eine Reihe prominenter Hirnforscher längst selbst damit begonnen haben, populäre Bücher philosophischen Inhalts zu veröffentlichen.[1]

Dieses gestiegene Interesse hat seinen Ausdruck auch in einer immer stärker werdenden interdisziplinären Verflechtung der Philosophie mit den angrenzenden Forschungsbereichen in den Neuro- und Kognitionswissenschaften und der Informatik gefunden. Viele glauben, daß wir derzeit auf eine der größten wissenschaftlichen Revolutionen der Menschheitsgeschichte zusteuern und daß diese Revolution nur dann stattfinden wird, wenn der Vernetzungsgrad der Forschung über alle Fachgrenzen hinweg deutlich erhöht wird. Auf der anderen Seite wird immer deutlicher, daß auch eine systematische Bündelung der Forschungsaktivitäten notwendig ist. Diese Situation hat dazu geführt, daß auf Seiten der empirischen Bewußtseinsforschung - aber auch von so prominenten Theoretikern wie von Roger Penrose - der Ruf nach der Gründung einer neuen Wissenschaft laut geworden ist, nach einer Wissenschaft des Bewußtseins.[2]  Diese Idee ist natürlich mehr als faszinierend. Man darf jedoch zweierlei nicht übersehen. Erstens ist die Schaffung einer eigenen "Wissenschaft vom Bewußtsein" - zumindest aus Sicht der Philosophie - alles andere als ein neuer Gedanke. Wenn man so will, kann man zum Beispiel die gesamte phänomenologische Bewegung (und auch ihr Scheitern) als eben genau dies verstehen. In einem viel allgemeineren Sinne ist die Philosophie als Liebe zur Weisheit und Königin der Wissenschaften natürlich immer schon genau die Wissenschaft des Bewußtseins gewesen. Das Ideal der Selbsterkenntnis ist auch in dieser Ausprägung ein klassisches Ideal der Philosophie. Deshalb wird die aktuelle Euphorie bei professionellen Philosophen leicht in den Verdacht einer intellektuellen Modeerscheinung geraten. Zweitens gibt es - wie immer - starke Zweifel am Sinn und den Erfolgschancen eines solchen Unternehmens überhaupt. Man muß deshalb fragen: Wird durch den Begriff "Bewußtsein" überhaupt ein eigenständiger und kohärenter Gegenstandsbereich ausgezeichnet, dem ein autonomer Forschungsbereich entsprechen könnte?[3]

Was wäre der Gegenstand, die Arbeitsweise und das Ziel eines solchen neuen Forschungsbereichs? Mit dieser Frage berühren wir wieder unseren Ausgangspunkt: Worin besteht eigentlich das Problem des Bewußtseins? Kann man dieses Problem überhaupt mit den Mitteln der Naturwissenschaft angehen? Was genau ist es, das wir wissen wollen? Dieser letzte Teil der Frage - die Fixierung des epistemischen Ziels - ist bereits eine typisch philosophische Frage. Als Philosophen wollen wir außerdem wissen, wie es möglich war, daß ein so komplexes Phänomen wie Bewußtsein in einem physikalischen Universum entstehen konnte: Wir suchen nach einer begrifflich überzeugenden Analyse des Phänomens und seiner Beziehung zur objektiven Welt. Das erste Ziel ist demnach Widerspruchsfreiheit und begriffliche Klarheit. Als empirisch orientierte Forscher wiederum wollen wir wissen, wie dies tatsächlich vonstatten gehen konnte: Uns interessiert die Geschichte des Phänomens in unserer eigenen Welt. Gibt es ein neuronales Korrelat von Bewußtsein? Welche Formen von Informationsverarbeitung im Gehirn sind es, die zum Auftreten derjenigen Zustände führen, die wir dann als unsere bewußten Erlebnisse bezeichnen?  Solche Fragen sind typisch für zweite Ziel auf dem Weg zu einem besseren Verständnis des Phänomens Bewußtsein. Es besteht in der Erarbeitung einer empirisch gehaltvollen Theorie des Bewußtseins.

Wie ist das Entstehen von bewußtem Erleben mit den Naturgesetzen zu vereinbaren, die in dieser Welt gelten und sie beherrschen? Nach allem was wir wissen, ist das Phänomen des Bewußtseins mit Blick auf die Entstehungsgeschichte unseres physikalischen Universums ein sehr junges Phänomen, denn wieder kann man sagen, daß wir in gewissem Sinne selbst dieses Phänomen sind. Die Entstehung der ersten Lebewesen mit  höher organisierten Nervensystemen und bald darauf des Menschen waren Ereignisse, die unter kosmologischen Gesichtspunkten gerade eben erst stattgefunden haben. Der Gedanke, daß in einem starken Sinne wir selbst das Phänomen sind, um das es hier geht, führt zu einer dritten vorläufigen Antwort auf die Frage, was wir uns eigentlich von einer befriedigenden Theorie des Bewußtseins erwarten. Um wirklich überzeugend zu sein, muß eine solche Theorie nicht nur begrifflich kohärent und empirisch plausibel sein: Wir müssen diese Theorie letztlich auch als eine Theorie über unser eigenes inneres Erleben akzeptieren können. Sie muß der Subtilität und dem phänomenologischen Reichtum dieses Erlebens Rechnung tragen und die Innenperspektive des erlebenden Subjekts wirklich ernst nehmen. Vor allem muß sie uns erklären können, wie die Perspektive der ersten Person mit der Dritte-Person-Perspektive der von außen operierenden Wissenschaft zusammenhängt. Sollte es zum Beispiel der Fall sein, daß sich die lebensweltlichen Intuitionen, die wir alle über unser eigenes Bewußtsein besitzen, und die Interpretation dieser Intuitionen durch unsere Alltagspsychologie als radikal falsch erweisen, dann müßte uns zumindest eine detaillierte Erklärung  dafür angeboten werden, warum wir alle uns so sehr über unser eigenes Bewußtsein täuschen. In jedem Fall steht fest, daß eine seriöse  Theorie des Bewußtseins dem phänomenologischen Reichtum, der Buntheit und Vielfalt unseres Innenlebens Rechnung tragen muß. Erfreulicherweise läßt sich in dieser Hinsicht ein breiter Konsens beobachten: Es gibt - zumindest in der Philosophie des Geistes - nur noch wenige Beispiele für naive und ideologisierte Formen des Reduktionismus. Es ist längst klar geworden, daß ein primitiver Szientismus, der die subtile Struktur und die Tiefe unseres Bewußtseinsraums einfach nur durch die Einführung eines neuen materialistischen Jargons  einplanieren wollte, den wirklichen Problemen aus dem Wege geht.

Die Probleme auf dem Weg zu einer überzeugenden Theorie des Bewußtseins unterscheidet sich grundlegend von anderen ungelösten Problemen in den Naturwissenschaften. Obwohl die Physik, die Chemie oder die Biologie auf ihrem Siegeszug viele der grundlegenden Rätsel in ihrem Gegenstandsbereich bereits gelöst haben, gibt es natürlich auch in diesen Disziplinen eine beträchtliche Anzahl von weißen Flecken auf der Landkarte. Die entsprechenden Wissenschaften sind weit entfernt davon, ihren Gegenstandsbereich vollständig beschreiben zu können. Trotzdem ist in diesen Disziplinen weitgehend klar, was als eine Lösung der Probleme gelten würde. Für das Phänomen des Bewußtseins gilt dies nicht, und zwar aus einer Reihe von Gründen.

Um ernsthaft von einer Wissenschaft des Bewußtseins sprechen zu können, müßten zunächst eine Reihe sehr grundlegender Fragen beantwortet werden.  Man kann sich dies verdeutlichen, indem man die Aufmerksamkeit wieder auf die objektive Geschichte des fraglichen Phänomens in der physikalischen Welt zurücklenkt. Wir haben bereits gesehen, daß bewußtes Erleben etwas ist, das erst sehr spät aufgetreten ist. Interessant ist außerdem, daß sich mit der Entstehung von Bewußtsein immer auch Innenwelten entfalten, Räume des inneren Erlebens. Diese Räume sind aber individuelle Räume: In einem mittelpunktlosen Universum entstehen plötzlich Ich-Zentren, Brennpunkte des Bewußtseins.[4] Jedes dieser Bewußtseinszentren konstituiert eine eigene Perspektive auf die Welt. Diese Perspektive ist das, was Philosophen gerne „die Perspektive der ersten Person“ nennen. An jede einzelne dieser Perspektiven ist wiederum eine eigene phänomenale Welt gebunden. Diese individuellen Erlebniswelten besitzen außerdem eine geschichtliche Dimension. Mit ihnen entsteht fast immer auch eine psychische Biographie - eben genau das, was wir als unser „inneres Leben“ bezeichnen. Man könnte deshalb auch hier von der Entstehungsgeschichte einer Welt sprechen, von einer phänomenalen Kosmologie: In und durch jeden von uns entfaltet sich vorübergehend ein eigener Kosmos des Bewußtseins, ein subjektives Universum. Der erste Teil des Problems besteht demzufolge darin, zu verstehen, wie in unserem objektiven Universum ständig eine Vielzahl subjektiver Universen entstehen und wieder vergehen können. Er entspricht dem bereits erwähnten Projekt der empirischen Bewußtseinsforschung. Die objektive Entstehungsgeschichte dieser subjektiven Universen, die evolutionstheoretische oder neurobiologische Genese von Bewußtsein ist jedoch nur ein Teil dessen, was das eigentliche Problem des Bewußtseins ausmacht. Der philosophische Teil des Problems besteht darin, zu verstehen, wie wir selbst solche subjektiven Universen sein können und vor allem darin, zu verstehen, was all das eigentlich heißen soll. Intuitiv mag die obige Skizze von Bewußtsein als einem individuengebundenen Phänomen vielen von uns einleuchten. Aber verstehen wir überhaupt, was wir da sagen, wenn wir uns selbst als dynamische subjektive Universen beschreiben, die so etwas wie einen Mittelpunkt besitzen und  vorübergehend in einem objektiven Universum aufleuchten? Ich denke nicht.

Bevor unsere allgemeinen Zielvorstellungen zu konkreten Forschungsprojekten werden können, brauchen wir deshalb eine sorgfältige begriffliche Analyse der Problematik. Empirische Praxis und philosophische Metatheorie müssen Hand in Hand gehen. Auch an diesem Punkt zeigt sich, daß das Problem des Bewußtseins nur gelöst werden kann, wenn eine Vielzahl von Disziplinen auf systematische und produktive Weise zusammenarbeiten. Owen Flanagan hat in diesem Zusammenhang das Projekt einer „Vereinheitlichten Theorie des Bewußtseins“ formuliert, einer Unified Theory of Consciousness.[5] Auch dieser Gedanke ist faszinierend. Ihm entspricht die bereits erwähnte Beobachtung, daß tatsächlich aus einer Reihe von sehr unterschiedlichen Forschungsbereichen immer häufiger Rufe nach der Schaffung einer eigenständigen Disziplin zur Erforschung des Bewußtseins laut werden. Eine solche wissenschaftliche Gemengelage ist typisch für Situationen, in denen große theoretische Fortschritte in greifbare Nähe gerückt sind. Sie zeigt aber auch deutlich den zweiten Aspekt, der das Problem des Bewußtseins zu einem besonderen Problem macht. Denn die allgemeine wissenschaftstheoretische Einordnung und insbesondere der Methodenkanon einer neuen "Bewußtseinswissenschaft" wären mehr als unklar: Was sind überhaupt die Methoden, mit denen wir uns dem Problem des Bewußtseins annähern können? In welcher Beziehung stehen diese Methoden zueinander? Immerhin könnte ein typisch philosophischer Einwand hier wieder folgendermaßen lauten: Wenn wir unser eigenes Bewußtsein wirklich als ein an individuelle Erlebnisperspektiven gebundenes Phänomen ernst nehmen wollen, dann können wir uns ihm prinzipiell nicht durch objektive Methoden des Erkenntnisgewinns annähern, weil die erkenntnistheoretische Essenz und die Stärke dieser Methoden ja genau darin besteht, sich von allen bloß individuellen Perspektiven so weit wie möglich zu entfernen.[6] Wenn wir dann aber beginnen, ernsthaft darüber nachzudenken, was es überhaupt bedeuten würde, bewußtes Erleben als ein subjektives Phänomen ernstzunehmen, werden wir erneut auf unsere Ausgangsfrage zurückgelenkt: Was ist es eigentlich, das wir wissen wollen?

Der letzte Aspekt der Frage besteht dann darin, daß im gegenwärtigen Stadium der interdisziplinären Bewußtseinsforschung das Explanandum alles andere als klar ist. Bewußtes Erleben ist natürlich in Wirklichkeit nicht ein einziges Problem, sondern ein ganzes Bündel von Problemen. Es fragt sich, was die Bestandteile dieses Bündels sind, ob und wodurch sie überhaupt verbunden werden, ob es sich wirklich um ein Bündel von Problemen handelt. Solange es keine überzeugenden Antworten auf die drei Aspekte unserer Ausgangsfrage gibt, besteht die Gefahr, daß die aktuelle Begeisterung für das Thema des Bewußtseins zu einer modischen Euphorie verkommt, die am Ende keinen greifbaren Erkenntnisfortschritt erzeugt. Man muß deshalb seriöserweise zugeben, daß die Erforschung des Bewußtseins sich gegenwärtig noch in einem präparadigmatischen Stadium befindet: Es gibt derzeit noch keinen einheitlichen theoretischen Hintergrund, vor dem wirklich so etwas wie eine Wissenschaft des Bewußtseins entstehen könnte. Um diesen Hintergrund zu schaffen, müssen allerdings nicht nur generelle Fragen wie die nach dem epistemischen Ziel, dem Methodenkanon und dem Katalog der Explananda beantwortet werden. Wie gleich deutlich werden wird, gibt es in Wirklichkeit eine ganze Palette von Detailproblemen, denen wir uns stellen müssen, wenn wir herausfinden wollen, ob der Gedanke einer einheitlichen Wissenschaft vom Bewußtsein nicht nur ein faszinierender, sondern auch ein kohärenter Gedanke ist. Die Autoren dieses Bandes haben aus der Perspektive der Philosophie versucht, einen Beitrag zu diesem Projekt zu leisten.

Der restliche Teil dieser Einleitung wird nun in drei Schritten eine Annäherung an das Problem des Bewußtseins versuchen. Der erste Schritt wird darin bestehen, den wichtigsten phänomenologischen Merkmalen von Bewußtsein Rechnung zu tragen. Hier geht es darum, eine erste Beschreibung von drei konkreten Eigenschaften anzubieten, die dieses Phänomen tatsächlich zu einem besonderen Problem machen. Im zweiten Schritt muß dann der Übergang von der phänomenologischen auf die analytische Ebene vollzogen werden: Die globale Beschreibung muß zu einer Liste der sich aus ihr ergebenden begrifflichen Probleme werden. Im übernächsten Abschnitt werde ich deshalb versuchen, dem Leser einen kurzen Katalog dieser Probleme anzubieten und zwar so, wie sie sich aus der Perspektive der Philosophie des Geistes darstellen. Der dritte Schritt besteht dann darin, den Kontakt mit der Gegenwartsdiskussion aufzunehmen und in sie einzudringen. Im vierten und letzten Abschnitt der Einleitung finden sich  deshalb Informationen über den Aufbau und die Zielsetzung dieser Textsammlung,

 

2. Transparenz, Perspektivität und Gegenwärtigkeit:
    Konkrete Eigenschaften des bewußten Erlebens

2.1 Das pure Erleben:
     Phänomenaler Gehalt, phänomenale Eigenschaften, phänomenale Zustände

Nichts ist uns gleichzeitig so nah und so fern wie unser eigenes Bewußtsein. Zunächst scheint es nichts in der Welt zu geben, was uns vertrauter ist, als die Inhalte unseres eigenen Bewußtseins: Unsere Sinnesempfindungen, unsere Gefühle, unsere Gedanken sind uns auf eine selbstverständliche und sehr direkte Art gegeben. Zwar ist es immer möglich, daß wir einer Sinnestäuschung erliegen, weil wir uns über die wahren Ursachen unserer sensorischen Empfindungen täuschen. Auch unsere bewußten Gedanken und Gefühle können uns in die Irre führen, denn wir haben manchmal Meinungen über die Welt, die sich nicht rechtfertigen lassen. Von Zeit zu Zeit werden wir von Emotionen erfaßt, die sich später als unserer Beziehung zu anderen Personen in dieser Welt nicht angemessen herausstellen. Trotzdem gibt es dem subjektiven Erleben nach nichts, was offensichtlicher sein könnte als die einfachen Tatsachen des Bewußtseins selbst: Die Tatsache, daß ich jetzt den Umschlag dieses Buches als blau empfinde, die Tatsache, daß ich jetzt der Meinung bin, daß ein grundsätzliches neues Bild des Menschen im Entstehen ist, oder auch die Tatsache, daß ich jetzt gerade neugierig bin. Das pure Erleben selbst kann man allem Anschein nach nicht anzweifeln.

In der Philosophie des Geistes wird dieses pure Erleben als der phänomenale Gehalt unserer mentalen Zustände bezeichnet. Bewußtsein in diesem Sinne wird deshalb von Philosophen häufig auch als "phänomenales Bewußtsein" bezeichnet. Bewußtseinszustände sind diesem Verständnis zufolge immer auch phänomenale Zustände, weil zusammen mit Bewußtsein das entsteht, was wir in der Alltagssprache als "Erleben" bezeichnen. Es handelt sich also um einen speziellen Sinn des Worts „Bewußtsein“, der zunächst nichts mit geläufigen Wendungen wie „feministisches Bewußtsein“, „ökologisches Bewußtsein“ oder etwa „Bewußtheit“ im spirituellen und psychotherapeutischen Sinn zu tun hat. Wenn man von phänomenalem Bewußtsein spricht, dann meint man immer den Aspekt des puren, subjektiven Erlebens. Es ist genau dieser Aspekt, um den es in diesem Buch geht.

Ich habe eben gesagt, daß der Aspekt des puren Erlebens in der Philosophie des Geistes als der phänomenale Gehalt unserer mentalen Zustände bezeichnet wird. Worum es geht, ist, daß manche mentalen Zustände nicht nur einen Wissens- oder Informationsgehalt besitzen, sondern daß sie sich auf eine bestimmte Weise anfühlen. Die populärste Formulierung dieses Punkts war in den letzten zwei Jahrzehnten die von Thomas Nagel: Es ist irgendwie, sich in diesen Zuständen zu befinden.[7] Dieses Wie-es-ist ist der phänomenale Gehalt, der subjektive Charakter des Erlebens. Aber was genau ist gemeint, wenn man sagt, daß viele unserer geistigen Zustände einen subjektiven Erlebnischarakter besitzen? Verdeutlichen wir uns diesen Erlebnischarakter an einem einfachen Beispiel. Betrachten Sie dazu einen Moment lang die Hintergrundfarbe, die wir für den Umschlag dieses Buches ausgewählt haben. Der Name dieser Farbe ist Pantone Blue 72. Wenn Sie nun die Farbe dieses Buchumschlags auf sich wirken lassen, dann können Sie direkt erleben, was mit dem Wort "phänomenaler Gehalt" gemeint ist: Im visuellen Erleben der Farbe des Buchumschlags ist dieser phänomenale Gehalt die subjektiv empfundene Eigenschaft der Bläue, also die in Ihrem Bewußtsein auftretende Qualität von Pantone Blue 72. Ich nehme einen bestimmten Gegenstand wahr und mit diesen Wahrnehmungsvorgang entsteht die subjektive Empfindung der Bläue, das Buch erscheint mir als blau. Weil die Bläue von Pantone Blue 72 als eine Eigenschaft des Buches erscheint, spricht man hier auch von "phänomenalen Eigenschaften". Solche einzelnen phänomenalen Eigenschaften sind die einfachsten Beispiele für  den subjektiven Erlebnischarakter des Bewußtseins, um den es hier geht. Selbstverständlich gibt es auch höherstufige Formen phänomenalen Gehalts: Gestaltwahrnehmung, Gegenständlichkeit, Selbstbewußtsein oder das bewußte Erleben von Situationen und Kontexten. Davon später mehr. Bleiben wir zunächst bei einfachen Eigenschaften.

Im angelsächsischen Raum werden mentale Zustände, die wir anhand solcher einfachen phänomenalen Eigenschaften erkennen, auch mit dem Begriff raw feeling umschrieben.[8] Wieder ist dabei der Aspekt des puren Empfindens, der Aspekt des puren Erlebens ausschlaggebend. Im deutschen Sprachraum hat sich seit einiger Zeit der Begriff von Qualia eingebürgert. Man kann leicht eine Vielzahl von Beispielen für Qualia finden: Die Schmerzhaftigkeit von Schmerzen oder den Geruch von Sandelholz, den Geschmack von Bourbon-Vanille oder die ganz besondere Klangqualität im Ton eines Cellos. Aber auch das Schweregefühl, das Sie jetzt gerade in ihrem Körper empfinden, oder das Tasterlebnis der „Glätte“, das Sie haben, wenn Sie mit Ihrer Hand über den Buchumschlag streichen, sind Beispiele für solche Qualia. Die subjektiv erlebte Eigenschaft der Schwere des eigenen Körpers (das „Schwere-Quale“) und die subjektiv erlebte Eigenschaft der Glattheit des Buchumschlags (das „Glätte-Quale“) sind etwas, das es nur gibt, wenn es auch Bewußtsein gibt. Phänomenaler Gehalt ist also erstens qualitativer Gehalt und zweitens der subjektive Erlebnisgehalt des Bewußtseins.

Wenn man diesen Erlebnisgehalt jetzt als eine Eigenschaft analysiert, indem man - wie ich es oben bereits getan habe - von phänomenalen Eigenschaften spricht, dann handelt man sich bereits das erste schwerwiegende philosophische Problem ein. Von was sind phänomenale Eigenschaften Eigenschaften? Was sind die logischen Subjekte, denen wir solche Eigenschaften zuweisen? Oder, anders gefragt: Ist Pantone Blue 72 die Eigenschaft eines nicht-physikalischen Einzeldings, eines phänomenalen Individuums, das nur im Raum des bewußten Erlebens existiert? Das scheint unwahrscheinlich, weil dann das klassische Leib-Seele-Problem entsteht: Das Prinzip der kausalen Geschlossenheit der physikalischen Welt verträgt sich nicht mit der Annahme, daß das bewußte Erleben - im Sinne des Auftretens eines oder mehrerer nicht-physikalischer Einzeldinge - einen Einfluß auf unser Verhalten und unsere Handlungen hat. Wie sollte man sich die Wechselwirkung solcher nicht-physikalischer Einzeldinge mit unserem Gehirn vorstellen? Wenn bewußtes Erleben das geistige Erfassen nicht-physikalischer Einzeldinge sein sollte, dann kann man überhaupt nicht mehr verstehen, was dies bedeuten könnte: Was genau ist hier mit dem Wort „Erfassen“ gemeint?

Vielleicht gibt es einen anderen Ausweg aus dem Problem. Ist  die subjektiv erlebte Bläue vielleicht das Merkmal eines Vorgangs, nämlich eines visuellen Wahrnehmungsprozesses? Die naturwissenschaftliche Untersuchung des menschlichen Farbensehens liefert uns mittlerweile sehr genaue Beschreibungen solcher Wahrnehmungsvorgänge.[9] Aber keiner der in solchen objektiven Beschreibungen auftauchenden Gegenstände hat je die konkrete Eigenschaft der Bläue im hier gesuchten Sinn: Nichts an den komplizierten Vorgängen im Auge und im Gehirn ist in diesem Sinn blau.  Man könnte deshalb  auch denken, daß es eben ganz einfach das Buch „da draussen“ ist, welches blau ist. „Da draussen“ gibt es jedoch nur elektromagnetische Schwingungen, die in einer bestimmten Mischung unterschiedlicher Wellenlängen von der Oberfläche des Buchs zurückgeworfen werden. Auf der Netzhaut ins unserem Auge gibt es nur das, was die Naturwissenschaftler eine „Grauwertverteilung“ nennen. Auch im Traum - also dann, wenn überhaupt keine Lichtstrahlen auf die Netzhaut fallen - kann man Blauerlebnisse haben: Vielleicht träumen Sie schon heute nacht von Pantone Blue 72! Ein anderes Beispiel spricht ebenfalls dagegen, daß phänomenale Eigenschaften konkrete Eigenschaften von Dingen in der Außenwelt sind. Wenn wir in ein grünes Blitzlicht schauen und danach die Augen schließen, sehen wir ein rotes Nachbild. Von was aber ist die Eigenschaft der Röte hier eine Eigenschaft? Solche einfachen Beobachtungen legen bereits die Auffassung nahe, daß phänomenale Eigenschaften keine objektiven Eigenschaften sind. Was immer sie sind, sie scheinen nicht „da draussen“ zu sein.

Das Problem taucht dann wieder auf, wenn wir Mengen von phänomenalen Eigenschaften betrachten und dementsprechend von „phänomenalen Zuständen“ sprechen. Phänomenale Zustände sind Bewußtseinszustände. Wenn sich solche Eigenschaften ändern, dann haben wir es mit subjektiven Ereignissen zu tun; wenn Ketten solcher Ereignisse phänomenale Zustände aneinander reihen, dann haben wir es mit phänomenalen Prozeßabläufen zu tun: mit Bewußtseinsvorgängen. All das scheint klar und einfach zu sein. Die Frage jedoch bleibt bestehen: Was verändert sich  hier; von was sind phänomenale Zustände Zustände? Sind phänomenale Zustände die Zustände der Seele oder die Zustände eines Ichs? Sind phänomenale Zustände einfach bloß Gehirnzustände? Oder sind phänomenale Zustände etwas, das irgendwo in der Mitte liegt: Informationsverarbeitungszustände im zentralen Nervensystem, vielleicht die Zustände einer sehr großen Datenstruktur, die von unserem Gehirn in Wach- und Traumzuständen vorübergehend aktiviert wird?

All diese Versuche, mögliche Antworten bereits durch die Fragestellung nahezulegen, sind mehr als problematisch. Man könnte versuchen, sie einfach als Forschungsprogramme für die Zukunft zu verstehen, als offene Fragen, auf die empirische Antworten gegeben werden können. Begrifflich plausibel wären solche Forschungsprogramme jedoch nur, wenn klargemacht werden könnte, ob unsere traditionelle formale Ontologie sich überhaupt auf die phänomenale Ontologie unseres bewußten Erlebnisraums projizieren läßt. Das würde bedeuten, daß all das, was es im bewußten Erleben und aus der Perspektive der ersten Person gibt, sich mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln sprachlich adäquat beschreiben und auf begrifflich klare Weise erfassen läßt. Nur dann könnte es überhaupt eine abstrakte Analyse phänomenaler Zustände und Eigenschaften geben, die zumindest prinzipiell vollständig sein könnte. Genau das aber ist von Philosophen häufig bezweifelt worden. Ich werde deshalb auf diesen Punkt noch zurückkommen.

Zunächst jedoch sollten wir den ersten Schritt tun. Er besteht darin, sich bei der Annäherung an das Phänomen „Bewußtsein“ zuerst den konkreten Merkmalen phänomenaler Zustände zuzuwenden. Nachdem nun klar ist, was phänomenaler Gehalt, phänomenale Eigenschaften und phänomenale Zustände sind, kann man untersuchen, was eigentlich die interessanten Merkmale dieser Zustände sind. Wir sind jetzt bereit, einen ersten Blick auf die Phänomenologie des Bewußtseins zu werfen. Bereits dieser erste Schritt wird ein weiteres Mal zeigen, daß das Problem des Bewußtseins tatsächlich ein besonderes Problem ist. Phänomenale Zustände sind nämlich etwas ganz anderes als physikalische, chemische, biologische oder neurobiologische Zustände: Sie sind transparent, sie sind perspektivisch und sie sind präsent.

2.2 Die Transparenz phänomenaler Zustände

Phänomenale Zustände sind uns unendlich nah. Schon vor aller philosophischen Begriffsbildung ist uns das Erleben gegeben: Nichts könnte natürlicher und vertrauter sein als eben genau dieses bewußte Erleben. Ich habe bereits darauf hingewiesen, daß wir in gewissem Sinne selbst dieses Erleben sind - was wären Menschen ohne phänomenales Bewußtsein? Menschen ohne phänomenales Bewußtsein wären keine Personen, sondern Zombies, umherwandernde Tote. Zombies hätten wahrscheinlich weder auf wissenschaftlicher noch auf philosophischer Ebene ein Bewußtseinsproblem. Für uns dagegen ist bereits am Anfang klar: Bevor wir überhaupt beginnen können, über das Problem des Bewußtseins nachzudenken, stehen die einfachen Tatsachen des Bewußtseins schon fest. Man kann diese Einsicht auch so formulieren: Aus der Perspektive des erlebenden Ichs ist phänomenales Bewußtsein transparent.[10] Das heißt, daß unser Bewußtseinsraum in dieser Hinsicht - was also den subjektiven Charakter des Erlebens selbst angeht - durchsichtig zu sein scheint. Daß die meisten phänomenale Zustände durchsichtig sind, bedeutet demnach, daß wir sie nicht als phänomenale Zustände erleben, sondern daß wir durch diese Zustände hindurch schauen und ihren Gehalt im Modus der direkten Gegebenheit wahrnehmen. Sie scheinen uns in einen direkten Kontakt mit der Welt zu bringen. Wir haben eben gerade nicht das Gefühl, in einem dreidimensionalen Film oder in einem inneren Darstellungsraum zu leben: In Standardsituationen spielt sich unser bewußtes Leben immer in der Welt ab. Wir erleben unseren Bewußtseinsraum nicht als einen von unserem Gehirn erzeugten Cyberspace, sondern ganz einfach als die Wirklichkeit, mit der wir auf natürliche und unproblematische Weise in Berührung sind. In Standardsituationen sind uns die Inhalte des puren Erlebens direkt und unmittelbar gegeben. Und genau in diesem Sinne kann man sagen: Sie sind uns unendlich nah. Diese unendliche Nähe ist das erste phänomenologische Hauptmerkmal von Bewußtsein.

Wie könnte man diese Tatsache naturwissenschaftlich erklären? Kann man die Transparenz des Bewußtseins ernst nehmen, indem man sie zu einem Gegenstand der empirischen Theoriebildung macht? Wenn bewußtes Erleben tatsächlich - wie die Mehrheit der empirischen Forscher heute denkt - ein auf Vorgängen der Informationsverarbeitung und mentalen Repräsentation im Gehirn beruhendes Phänomen ist, dann könnte man vielleicht sagen: Die jeweils aktiven Datenstrukturen werden vom System nicht mehr als solche erkannt. Sie stellen die Information, daß sie eben solche Datenstrukturen sind, selbst nicht noch einmal auf der Ebene ihres Gehalts dar. Sie enthalten keine Variablen und sind immer interpretiert. Wir haben ganz einfach deshalb das Gefühl, direkt mit dem Inhalt unseres Bewußtseins in Kontakt zu stehen, weil wir Systeme sind, die sich selbst aus Gründen ihrer funktionalen Architektur in einen naiven Realismus hineinzwingen. Und dieser naive Realismus mag seine Wurzeln wiederum in unserer biologischen Geschichte haben: Wir sind natürlich entstandene Informationsverarbeitungssysteme, die durch eine Millionen von Jahren dauernde Evolution konfiguriert und optimiert wurden. Optimale Lösungen aber sind häufig einfache Lösungen. Es geht hier gar nicht darum, ob eine solche Erklärungsskizze in die richtige Richtung deutet. Es geht darum zu verdeutlichen, wie unser eigenes Bewußtsein durch den Versuch, es auf empirischer Ebene besser zu verstehen, sehr schnell von etwas unendlich Nahem zu etwas Fremden und weit Entferntem werden könnte. Was ist meinem eigenen Erleben fremder als „aktive Datenstrukturen im Gehirn“? Was könnte mich mehr von meinem eigenen Bewußtsein entfernen als die zweifelhaften Versuche der Naturwissenschaftler, seine Durchsichtigkeit durch Merkmale der Informationsverarbeitung in meinem zentralen Nervensystem zu erklären?

Aber auch wenn wir uns auf philosophischer Ebene um ein begrifflich überzeugendes Verständnis der phänomenologischen Globaleigenschaft „Transparenz“ bemühen, wird Bewußtsein leicht von etwas unendlich Nahem zu etwas unendlich Fernem. Die von Philosophen immer wieder zitierte Formel esse est experiri[11] - also: das Sein phänomenaler Qualitäten besteht gerade in ihrem Erlebtwerden - bedeutet unter anderem, daß wir den wesentlichen Gehalt phänomenaler Zustände im Erleben vollständig erfassen. Wenn das aber wirklich wahr ist, dann sind die phänomenalen Zustände, aus denen sich unsere Bewußtseinsraum aufbaut, nicht nur transparent, sondern auch etwas, über das wir uns niemals täuschen können. Bereits hier erheben sich allerdings ein weiteres Mal eine ganze Reihe von sehr einfachen, aber folgenreichen Fragen: Ist etwas, über das wir uns allem Anschein nicht täuschen können, deshalb auch etwas, das wir wissen? Ist phänomenale Transparenz wirklich dasselbe wie Gewißheit? Gibt es eigentlich eine Garantie dafür, daß bewußtes Erleben eine Form von Erkenntnis ist? Oder, in anderen Worten: Woher wissen wir überhaupt, daß die einfachen Tatsachen des Bewußtseins wirklich Tatsachen sind?

2.3 Die Perspektivität phänomenaler Zustände

Ein zweiter Aspekt ist wichtig, wenn man verstehen will, was phänomenales Bewußtsein eigentlich ist. Er besteht darin, daß Erlebnisse immer Erlebnisse für ein erlebendes Ich zu sein scheinen: Ich selbst bin es, der seine Gefühle und Empfindungen auf eine bestimmte Art und Weise erlebt. Ich selbst bin es, der an seinen sinnlichen Wahrnehmungen bestimmte subjektive Qualitäten entdeckt - etwa die "Bläue" in einem Farberlebnis oder den charakteristischen Geruch von Sandelholz. Das pure Empfinden dieser einfachen Qualitäten ist also immer an eine subjektive Erlebnisperspektive gebunden. Denn zumindest in den üblichen Bewußtseinszuständen gilt: Subjektive Empfindungen sind immer meine Empfindungen, sie besitzen ihren spezifischen Erlebnischarakter für mich. Niemand weiß, wie es für mich ist, den Ton eines Cellos zu hören oder das spezielle Blau des Buchumschlags zu betrachten. Und ich weiß nicht, wie es für eine Fledermaus ist, den Ton eines Cellos zu hören oder wie es für eine meiner Leserinnen ist, das Pantone Blue 72 des Buchumschlags zu betrachten. Man kann diese Eigenschaft phänomenalen Bewußtseins auch als seine Perspektivität bezeichnen: In Standardsituationen geht phänomenaler Gehalt immer mit dem Auftreten eines phänomenalen Standpunktes einher, mit einem erlebenden Ich. Dieses erlebende Ich macht bewußte Erlebnisse zu seinen Erlebnissen. Auch für dieses Ich gilt, daß es sich selbst unendlich nah ist. Vor allem philosophischen Nachdenken über das theoretische Problem des Selbstbewußtseins gibt es nämlich eine interessante und begrifflich schwer zu fassende Qualität, der jede überzeugende Theorie des Bewußtseins Rechnung tragen muß. Ein sehr einfaches Wesen, das nur empfinden und überhaupt nicht denken kann, könnte ebenfalls diese Eigenschaft besitzen. Sie wird von Philosophen manchmal als "präreflexive Selbstvertrautheit" bezeichnet.[12] Diese Qualität entsteht dadurch, daß auch die Zustände phänomenalen Selbstbewußtseins wieder in dem oben erläuterten Sinn transparent oder durchsichtig sind.

Unser Bewußtsein ist ein zentriertes Bewußtsein, weil es fast immer einen Mittelpunkt besitzt. Der Mittelpunkt, der Fokus des Bewußtseins, sind wir selbst. Vor allen intellektuellen Operationen „haben“ wir uns bereits, wir sind immer schon mit uns selbst vertraut. Phänomenale Zustände sind nicht nur jeweils an eine individuelle Perspektive gebunden, diese Individualität zeigt sich auch auf der Ebene des bewußten Erlebens selbst.  Weil ein großer Teil des Gehalts des Selbstbewußtseins als direkt gegeben erlebt wird, sind wir uns selbst unendlich nah. Besonders interessant ist nun, daß unser Erlebnisraum als Ganzer eben durch diesen Umstand nicht nur einen zentralen Brennpunkt des Bewußtseins erhält, sondern eine perspektivische Struktur: Es entsteht auf der Ebene des bewußten Erlebens das, was Philosophen auch in der Erkenntnistheorie und in der Sprachphilosophie gerne die "Perspektive der ersten Person" nennen. Zusammen mit dem strukturellen Merkmal der Perspektivität des Bewußtseins entsteht ein weiteres psychisches Phänomen, das jede anspruchsvolle Theorie des Bewußtseins ernstnehmen muß. Dieses Phänomen heißt Innerlichkeit.

Kehren wir kurz zurück zu den bereits en passant erwähnten einfachen phänomenalen Eigenschaften. Der qualitative Gehalt mentaler Zustände - die Bläue in einem Blauerlebnis oder die Schmerzhaftigkeit von Schmerzen - ist nicht nur erlebnismäßig transparent in dem am Anfang beschriebenen Sinne. Er scheint auch das essentielle Merkmal solcher Zustände zu sein: Schmerzen, die nicht schmerzhaft sind, sind unvorstellbar. Ein Blauerlebnis ohne die subjektive Farbqualität ist kein Blauerlebnis. Es ist nun allerdings fraglich, ob solche "privaten" Eigenschaften mentaler Zustände jemals mit öffentlichen und objektiven Eigenschaften der zugrundeliegenden physischen Zustände verknüpft werden können. Könnte die subjektive Taxonomie dieser Zustände prinzipiell auf eine objektive, neuro- oder kognitionswissenschaftliche Kategorisierung - zum Beispiel von Informationsverarbeitungsvorgängen im Gehirn - abgebildet werden? Ihr Sein besteht ja gerade in ihrem Erlebtwerden, in der Art wie sie uns erscheinen: Ein Schmerzerlebnis, das nicht schmerzhaft ist, ist überhaupt kein Schmerzerlebnis - und eine Theorie über Schmerzen, in der diese qualitative Eigenschaft nicht mehr vorkommt, ist überhaupt keine Theorie über Schmerzen mehr. Eine solche Theorie wäre uns unendlich fern, sie würde genau das auslassen, was uns interessiert. Dies ist einer der Gründe, aus denen eine Reihe von Philosophen den phänomenalen Gehalt von Qualia für eine irreduzible Eigenschaft solcher Zustände halten.

Manche Philosophen denken nun ähnlich über den zweiten Aspekt, über die Perspektivität des Bewußtseins. Es ist einer weitverbreiteten Überlegung zufolge ebenfalls ein essentielles Charakteristikum bewußter Zustände, daß sie immer an eine subjektive Erlebnisperspektive gebunden sind. Aus der Innenperspektive ist dieses Strukturmerkmal des bewußten Erlebens ebenfalls transparent: Was ist natürlicher und selbstverständlicher als die Tatsache, daß nur ich selbst weiß, wie es sich für mich anfühlt, in diesem Augenblick eben genau diese bewußten Erlebnisse zu haben, die ich gerade jetzt durchlaufe? Und was ist einfacher zu verstehen als die Tatsache, daß ich selbst der unverrückbare Mittelpunkt meines Bewußtseinsraums bin, daß ich zwar immer versuchen kann, mich mit den Ressourcen meines eigenen Bewußtseins in die subjektiven Zustände eines fremdartigen Wesens - etwa einer Fledermaus - einzufühlen, daß ich aber niemals wissen werde, wie es ist, eine Fledermaus zu sein?

Die präreflexive Selbstvertrautheit des phänomenalen Ich ist vielleicht das Paradebeispiel dafür, daß uns unser eigenes Bewußtsein gleichzeitig unendlich nah und unendlich fern ist. Zumindest reden wir so, als wären wir selbst uns im Erleben unendlich nahe und als gäbe es tatsächlich so etwas wie die Perspektive der ersten Person. Aber niemand weiß eigentlich, was all das genau heißen soll. "Nähe" ist eine räumliche Metapher, die auf eine Beziehung zwischen räumlichen Gegenständen anspielt. Niemand würde allerdings im Ernst von einem Stuhl behaupten, daß er sich selbst unendlich nah ist. Die "Perspektive der ersten Person" ist ihrerseits die Kombination einer räumlich-visuellen mit einer grammatischen Metapher: Es mag noch angehen, unseren Erlebnisraum als perspektivisch zu bezeichnen, weil man hier auf unseren dominanten Sinn des Sehens bezug nimmt. Unser visuelles Erleben der Umwelt ist tatsächlich um ein Zentrum herum aufgebaut, denn als Sehende erleben wir die Welt scheinbar von einem Standpunkt aus. Dieser Standpunkt scheint hinter unseren Augen zu liegen und er ist der Mittelpunkt unseres visuellen Erlebnisraumes. Aber wer soll "die erste Person" sein - ein kleines Männchen im Kopf, daß durch die Fenster der Augen in die Welt hinausblickt?

Man sieht: Auch hier ergeben sich schnell eine große Anzahl von Fragen und schwierigen theoretischen Problemen. Betrachten wir für den letzten Schritt wieder zuerst die einfachen phänomenalen Eigenschaften. Wenn es stimmt, daß die spezielle phänomenale Eigenschaft der "Bläue" von Pantone Blue 72 ein intrinsisches und essentielles Merkmal bestimmter bewußter Farberlebnisse ist, dann fragt es sich nämlich, ob es überhaupt eine wissenschaftliche Theorie über bewußte Farberlebnisse geben kann. In der physikalischen Außenwelt gibt es, wie gesagt, nur elektromagnetische Schwingungen bestimmter Wellenlängen, aber nirgendwo die Eigenschaft "Blau". Eine Vielzahl physikalischer Ereignisse kann in uns eine Blauempfindung auslösen. Es scheint aber nichts zu geben, was all diese Ereignisse in der physikalischen Außenwelt miteinander verbindet. Auch auf der Netzhaut finden wir nur eine zweidimensionale Grauwertverteilung, aber niemals die Eigenschaft "Blau". Das Feuern des optischen Nervs ist genauso wenig blau, wie das Feuern der Neuronen in den für das Schmerzempfinden verantwortlichen Regionen unseres Gehirns schmerzhaft ist: Alles was wir finden, sind Myriaden feiner elektrischer Impulse. Und auch die räumlich und zeitlich sehr kompliziert strukturierten Erregungsmuster, die sich dann aus diesen Myriaden von feinen elektrischen Impulsen in denjenigen Bereichen unseres visuellen Cortex aufbauen, von denen die Hirnforscher sagen, daß sie für unser Farbensehen unbedingt notwendig sind, sind natürlich nicht blau. Die Konkretheit des bewußt erlebten "Bläue" - sagen wir, von Pantone Blue 72 - werden wir wohl auch nicht in den abstrakten mathematischen Theorien wiederfinden, mit denen die Neuroinfomatiker uns vielleicht bald eine präzise Beschreibung der entsprechenden neuronalen Aktivitätsmuster anbieten werden. Darum fragen sich viele insgeheim, ob die phänomenale Eigenschaft der "Bläue" überhaupt in dieser Welt ist: Gibt es einen Berührungspunkt zwischen der Innenwelt des Bewußtseins und der Außenwelt der Physik? Wir alle wollen, daß die wissenschaftliche Psychologie unser Bewußtsein ernst nimmt. Aber kann sie das überhaupt? Wenn schon einfache phänomenale Eigenschaften wie das bewußt erlebte Blau des Buchumschlags sich allem Anschein nach dem objektivieren Zugriff der Wissenschaft entziehen, wie soll dann überhaupt eine Theorie phänomenalen Bewußtseins aussehen, die das wirklich ernstnimmt und überzeugend erklärt, was wir eben als das Wesensmerkmal subjektiver Zustände dingfest gemacht haben - ihren qualitativen Charakter?

Wirklich virulent werden solche Fragen dann, wenn wir jetzt wieder den Aspekt der Perspektivität, die zweite konkrete Eigenschaft des Phänomens Bewußtsein mit einbeziehen. Auch die Tatsache, daß bewußtes Erleben immer an eine subjektive Innenperspektive gebunden zu sein scheint, stellt nach allgemeinem Verständnis ein essentielles Merkmal des Phänomens dar. Eine befriedigende Antwort auf die Frage, was es genau heißt, einem beliebigen System eine Innenperspektive zuzuschreiben, ist aus diesem Grunde unverzichtbar. Wenn ich einem völlig fremdartigen Lebewesen gegenüberstehe, und mich frage, ob dieses Wesen wirklich bewußt ist, dann will ich nicht nur wissen, ob es im Sinne von Thomas Nagel irgendwie ist, die mentalen Zustände dieses Wesens zu besitzen. Ich will wissen, ob dieses Wesen auch eine echte Innenwelt besitzt, ob es im Erleben unmittelbar mit sich selbst vertraut ist,  ob es tatsächlich eine subjektive Perspektive auf seine mentalen Zustände einnimmt. Diese auf ein Ich-Zentrum bezogene Innerlichkeit phänomenalen Bewußtseins müßte ebenfalls Gegenstand jeder überzeugenden wissenschaftlichen Bewußtseinstheorie sein. Das dem Objektivitätsideal der empirischen Wissenschaft zugrundeliegende Prinzip besteht nun aber gerade darin, von allen subjektiven Perspektiven zu abstrahieren, sich von allen individuellen Standpunkten so weit wie möglich zu entfernen. Daraus ergibt sich ein fundamentales Problem: Kann eine Erkenntnismethode, deren leitendes Ideal gerade in der Elimination aller subjektiven Perspektiven liegt, uns überhaupt bei der Annäherung an unser eigenes Bewußtsein behilflich sein? Wenn wir ernst machen wollen mit dem Projekt einer Wissenschaft des Bewußtseins, dann müssen wir Brücken aus der Außenwelt in die Innenwelt bauen, also dahin, wo wir doch eigentlich immer schon sind. Das aber ist bei näherem Hinsehen ein inkohärenter Gedanke.

Thomas Nagel hat sich wie kein anderer Philosoph der letzten Jahrzehnte diesem Problem gewidmet. Er hat den hier in Frage stehenden Aspekt auf die folgende Weise illustriert: Selbst aus einer vollständigen Beschreibung der raumzeitlichen Welt durch eine Physik der Zukunft ginge nie hervor, welche Zeit jetzt ist und welcher Ort hier. Aber auch in einer vollständigen wissenschaftlichen Beschreibung der Welt, die um das gesamte psychische Universum bereichert wurde, also um eine allumfassende Beschreibung der inneren Zustände aller bewußten Wesen zu allen Zeiten und an allen Orten, wären wir mit demselben Problem konfrontiert. Die für jeden einzelnen von uns wichtigste aller Tatsachen - so denkt zumindest Thomas Nagel - käme nämlich in einem solchen objektiven Bild aller subjektiven Erlebnisse und Bewußtseinszustände nicht mehr vor: Die Tatsache, daß ich identisch mit einer der in diesem Bild enthaltenen Personen bin und daß die inneren Erlebnisse dieser Person meine Erlebnisse sind. In dem objektiven Bild der Welt wäre ich nur das, was Nagel treffend als "eine Person unter zahllosen anderen in Ozeanen von Raum und Zeit" und als ein "momentanes Echozeichen auf dem kosmischen Bildschirm" bezeichnet.[13] Deshalb entsteht hier eine sehr grundlegende Frage: Kann das aperspektivische Weltbild der Wissenschaft überhaupt dem phänomenalen Gehalt Rechnung tragen, der an die vielen individuellen Bewußtseinsperspektiven geknüpft ist? Wird Bewußtsein unter dem Blick der Wissenschaft nicht automatisch von etwas ganz Nahem zu etwas ganz Fernem, von etwas unbezweifelbar Realem zu einer Illusion? Man kann durchaus und mit guten Gründen daran zweifeln, ob Thomas Nagel diesen Aspekt des Problems auf die richtige Weise formuliert hat. Noch hat niemand gezeigt, daß die Innerlichkeit phänomenalen Bewußtseins ein Mysterium ist, an dem das wissenschaftliche Erkenntnisideal aus prinzipiellen Gründen scheitern muß. Andererseits geht es, darin hat Nagel sicher recht, in der Philosophie niemals bloß darum, wie wir uns ausdrücken sollen.[14] Und die Frage ist hartnäckig, sie taucht in immer neuen Erscheinungsformen auf: Könnten wir eine - noch so plausible - wissenschaftliche Theorie über das Entstehen einer phänomenal bewußten Ich-Perspektive jemals wirklich als eine Theorie über uns selbst akzeptieren?

2.4 Die Präsenz phänomenaler Zustände

Das erste phänomenologische Hauptmerkmal von Bewußtsein war seine Transparenz. Das zweite Merkmal ist seine Perspektivität. Wenden wir uns nun dem dritten Charakteristikum zu: der Präsenz phänomenalen Gehalts. Zu Beginn habe ich gesagt, daß es dem Erleben nach nichts offensichtlicheres gibt, als die einfachen Tatsachen des Bewußtseins selbst: Zum Beispiel die Tatsache, daß ich jetzt den Umschlag dieses Buches als blau empfinde. Es ist dieses subjektiv erlebte "Jetzt", welches das dritte wichtige Charakteristikum phänomenalen Bewußtseins darstellt. Das bedeutet, daß die Merkmale der Transparenz und unmittelbaren Gegebenheit auch einen zeitlichen Aspekt besitzen. Für das bewußte Erleben von Zeit und Gegenwart gilt außerdem, das seiner Transparenz und Nähe ein ebenso deutlicher Aspekt der Unaussprechlichkeit und kognitiven Undurchdringlichkeit entspricht. Auch das Zeitbewußtsein ist uns gleichzeitig unendlich nah und unendlich fern. In einer berühmten Passage im 14. Kapitel des elften Buches seiner (etwa im Jahre 400 verfaßten) Confessiones schrieb der Heilige Augustinus: "Was ist also die Zeit? Wenn mich niemand danach fragt, weiß ich es, wenn ich es aber einem, der mich fragt, erklären sollte, weiß ich es nicht; ..." Die Beziehung zwischen subjektiver und objektiver Zeit ist deshalb heute noch eine der schwierigsten Varianten des Leib-Seele-Problems.[15]

Die Mannigfaltigkeit der verschiedensten subjektiven Empfindungen ist uns nämlich immer in der Einheit eines erlebten Moments gegeben. So reden und denken wir. Wieder taucht jedoch bei näherem Hinsehen - insbesondere angesichts neueren empirischen Materials[16] - die Frage auf, ob wir eigentlich genau verstehen, was wir da sagen. Es scheint zu bedeuten, daß meine bewußten Gefühle und Gedanken, meine körperlichen Empfindungen und all die anderen Qualitäten meines sensorischen Bewußtseins einschließlich ihres sprachlich nicht erfaßbaren Reichtums an subjektiven Nuancen und feinsten Unterschieden immer dadurch verbunden werden, daß sie Bestandteile einer erlebten Gegenwart sind. Man kann diese einfache Beobachtung auch so ausdrücken: Phänomenaler Gehalt ist präsent. Damit will man nicht sagen, daß phänomenales Bewußtsein etwas Starres ist, indem es kein Fließen und keine Veränderung gibt. Das könnte nicht wahr sein, weil es in einem sehr starken Sinne ja gerade das subjektive Erleben ist, das uns überhaupt erst lebendig macht. Man will vielmehr verdeutlichen, daß es ein wichtiges Merkmal unseres Bewußtseins ist, daß es uns die in ihm gegebenen Inhalte immer innerhalb einer konkrekt erlebten Gegenwart präsentiert. Pantone Blue 72 ist immer Pantone Blue 72 - Jetzt. Der Geschmack von Bourbon-Vanille, der Geruch von Sandelholz oder das Gefühl von Neugier sind uns dem Erleben nach immer jetzt direkt gegeben. Wir konstruieren diese subjektiven Erlebnisqualitäten nicht selbst: Sie sind unbezweifelbar reale Tatsachen des Bewußtseins. Natürlich können wir Bewußtseinsinhalte auch re-präsentieren, zum Beispiel wenn wir uns an den Geruch von Sandelholz erinnern oder uns auf den Geschmack von Bourbon-Vanille freuen. Aber dann ist das, was in unserem Bewußtsein präsent ist, eben die Erinnerung an ein bestimmtes Räucherstäbchen oder die Vorfreude auf einen Vanillepudding. Auch das bewußte Erleben höherer kognitiver Vorgänge wie Erinnerung oder Zukunftsplanung vollzieht sich subjektiv immer in einer Gegenwart. Phänomenaler Gehalt besitzt also - drittens - immer einen Aspekt der Präsentation. Dieser Aspekt der phänomenalen Präsenz bezieht sich übrigens auch auf das Selbst, den Mittelpunkt des Erlebnisraums: Auch das erlebende Ich ist gegenwärtig, es ist in einem ganz selbstverständlichen und aller philosophischen Überlegung vorausgehenden Sinne ein anwesendes Ich. Ohne die konkret erlebte Anwesenheit des Ich gäbe es auch die Perspektive der ersten Person nicht.

Durch dieses durchgängige Erleben von Präsenz nun werden die Inhalte des Bewußtseins überhaupt erst zu realen Tatsachen. Wenn wir am Morgen aufwachen, dann präsentiert sich uns die Wirklichkeit: Mit der Aktivierung phänomenalen Bewußtseins entsteht immer auch eine phänomenale Realität. Diese phänomenale Realität ist meine Welt, die Welt in der ich lebe. Sowohl ich selbst als auch die Welt um mich herum sind - in jedem einzelnen Augenblick - phänomenal präsent, das heißt: gegenwärtig. Und auch hier gilt wieder, daß zunächst nichts unproblematischer und selbstverständlicher sein könnte als die Präsenz meiner Wirklichkeit. Auch sie ist - aus der Perspektive der ersten Person - transparent. Die bewußte Gegenwart ist uns unendlich nah.

Wir wissen jedoch seit langem, daß die Präsenz einer bewußten Wirklichkeit auch künstlich erzeugt werden kann. Durch die direkte Stimulation des Gehirns mit Hilfe von Elektroden lassen sich bei Versuchspersonen Episoden subjektiver Erlebnisse erzeugen, die als absolut real und gegenwärtig erlebt werden.[17] Zustände nach der Einnahme bestimmter psychoaktiver Substanzen oder schwere Geisteskrankheiten sind ein weiteres Beispiel für Situationen, in denen durch einen Eingriff von außen "alternative Wirklichkeiten" in uns entstehen können. Aber auch im Traum, einem ganz natürlichen und sich regelmäßig wiederholenden Bewußtseinszustand, erscheint uns die Wirklichkeit als gegenwärtig und real: Obwohl die Welt des Traums voller Widersprüche ist und sich ständig auf bizarre Weise ändert, wissen wir nicht, daß wir träumen.[18] Bei einer ganzen Reihe von psychiatrischen Störungsbildern kommt es zu komplexen Halluzinationen, die es den Patienten unmöglich machen, zu erkennen, daß sie gerade halluzinieren. Wieder entsteht so etwas wie eine "alternative Gegenwart". Es gibt vielfältige Störungen, bei denen gerade das Zeit- und Gegenwartserleben der betreffenden Personen verzerrt oder sogar zerstört wird. Auch im gesunden Zustand kennen wir alle Situationen, in denen die phänomenale Präsenz der bewußten Wirklichkeit vorübergehend stark abnimmt, etwa nach einer "Schrecksekunde", in einer Gefahrensituation oder nach Schockerlebnissen: Die Welt nimmt eine traumartige und "unwirkliche" Qualität an. Das zeigt, daß das Erleben von Gegenwärtigkeit vielfältigen Schwankungen unterworfen sein kann. Es wird durch Faktoren determiniert, die ihrerseits außerhalb des Bewußtseins liegen, zum Beispiel durch komplizierte Ereignisse im Gehirn der betreffenden Person. Die neuropsychologische Forschung dieses Jahrhunderts hat dies mehr als deutlich gemacht.

Diese Einsicht aber betrifft dann auch die Tatsächlichkeit der einfachen Tatsachen des Bewußtseins: Es gibt - von außen gesehen - starke Hinweise darauf, daß unser bewußtes Erleben der Realität als Realität ein Konstrukt ist. Wenn das aber wahr sein sollte, dann zieht es wiederum die Transparenz phänomenalen Bewußtseins in Zweifel. In anderen Worten: Neue empirische Erkenntnisse über das, was ich Präsenz genannt habe, lenken unsere Aufmerksamkeit wieder auf das erste phänomenologische Hauptmerkmal von Bewußtsein zurück, auf seine Durchsichtigkeit oder Transparenz. Jetzt zeigt sich, daß die traditionelle Annahme, die Inhalte unseres phänomenalen Bewußtseins seien uns auf direkte und unmittelbare Weise gegeben, falsch sein muß. Betrachten wir dazu ein Beispiel. Besonders augenfällig wird der Zusammenhang bei einer bestimmten Gruppe von Störungsbildern, die in der Neuropsychologie seit langem bekannt sind und die dort als "Anosognosien" bezeichnet werden. Sie bestehen darin, daß der Patient einen bestehenden Bewußtseinsdefizit nicht mehr bewußt als solchen erleben kann, es fehlt ihm aufgrund einer bestimmten Hirnverletzung - also aufgrund eines rein körperlichen Schadens - die höherstufige Einsicht in die Tatsache seiner Erkrankung. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel für den Verlust phänomenaler Transparenz ist Antons Syndrom.[19] Patienten, die durch eine Läsion des visuellen Cortex von plötzlicher Blindheit überfallen werden, bestehen in manchen Fällen hartnäckig darauf, daß sie noch sehen. Sie stoßen sich gleichzeitig an Möbelstücken und anderen Hindernissen, sie zeigen alle Anzeichen funktionalen Blindseins. Trotzdem verhalten sie sich so, als ob ihnen das subjektive Verschwinden der visuellen Welt nicht subjektiv bewußt ist. So produzieren sie zum Beispiel auf Fragen nach ihrer Umgebung falsche, aber konsistente Konfabulationen: Sie erzählen Geschichten über nicht-existente phänomenale Welten, die sie selber zu glauben scheinen, und streiten jeden funktionalen Defizit in bezug auf ihre Sehfähigkeit ab. Diese und viele andere Befunde aus der empirischen Erforschung des menschlichen Bewußtseins haben auch auf philosophischer Ebene starke Zweifel daran aufkommen lassen, ob unser subjektiv als durchsichtig erlebter Bewußtseinsraum wirklich durchsichtig ist.

Und jetzt wird ein weiteres Mal deutlich, warum ich ganz zu Anfang gesagt habe: Nichts ist uns gleichzeitig so nah und so fern wie unser eigenes Bewußtsein. Denn bei näherem Hinsehen wird unser eigenes Bewußtsein zu etwas Rätselhaftem und Mysteriösen. Die Innenperspektive gerät heute zunehmend in einen Konflikt mit der Außenperspektive. Durch die Fortschritte der wissenschaftlichen Erforschung des Bewußtseins werden wir in unserer geistigen Intimsphäre berührt, weil durch die aus der Dritte-Person-Perspektive operierende Wissenschaft nun auf einmal die Transparenz unseres Bewußtseinsraums und damit im Grunde die Autorität der Erste-Person-Perspektive überhaupt in Frage gestellt werden. Ist Antons Syndrom, die fehlende Einsicht in die eigene Blindheit, unter Umständen eine neuropsychologische Metapher für die kulturelle Situation, in der wir uns im Moment befinden? Sind wir Systeme, die konsistente Konfabulationen produzieren, die hartnäckig bestimmte überlieferte Sprachspiele spielen und an ihrem alltagspsychologischen Selbstverständnis festhalten, obwohl sie sich dabei immer häufiger an Hindernissen stoßen, die sich aus neuem empirischen Material ergeben? Durch das endgültige Zerbrechen der trügerischen Selbstgewißheit der Introspektion[20] werden wir alle in unserem Erleben verunsichert: Unser eigenes Bewußtsein rückt in die Ferne, es verdunkelt sich und wird zum Rätsel. Descartes Grundannahme der Selbsttransparenz des Bewußtseins, die über Brentanos "Evidenz der inneren Wahrnehmung" bis weit in die Philosophie dieses Jahrhunderts hineingewirkt hat, ist genau dadurch unhaltbar geworden, daß die empirische Psychologie zu einer eigenständigen Disziplin wurde.

Wenn man den theoretischen Verlust der Transparenz und Präsenz nun zum Schluß noch auf das zweite phänomenologische Merkmal des Bewußtseins - die Perspektivität unseres Erlebnisraums - überträgt, dann ergibt sich eine dramatische Konsequenz. Wir wissen bei genauerem Hinsehen auch nicht mehr, was es eigentlich heißt, daß wir selbst uns als anwesend erleben. Wenn es nämlich stimmt, daß die Gegenwärtigkeit der Inhalte unseres Erlebens ein Konstrukt ist, dann gilt das auch für alle Inhalte des bewußten Selbsterlebens, für das, was man in der Philosophie des Geistes als das "phänomenale Selbst" bezeichnet. Wenn außerdem richtig ist, daß die Introspektion kein zuverlässiges Erkenntnismittel ist, weil der Blick in das eigene Bewußtsein durchaus zu unbemerkten Täuschungen führen kann, dann verdunkelt sich damit auch der Innenraum des Selbstbewußtseins, weil die erlebte Transparenz dieses Raums sich jederzeit als eine Illusion herausstellen könnte. Aber wessen Illusion wäre es? Denn es ist nun auch nicht mehr klar, was es überhaupt heißen soll, daß wir die "einfachen Tatsachen des Bewußtseins" aus der Perspektive der ersten Person erfassen. Wer ist sie überhaupt, diese erste Person? Worauf beziehen wir uns, wenn wir über das Ich und seine Perspektive sprechen? Wir sprechen über unsere bewußten Erlebnisse, als ob wir selbst dies Erlebnisse hätten und als ob wir in einem ganz unproblematischen Sinne anwesende Erlebnissubjekte wären. Aber schon unsere vorläufige  Bestandsaufnahme der konkreten Eigenschaften phänomenaler Zustände zeigt, das wir eigentlich nicht genau wissen, was wir da sagen. Am Ende unserer ersten vorsichtigen Erkundung dieser phänomenologischen Merkmale des Phänomens Bewußtsein besteht also bereits die Gefahr, daß nicht nur das Bewußtsein, sondern auch wir selbst von etwas unendlich Nahem zu etwas unendlich Fernem werden.

Die stürmische Entwicklung im empirischen Bereich hat Konsequenzen für die philosophische Behandlung des Themas. Es ist heute selbstverständlich geworden, daß auch eine philosophische Theorie über phänomenales Bewußtsein empirisch plausibel sein muß: Ein seriöser philosophischer Beitrag zur Lösung des Bewußtseinsproblems darf nicht mit empirischen Erkenntnissen kollidieren. Das Problem des Bewußtseins ist längst ein interdisziplinäres Problem geworden, und dies ist ein Fortschritt. Dadurch jedoch ist auch der Begriff des Bewußtseins unklar geworden. Er ist in die verschiedensten Disziplinen abgewandert und so in Distanz zu seinen philosophischen Ursprüngen geraten. Eine semantische Inflation war die unvermeidliche Folge dieser Entwicklung. Es ist darum auch auf theoretischer Ebene eine Verunsicherung eingetreten. Ich habe den Kern dieser Verunsicherung bereits genannt: Wir sind uns häufig über das epistemische Ziel unserer Bemühungen nicht im Klaren, darüber, was wir eigentlich wissen wollen, wenn wir nach dem Bewußtsein fragen. Durch die zunehmende Verankerung des Bewußtseinsbegriffs in der empirischen Theoriebildung sind die vielen verschiedenen Facetten des Problems besonders deutlich hervorgetreten: Es gibt nicht das Problem des Bewußtseins. "Bewußtsein" ist in Wirklichkeit nur der Obertitel für ein ganzes Bündel von Problemen und möglichen Forschungsprogrammen. In einer solchen Situation ist es dringend erforderlich, daß zunächst eine solide Kommunikationsgrundlage geschaffen wird. Jede der potentiell an dem Projekt einer vereinheitlichten Wissenschaft des Bewußtseins beteiligten Disziplinen muß deshalb zuallererst einen systematischen Katalog ihrer eigenen Fragestellungen entwickelt. Dies gilt auch für die Philosophie des Geistes. Natürlich ist diese Einleitung nicht der richtige Ort, um einen solchen Katalog aufzubauen. Trotzdem werde ich im folgenden Abschnitt eine kurze Auswahl der wichtigsten Fragen anbieten, aus denen sich die Problemlandschaft heute konstituiert. Ich hoffe, daß sie den Lesern und Leserinnen dieses Buches bei ihrer ersten Orientierung in dieser Landschaft behilflich sein kann.

3. Die Problemlandschaft: Ein Katalog von Fragen

3.1 Bewußtsein als begriffliches Problem

Eine überzeugende Theorie des Bewußtseins muß begrifflich kohärent sein. Dieser Teil des Projekts fällt eindeutig in den Bereich der Philosophie des Geistes. Dort wird der Begriff „Bewußtsein“ heute nur noch selten im Sinne einer unkörperlichen Substanz oder eines nicht-physischen Individuums interpretiert. Es geht nicht mehr um „das Bewußtsein“, sondern um Bewußtsein im Sinne einer Eigenschaft. Was aber ist die richtige Analyse von Bewußtsein als einer Eigenschaft?

a) „Bewußt“ als einstelliges oder als zweistelliges Prädikat

Interpretiert man das Wort „bewußt“ als einstelliges Prädikat, so erscheint es als eine primitive und nicht weiter analysierbare Eigenschaft mancher mentaler Zustände. Es existiert keine nicht-zirkuläre Definition für diesen Begriff des phänomenalen Bewußtseins. Bewußtheit in diesem Sinne scheint eine intrinsische Eigenschaft mentaler Zustände zu sein, die sich nicht einfach in ein Netz von Relationen zwischen Entitäten auf einer tieferliegenden Beschreibungsebene auflösen läßt. Bewußtheit als eine primitive Eigenschaft geistiger Zustände wäre irreduzibel. Es ist aber diese Interpretation von „bewußt“, die für die Frage nach phänomenalem Bewußtsein zentral ist.

Analysiert man "bewußt" als ein zweistelliges Prädikat, dann wird man auf das Problem der Intentionalität des Mentalen gestoßen: In dieser Form ist Bewußtsein immer "Bewußtsein von etwas". Franz Brentano hatte 1874 das Grundmerkmal des Bewußtseins als die Gerichtetheit psychischer Akte auf einen Gegenstand beschrieben.[21] Dieser Gedanke der Beziehung von intentionalen Akten auf ein Objekt hat dann zu einer aktpsychologischen Konzeption des Bewußtseins geführt, die viele der psychologischen Theorien des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts geprägt hat. Edmund Husserl hat die Gerichtetheit von Bewußtseinszuständen auf einen Gegenstand, der dann zu ihrem intentionalen Gehalt wird, nicht mehr als eine Art von Tätigkeit oder Aktivität verstanden. Um den Begriff des psychischen Phänomens zu vermeiden führte er in den Logischen Untersuchungen den Terminus „intentionales Erlebnis“ ein, behielt aber, um einem bereits tief verwurzelten Sprachgebrauch entgegenzukommen, den Begriff des Aktes weiter bei. Die Unterscheidung zwischen Akt und Objekt spielt auch heute noch ein Rolle in der Diskussion. Sie taucht wieder auf wenn es darum geht, ob man die Bewußtheit eines Zustandes dadurch erklärt, daß er zum Objekt eines höherstufigen Gedankens wird (zum Beispiel in David Rosenthals Theorie der Higher-Order-Thoughts[22]) oder dadurch, daß er (im Sinne einer teleofunktionalistischen Theorie des Geistes) ein Akt ist, mit dessen Hilfe ein Lebewesen Wissen über seine Umgebung erlangt.[23] Sie spielt ebenfalls eine wichtige Rolle in der Diskussion um höherstufige Formen des Selbstbewußtseins.[24]

b) Zustandsbewußtsein und Systembewußtsein

Man kann von bestimmten Zuständen einer Person oder eines biologischen (vielleicht auch eines künstlichen) Systems sagen, daß sie im Sinne einer Zuschreibung mit Hilfe des oben erwähnten einstelligen Prädikats bewußt sind: Solche Zustände sind phänomenale Zustände. Das logische Subjekt der Eigenschaftszuschreibung sind hier Zustände eines Systems, zum Beispiel mentale Zustände, die die Eigenschaft der Bewußtheit besitzen können oder auch nicht. David Rosenthal nennt diese Art von Bewußtsein state consciousness oder auch intransitive consciousness.

Eine Schwierigkeit tritt auf, wenn man „bewußt“ im zweiten Sinne (also als „Bewußtsein von etwas“ oder transitive consciousness) auf mentale Zustände anwenden will. Man kann wohl sagen, daß mentale Zustände oft einen intentionalen Gehalt besitzen und eine Person dabei unterstützen, sich auf Gegenstände in der Welt zu beziehen. Was man nicht sagen kann, ist, daß diese Zustände selbst ein Bewußtsein „von etwas“ besitzen: Die Zustände selbst sind keine epistemischen Subjekte, sie wissen nichts und sie besitzen auch kein Bewußtsein der Intentionalitätsbeziehung. Vielmehr sind diese Zustände so etwas wie Hilfsmittel, mit denen Personen oder Systeme als Ganze zu einem „Bewußtsein von etwas“ gelangen, Instrumente, mit denen sie die Intentionalitätsbeziehung realisieren können.[25] Man muß deshalb fragen, was es bedeutet, die beiden oben erwähnten Interpretationen des Prädikats „bewußt“ in Hinblick auf Personen oder Systeme als Ganze einzusetzen.

Wir wollen auch wissen, in welchem Sinne man von einer Person, einem Tier oder vielleicht sogar einem künstlichen System sagen kann, daß sie bewußt sind (creature consciousness). Der interessante Sinn des Worts ist hier wieder der des bewußten Erlebens, und nicht eher unproblematische Begriffe wie Wachheit, Wahrnehmung oder das Vorhandensein einer Orientierungsreaktion. Phänomenales Bewußtsein besitzt eine Person dann, wenn man ihr bewußte Zustände im ersten Sinne zuschreiben kann. Das bedeutet allerdings noch nicht, daß diese Zustände ihr dabei helfen, sich im Sinne einer Realisierung der Intentionalitätsbeziehung auf die Welt zu beziehen. Intentionales Bewußtsein haben eine Person oder ein System dann, wenn sie phänomenale Zustände mit intentionalem Gehalt besitzen. Diese Zustände sind Zustände des zweiten Typs, sie unterstützen die Person beim Aufbau von epistemischen Relationen zur Welt. Eine einfache und natürliche Lösung für diesen Fall scheint darin zu bestehen, daß man sagt: Bewußte Zustände sind die Zustände, durch die wir zu bewußten Personen werden. Auf der anderen Seite erfaßt diese Analyse solche phänomenalen Zustände nicht, die kein intentionales Objekt oder keine biologische Funktion besitzen. Aus diesem Grund erfordern die vier hier skizzierten Interpretationen von „bewußt“ eine sorgfältige Analyse der Beziehung zwischen intentionalem und phänomenalen Gehalt.

c) Die Stärke der modalen Beziehung zwischen Bewußtsein und seiner explanatorischen Basis

Das Projekt der empirischen Bewußtseinsforschung besteht darin, die explanatorische Basis für phänomenales Bewußtsein dingfest zu machen. Dabei kann es um Bewußtsein im allgemeinen gehen oder auch um die Instantiierungsbasis bestimmter phänomenaler Eigenschaften. Außerdem stehen solche Forschungsprojekte immer in Beziehung zu einer bestimmten Klasse von Systemen. Solche Klassen von Systemen können etwa Menschen, Tiere oder künstliche Systeme sein. Innerhalb solcher Klassen kann man dann weiter differenzieren: Man kann zum Beispiel Menschen im Traum- oder im Wachzustand untersuchen, Menschen in verschiedenen Lebensphasen oder Mitglieder unterschiedlicher Kulturen. Man kann auch Menschen in veränderten Bewußtseinszuständen untersuchen, etwa Menschen, die unter Schizophrenie, Multiple Personality Disorder oder bestimmten Hirnverletzungen leiden, aber auch Menschen im Zustand der Meditation oder der akuten Verliebtheit. Angenommen, Bewußtsein ist im Sinne eines minimalen Materialismus supervenient auf einem bestimmten Set von physikalischen Eigenschaften.[26] Dann kann man jeweils eine Vielzahl von Fragen stellen: Sind die Eigenschaften, die unter den Bedingungen der in unserer Welt geltenden Naturgesetze das Auftreten phänomenaler Eigenschaften determinieren, nur intra- oder auch extra-organismische Eigenschaften? Sind es quantenphysikalische, neurobiologische oder neurokomputationale Eigenschaften? Sind es funktionale, teleofunktionale oder repräsentationale Eigenschaften? Es geht immer darum, die Basismenge der Supervenienzbeziehung möglichst genau zu beschreiben.

Das philosophische Projekt besteht in diesem Zusammenhang darin, die Stärke dieser Beziehung genauer zu untersuchen. Es gibt eine starke modale Intuition (eine weitverbreitete Annahme darüber, was logisch möglich wäre), die besagt, daß es für jedes wie auch immer physikalisch, funktional oder repräsentational beschriebene System mit bewußten inneren Zuständen einen "bewußtlosen Doppelgänger" gibt, der zwar dieselben physikalischen, funktionalen oder repräsentationalen Eigenschaften besitzt, aber kein phänomenales Bewußtsein. Welches kognitive Bewußtseinsphänomen man auch immer einer genaueren Untersuchung unterzieht, am Ende taucht unvermeidlicherweise wieder die Frage auf, ob all dies nicht auch ohne Bewußtsein möglich wäre.[27] Kausale Erklärungen und funktionale Analysen kognitiver Vorgänge scheinen immun gegenüber der Eigenschaft der "Bewußtheit" zu sein. In anderen Worten: Es scheint keine notwendige Verbindung zwischen phänomenalem Gehalt und bestimmten Formen seiner physischen Realisierung zu geben. In der neueren Diskussion gibt es drei wichtige Argumente, die zu Kristallisationspunkten der Diskussion um diese Problematik geworden sind:

- Das Modal Argument

Für jedes beliebige System mit physikalischen, funktionalen und phänomenalen Eigenschaften ist immer auch ein Zombie Twin denkbar, ein bewußtloser Doppelgänger.[28] Eine neuere Formulierung dieses Gedankens lautet: Phänomenale Eigenschaften sind, selbst wenn sie in unserer Welt nomisch supervenient gegenüber physikalischen oder funktionalen Eigenschaften sind, deshalb noch nicht logisch supervenient gegenüber diesen.[29]

- Das Absent-Qualia-Argument

Auch für jedes funktional beschriebene System kann man sich wieder ein Zwillingssystem denken, das keine Qualia besitzt oder auf so bizarre Weise realisiert ist, daß die Annahme von Qualia stark kontraintutiv wird. Wenn dies richtig ist, dann bedeutet es auch, daß der Funktionalismus in der Philosophie des Geistes - der immerhin den metatheoretischen Hintergrund des Informationsverarbeitungsansatzes in der Kognitionswissenschaft und der kognitiven Neurowissenschaft bildet - systematisch blind gegenüber dem Phänomen des bewußten Erlebens ist.[30]

- Das Inverted-Qualia-Argument

Es ist auch möglich, eine schwächere Version dieses Arguments zu entwickeln. Diese Version bestreitet dann nicht die Existenz von Bewußtsein überhaupt, sondern nur die Notwendigkeit der Verknüpfung bestimmter Arten von qualitativem Gehalt mit bestimmten funktionalen Zuständen. So kann man etwa annehmen, daß einer der Leser dieses Buchs in seinem subjektiven Raum ein systematisch invertiertes Farbspektrum besitzt, daß er also immer da, wo wir Blau erleben, Gelb erlebt, wo wir Rot erleben, Grün erlebt usw. Natürlich sagt die Person mit den invertierten Farbqualia immer dann, wenn wir sagen, daß wir ein Blauerlebnis haben, auch, daß sie ein Blauerlebnis hat. In Wirklichkeit jedoch tritt in ihrem Bewußtseinsraum ein Gelb-Quale auf. Wieder geht es nicht in erster Linie darum, wie wir das Vorliegen einer solchen Situation feststellen würden, sondern darum, daß sie prinzipiell möglich ist.[31]

3.2 Die epistemische Asymmetrie

Dies ist der moderne Titel für das erkenntnistheoretische Grundproblem. Dieses Problem besteht darin, daß es zwei grundverschiedene Zugangsweisen gibt, durch die wir ein Wissen über Bewußtsein erlangen können: Von innen und von außen, aus der Perspektive der ersten Person und aus der Perspektive der dritten Person. Das Phänomen des Bewußtseins scheint sich nämlich dadurch auszuzeichnen, daß sein jeweiliger Träger einen privilegierten Zugang zu ihm hat. Phänomenales Bewußtsein ist ein subjektives Phänomen.  Es fragt sich deshalb, wer die erkenntnistheoretische Autorität über die Tatsachen des Bewußtseins besitzt: Das erlebende Subjekt oder die Wissenschaft, die von außen auf das Phänomen zugreift?

Die epistemische Asymmetrie hat ihren theoriegeschichtlichen Ausdruck in zwei grundverschiedenen Weisen gefunden, sich dem Problem des Bewußtseins zu nähern. Die erste Strategie besteht darin, konsequent aus der Perspektive der ersten Person zu operieren. Das klassische Beispiel für das philosophische Operieren aus der Perspektive der ersten Person, also für das Projekt einer reinen Untersuchung[32], ist das Vorgehen von René Descartes in den Meditationen. Schließlich ist diese Strategie gegen Ende des letzten Jahrhunderts zu dem geworden, was wir heute als den phänomenologischen Ansatz bezeichnen. Außerhalb der Philosophie hat sie sich in das verwandelt, was häufig als die introspektionistische Phase der wissenschaftlichen Psychologie bezeichnet wird. Die Phänomenologie war der erste großangelegte Versuch, die begrifflichen und erkenntnistheoretischen Grundlagen für eine systematische, autonome Wissenschaft des Bewußtseins zu legen. Darin besteht ihr Verdienst. Gescheitert ist sie in der Hauptsache daran, daß sich die Evidenz der inneren Wahrnehmung - gerade aufgrund der Resulate empirischer Untersuchungen - als unhaltbare Grundannahme herausgestellt hat und daran, daß der phänomenologische Ansatz der Datenerhebung in Fällen miteinander in Konflikt stehender Aussagen prinzipiell kein methodisch sicheres Verfahren bieten kann, falsche Beobachtungen und statistische Inkonsistenzen zu eliminieren.

Die zweite Strategie war die eines naturalistischen Objektivismus, der Versuch, sich dem Problem des Bewußtseins von außen anzunähern. Die Datenerhebung beschränkt sich hier ausschließlich auf objektive und aus der Außenperspektive zugängliche Information, zum Beispiel auf menschliches Verhalten: Die in eine Erklärung des Phänomens Bewußtsein eingehenden Tatsachen sind ausschließlich öffentliche Tatsachen. Dem psychologischen Behaviorismus entsprach auf der Ebene der Philosophie der analytische  Behaviorismus Gilbert Ryles.[33] Ryle hatte Aussagen über mentale Zustände als Aussagen über mögliches Verhalten analysiert. Einer der Gründe für das Scheitern dieser Strategie lag darin, daß Dispositionsanalysen die Prozessualität phänomenaler Zustände nicht erklären können: Wenn ich bewußte Erlebnisse habe, dann geschieht etwas, und zwar in mir. Der Funktionalismus hat wichtige Einsichten dieser Phase bewahrt, indem er die explanatorische Strategie des Behaviorismus auf die Untersuchung interner Systemzustände als einer Form von „Mikroverhalten“ ausgedehnt hat.

Beide Klassen von Forschungsprogrammen sind auch zu Ideologien geworden, die zu Irrationalismen und methodologischem Radikalismus, zu Berührungsängsten und Schweigespiralen geführt haben. Mit dem Aufkommen der kognitiven Psychologie und dem (mittlerweile überholten) „Computermodell des menschlichen Geistes“ hat sich diese Situation in vielversprechender Weise geändert.  Die aktuelle Debatte ist deshalb attraktiv, weil die alten Fronten zwischen Phänomenologie und analytischer Philosophie des Geistes sich längst aufgelöst haben. Das Thema des Bewußtseins wird mittlerweile auch von den besten Denkern der analytischen Tradition als ein seriöser und vielversprechender Bereich der Theoriebildung akzeptiert. Selbst die Vertreter strikt reduktionistischer Ansätze geben zu, daß eine Theorie des Bewußtseins sich durch maximale phänomenologische Plausibilität auszeichnen muß. Auf der anderen Seite ist unverkennbar, daß viele Autoren aus dem Umfeld der Phänomenologie begonnen haben, die Kognitionswissenschaft zu entdecken. Dies gibt Anlaß zur Hoffnung. Denn was wir brauchen, sind Antworten auf die erkenntnistheoretische Grundproblematik, die sowohl die Perspektive der ersten Person ernst nehmen als auch in der Lage sind, unser neues empirisches Wissen auf begrifflich plausible Weise zu integrieren.

Trotzdem wird bei vielen die erste Reaktion auf die epistemische Asymmetrie eine Variante des Skeptizismus[34] sein: Ist das Phänomen des Bewußtseins aufgrund seiner Innerlichkeit nicht prinzipiell allen aus dem öffentlichen Raum heraus operierenden Versuchen entzogen, es erkenntnismäßig zu erfassen? Bildet das, was ich im vorangegangenen Abschnitt als die „einfachen Tatsachen des Bewußtseins“ bezeichnet habe, nicht einen eigenen Set von Fakten, die dem naturwissenschaftlichen Erkenntnismodell von vornherein verschlossen bleiben müssen? Wenn ich das erste Mal ein visuelles Erlebnis von Pantone Blue 72 gehabt habe, weiß ich dann nicht etwas über die Welt, das man auf keine andere Art wissen kann?

- Das Knowledge-Argument

Das Knowledge-Argument oder „Argument des unvollständigen Wissens“ ist ein wichtiger Brennpunkt der erkenntnistheoretischem Diskussion über phänomenales Bewußtsein.[35] Kern dieser von Frank Jackson entwickelten Überlegung ist die anti-materialistische Intuition, daß kein wie auch immer vollständiges Wissen über die neurophysiologischen oder physikalischen Tatsachen bezüglich einer Person hinreichend ist, um daraus ein Wissen über die phänomenalen Tatsachen bezüglich des bewußten Erlebens dieser Person ableiten zu können. Das Argument hat auch eine ontologische Lesart, die darauf hinausläuft, daß der Physikalismus schon deshalb falsch sein muß, weil es offensichtlich nicht-physikalische Tatsachen gibt.

Man kann der erkenntnistheoretischen Grundproblematik auch eine „wissenschaftstheoretische“ Wendung geben, indem man unsere offenkundige epistemische Begrenzung bezüglich des Bewußtseins anderer Wesen als eine explanatorische Lücke in unserem generellen wissenschaftlichen Weltbild interpretiert.

- Das Explanatory-Gap-Argument

Joseph Levine hat 1983 eine berühmtes modallogisches Argument von Saul Kripke gegen die Identitätstheorie[36] in eine erkenntnistheoretische Version transformiert. Weil nichts an den physischen oder funktionalen Korrelaten eines phänomenalen Zustands uns zu verstehen hilft, warum dieser Zustand sich subjektiv auf eine bestimmte Weise anfühlt, entsteht eine Intelligibilitätslücke.[37] Sie ist die Wurzel der cartesianischen Intuitionen, die Kripkes und andere modallogischen Argumente dann auf formaler Ebene zu explizieren versuchen. In anderen Worten: Reduktive Erklärungsstrategien für Qualia lassen eine Erklärungslücke offen, weil solche Erklärungen - im Gegensatz zu den bekannten Fällen in den Naturwissenschaften - genaugenommen nicht wirklich verständlich sind. Sie scheinen uns aus prinzipiellen Gründen nicht das zu sagen, was wir wissen wollen.

3.4 Auszeichnung der Explananda

All dies macht ein weiteres Mal deutlich, daß Bewußtsein ein besonderes Problem ist. Trotz aller erkenntnistheoretischer Grundlagenprobleme muß man jedoch versuchen, auch die Explananda zu charakterisieren, die Gegenstand einer Theorie des Bewußtseins sein sollen. Wenn es eine solche Liste von Explananda gibt, dann öffnet dies den Weg für differenziertere Untersuchungen darüber, mit welchen Methoden und welchen Zielsetzungen man sich diesen Explananda überhaupt nähern kann.[38] In diesem Bereich muß sich die Rolle der Philosophie nicht nur auf einen begrifflichen Kommentar zum Fortschritt der empirischen Bewußtseinsforschung beschränken. Neben der Beschäftigung mit den eben skizzierten wissenschaftstheoretischen, erkenntnistheoretischen und logischen Fragen können Philosophen aufgrund ihrer besonders genauen Kenntnis der jahrhundertealten Problematik des Bewußtseins auch aktiv die Explananda definieren, die jede überzeugende empirische Theorie erklären muß. Philosophen sind deshalb durchaus aufgerufen, aktiv und kritisch in die Theoriebildung innerhalb der Einzelwissenschaften einzugreifen. Zumindest eines hat der Dialog der Philosophie mit den Neurowissenschaften in den letzten zwei Jahrzehnten schon erreicht: Es gibt kaum noch einen Hirnforscher, der das Wort „Qualia“ nicht kennt. Darauf angesprochen beeilen sich mittlerweile viele Hirnforscher, zu versichern, daß es sich hierbei um ein wirklich tiefes Problem handelt. Werfen wir nun einen Blick auf mögliche Explananda für die empirische Bewußtseinsforschung.

3.5 Qualia

Qualia sind das Lieblingskind der Bewußtseinsphilosophen. In der Philosophie des Geistes versteht man unter Qualia mentale Zustände, die einen ganz bestimmten phänomenalen Gehalt besitzen. Die subjektive Qualität von Pantone Blue 72 in einer Farbwahrnehmung oder der "Schmerzhaftigkeit" in einem Schmerzerlebnis waren unsere ersten Beispiele für diese Form von mentalem Gehalt. Subjektive Erlebnisqualitäten erzeugen eine innere Taxonomie mentaler Zustände: Sie scheinen die wesentlichen Merkmale zu sein, anhand derer wir einen Teil unserer eigenen Zustände in der Introspektion individuieren. Es ist allerdings fraglich, ob solche "privaten" Eigenschaften mentaler Zustände jemals mit öffentlichen und objektiven Eigenschaften der zugrundeliegenden physischen Zustände verknüpft werden können, ob also die subjektive Taxonomie dieser Zustände auf eine objektive Kategorisierung abgebildet werden kann. Qualia sind deshalb problematisch, weil sie

 

- sprachlich nur schwer mitteilbar sind: Wir können einem Blindgeborenen nicht erklären, was Röte ist.[39]

- allem Anschein nach private Eigenschaften sind. Einer wissenschaftlichen Untersuchung sind aber immer nur öffentliche Eigenschaften zugänglich. Dieser Punkt betrifft sowohl die epistemische Asymmetrie wie auch die Unaussprechlichkeit qualitativen Gehalts.

- möglicherweise den intrinsischen Kern eines Zustandes bilden. Das heißt, daß es sich bei diesen Eigenschaften nicht um relationale Eigenschaften handelt, die einer relationalen Analyse zugänglich wären. Nicht-relationale Eigenschaften lassen sich nicht auf reduktive Weise naturalisieren: Sie lassen sich nicht auf Beziehungen zwischen Elementen auf niedrigeren Beschreibungsebenen zurückführen.

- homogen, d.h. dem Erleben nach ungekörnt oder „glatt“ sind. Einfache phänomenale Eigenschaften besitzen prima introspectione keine innere Struktur. Deshalb werden sie als unteilbar, als phänomenale Atome, erlebt. Dieses Problem ist auch als das Grain Problem bekannt.[40]

- transparent und präsent sind: Sie scheinen dem Subjekt phänomenaler Zustände direkt gegeben zu sein.

3.6 Phänomenale Eigenschaften höherer Ordnung und Strukturmerkmale des phänomenalen Raums

Der Raum des bewußten Erlebens besitzt eine komplexe innere Struktur. Hier sind einige Beispiele für besonders prägnante Merkmale dieser Struktur:

- Objektbildung. Einfache phänomenale Eigenschaften treten nicht isoliert, sondern als Bestandteile ganzheitlicher Komplexe in Erscheinung. Dadurch entsteht das Problem der Eigenschaftsbindung bzw. der Integration phänomenalen Gehalts. Es fragt sich weiterhin, was genau „Ganzheitlichkeit“ oder „Holismus“ in diesem Zusammenhang heißt.

- Relationstypen. Hier geht es um einen wichtigen Teil dessen, was manchmal auch als „naive Physik“ bezeichnet wird. Benötigt wird eine Theorie der Arten von Beziehungen zwischen Objekten und Ereignissen, die unser bewußtes Modell der Wirklichkeit kennt:

- Zeiterleben. Wie entsteht aus objektiven Ereignissen eine subjektive Zeit? Was ist phänomenale „Gleichzeitigkeit“ und wie entsteht der Modus des „Nacheinander“?

- Raumerleben. Wie konstituieren sich räumliche Beziehungen zwischen Objekten? Was sind die Einbettungsrelationen, die uns erlauben, eine räumliches Objekt als Teil eines größeren Objekts zu erleben?

- Kausalitätserleben. Unter welchen Bedingungen erleben wir ein Ereignis als die Ursache eines anderen Ereignisses? Wie beeinflußt uns dieses Erleben bei höheren kognitiven Operationen?

- Situiertheit. Was bedeutet es, daß bewußtes Erleben immer in Situationen und Kontexte eingebettet ist? Wie beeinflußt implizites Hintergrundwissen den Gehalt unserer expliziten phänomenalen Zustände? Die „Leiblichkeit“ des phänomenalen Selbst: Was genau heißt es, daß unsere Form von Bewußtsein auch dem Erleben nach immer ein verkörpertes Bewußtsein ist?

- Mögliche phänomenale Welten. Wir sind Wesen, die durch Phantasie, Imagination und Planung „virtuelle“ Erlebniswelten in unserem Bewußtsein erzeugen können. Was sind die neurobiologischen und evolutionsgeschichtlichen Bedingungen dafür, daß wir uns manche Dinge vorstellen können, andere dagegen nicht? Welche Bedeutung haben diese natürlichen Beschränkungen unseres mentalen Simulationsraums für kognitive Operationen, z.B. für den Begriff der logischen Möglichkeit oder für bestimmte theoretische Intuitionen?

3.7 Perspektivität und phänomenale Subjektivität

Hier begegnet uns die Perspektivität phänomenaler Zustände wieder, diesmal jedoch nicht als erkenntnistheoretisches Problem, sondern als konkret erlebtes Strukturmerkmal des phänomenalen Raums. Erstens wird ein wichtiges Element jeder Theorie phänomenalen Bewußtseins immer auch phänomenales Selbstbewußtsein sein. Das bewußte Erleben der eigenen Identität und einer Ich-Welt-Grenze ist deshalb selbst ein Explanandum für die empirische Forschung. Hier geht es zum Beispiel um das neuronale und funktionale Korrelat des von Selbstbewußtsein, aber auch darum, inwieweit sein Gehalt durch soziale Interaktionen determiniert wird. Was benötigt wird, ist eine umfassende Theorie des phänomenalen Selbst. Zweitens jedoch geht es um den Einfluß, den seine Aktivierung für andere Formen phänomenalen Gehalts hat: Was genau bedeutet es, daß unsere Form von Bewußtsein ein zentriertes Bewußtsein ist? Wenn es eine überzeugende Theorie darüber gibt, wie das bewußte Erleben einer „Erste-Person-Perspektive“ zustandekommt, dann wird dies wiederum Bedeutung für die erkenntnistheoretischen Aspekte der Problematik besitzen.

3.8 Die Einheit des Bewußtseins

Wirft man einen Blick in die Geschichte des Bewußtseinsbegriffs[41], dann lassen sich bei seinen historischen Vorläufern zwei semantische Grundlinien erkennen: die konkomitierende und die synthetisierende Funktion von Bewußtsein. Beide Bedeutungselemente spielen auch in der Gegenwartsdiskussion noch eine große Rolle. Die erste Funktion des Bewußtseins als einer Aktivität, die mentale Akte, Ereignisse und Zustände begleitet, indem sie höherstufige Zustände erzeugt, findet sich heute zum Beispiel in der Kognitionswissenschaft in Theorien der Metakognition wieder. In der Philosophie des Geistes taucht sie in Gestalt einer Vielzahl von Theorien über innere Wahrnehmung und Gedanken höherer Ordnung auf.[42] Dasselbe gilt für das klassische Problem der Einheit des Bewußtseins im Sinne einer synthetisierenden Leistung, die die verschiedenen Bewußtseinsinhalte oder Teile des Erlebnisstroms zu einer holistischen Einheit höchster Stufe verbindet. Es erscheint in der philosophischen Diskussion der Gegenwart als die Frage nach der Integration phänomenalen Gehalts,  in der empirischen Psychologie und in der Hirnforschung als das Bindungsproblem.[43] Genaugenommen stellt sich das Bindungsproblem jedoch auf einer großen Anzahl von Ebenen im System. Entsprechend betrifft die Frage nach der ganzheitlichen Natur phänomenalen Gehalts deshalb auch die beiden vorangegangen Punkte.

Unser Bewußtseinsraum hat - als Ganzer betrachtet - eine nicht zu leugnende holistische Qualität. Das bedeutet, daß die verschiedenen Formen von phänomenalem Gehalt, die in ihm aktiv sind, nicht in Elementbeziehungen zu der durch sie entstehenden Gesamtheit stehen, sondern in Teil-Ganzes-Beziehungen. Dieser Holismus phänomenaler Zustände ist eine ihrer höherstufigen Eigenschaften, genau wie ihre Transparenz, Perspektivität oder Präsenz. Die Einheit des Bewußtseins ist eine höchststufige Eigenschaft des jeweils aktiven phänomenalen Modells der Wirklichkeit. Die globale Einheit des Bewußtseins in diesem Sinne einer konkret erlebten Ganzheitsqualität höchster Stufe scheint die allgemeinste phänomenologische Eigenschaft des bewußten Erlebens überhaupt zu sein. Deshalb ist sie auf begrifflicher Ebene nur sehr schwer zu erfassen.

3.9 Bewußtsein als die Kernvariante des Leib-Seele-Problems

Das klassische Leib-Seele-Problem ist in der Diskussion nach dem zweiten Weltkrieg in eine Vielzahl von Varianten aufgefächert worden. Hier ist eine Auswahl solcher Varianten:

- Die nomologische Inkommensurabilität personaler und subpersonaler Beschreibungsebenen: Weil die logischen Subjekte der personalen und der subpersonalen Beschreibungsebene unterschiedlich sind, können wir keine detaillierten Kausalketten über diese Ebenen hinweg beschreiben. Deshalb gibt es auch keine gesetzesartigen Verallgemeinerungen, die Schritt für Schritt optimiert werden könnten, es gibt keine strengen (homonomen) psychophysischen Gesetze.

- Mentale Universalien: Eine philosophische Theorie des Geistes ist nur dann interessant, wenn sie uns über das Wesen bestimmter Typen von mentalen Zuständen aufklärt. Sie muß generelle Aussagen über Klassen solcher Zustände zulassen. Das philosophische Projekt besteht gerade in der Suche nach einer "universellen Psychologie". Nach allgemeiner Auffassung zeigt das Multirealisierbarkeits-Argument[44] jedoch, daß mentale Zustände prinzipiell durch eine breite Palette unterschiedlicher physischer Zustände physisch realisiert sein können (ähnlich wie ein und dasselbe Computerprogramm auf verschiedenen Rechnern laufen kann). Dann ist der generelle Physikalismus (type physicalism) falsch. Der partikulare Physikalismus (token physicalism) verbaut uns den Zugriff auf mentale Universalien.

- Das Liberalismus-Chauvinismus-Dilemma des klassischen Funktionalismus: Wenn wir mentale Zustände über ihre kausale Rolle individuieren, dann zeigt sich, daß die sich ergebenden Kriterien für die Zuschreibung solcher Zustände immer entweder zu streng oder zu liberal sind. Abstrakte Beschreibungen mentaler Zustände, wie sie zum Beispiel durch Programmlistings oder Turing-Maschinentafeln gegeben werden können, erfassen die Konkretheit, die Prozessualität und die Parallelität phänomenaler Zustände nicht.

- Mentale Verursachung: Nicht-reduktive Formen des Materialismus wie die Supervenienz-Theorie scheitern (genau wie die klassischen Formen des interaktionistischen Dualismus und des Epiphänomenalismus) daran, daß sie keine befriedigende Erklärung abwärtsgerichteter Verursachung durch mentale Zustände entwickeln können. Die starken Varianten kollabieren in eine reduktionistische Identitätstheorie, die schwachen Formen erfassen die Individuengebundenheit von Bewußtsein nicht mehr.

- Brentanos Problem: Viele mentale Zustände besitzen einen intentionalen Gehalt. Sie sind auf einen Teil der Welt gerichtet und enthalten ihn in einem mysteriösen Sinn ("mentale Inexistenz"). Es ist völlig unklar, wie diese Bezüglichkeit, die Tatsache, daß mentale Zustände eine Bedeutung besitzen, auf natürliche Relationen in der physikalischen Welt zurückgeführt werden könnte.

- Die Rationalität des Mentalen: Wie können Gründe Ursachen sein? Um an unsere eigene Vernünftigkeit und auch die Rationalität unserer Theorien über die Beziehung zwischen Leib und Seele glauben zu können, muß die Einsicht in Gründe eine kausale Rolle in unserem Verhalten spielen können. Beziehen sich Rationalitätszuschreibungen auf mentale Prozesse, oder nur auf extern beobachtbare Verhaltensmuster?

- Personale Identität: Gibt es scharfe Kriterien, anhand derer wir eine transtemporale Identität von Personen auszeichnen können? Gibt es eine sich in der zeitlichen Entwicklung durchhaltende Kerneigenschaft von solchen Systemen, denen wir die Eigenschaft der Personalität zuschreiben wollen?

- Parallelität versus Serialität: Was ist das Verhältnis von seriellen kognitiven Operationen mit symbolisch-propositionalem Gehalt zu subsymbolischen Vorgängen parallel-distribuierter Informationsverarbeitung auf der "mikrokognitiven" Ebene neuronaler Informationsverarbeitung?

- Subjektive versus objektive Zeit: Wie kann aus Einzelereignissen auf der physischen Ebene eine innere Zeitordnung entstehen? Was ist die Beziehung zwischen physikalischer und psychologischer Zeit?

- Theorieneutrale innere Gegebenheiten: Was ist der erkenntnistheoretische Status der Introspektion? Gibt es ein von allen sprachlichen Beschreibungen unabhängiges und nicht "theorieinfiziertes" Wissen über mentale Zustände? Was sind die Falsifikationsbedingungen bei der introspektiven Selbstzuschreibung psychologischer Eigenschaften? Gibt es eine erkenntnistheoretische Autorität des Subjekt bezüglich seiner eigenen Zustände?

Diese kleine Liste von Leib-Seele-Problemen ließe sich leicht fortsetzen. Vor allem könnte man die hier skizzierten Fragen im einzelnen noch wesentlich genauer differenzieren.[45] Sie zeigen aber bereits etwas anderes: Das Problem des Bewußtseins ist die Kernvariante des Leib-Seele-Problems. Und diese Variante des Problems hat schon Thomas Nagel in seinem klassischen Aufsatz aus dem Jahre 1974 als hoffnungslos bezeichnet, mit einem Satz, der seitdem häufig zitiert worden ist:

Ohne das Thema 'Bewußtsein' wäre das Leib-Seele-Problem weit weniger interessant. Mit dem Thema 'Bewußtsein' scheint es hoffnungslos zu sein.[46]

 Daß Nagel recht hat, sieht man ganz einfach daran, daß eine Lösung des Bewußtseinsproblems das Interesse der meisten Leute an den oben aufgelisteten Fragen sofort deutlich verringern würde. Wenn es eine empirisch, begrifflich und vor allem auch intuitiv überzeugende Theorie darüber gäbe, wie phänomenales Bewußtsein in seinem vollen Gehalt - also: unser eigenes bewußtes Erleben - ein Teil der natürlichen Welt sein kann, dann wären diese Fragen auf einmal nur noch technische Probleme für analytische Spezialisten oder für die Hirnforscher. Auf der anderen Seite ließe uns eine komplette und detaillierte Beantwortung all dieser Fragen unbefriedigt, wenn sie uns nicht sagt, was bewußtes Erleben ist. Bewußtes Erleben ist fast immer das, was wir eigentlich verstehen wollen. Es ist nicht nur die intuitive Wurzel, sondern auch die theoretische Kernvariante des Leib-Seele-Problems.

3.10 Aufbau einer Theorie phänomenalen Gehalts

Es geht allerdings nicht nur darum, einzelne Explananda zu isolieren, indem man sie möglichst präzise und differenziert beschreibt. Erforderlich ist auch, daß solche Analysen zukünftig in einen systematischen Gesamtzusammenhang gestellt werden. Was deshalb erarbeitet werden muß, ist eine generelle Theorie phänomenalen Gehalts, eine umfassende Theorie des bewußten Erlebens.

Eine solche Theorie müßte zunächst Abgrenzungskriterien für den Phänomenbereich des bewußten Erlebens liefern (dies war Brentanos Ausgangsproblem). Das betrifft in erster Linie die Unterscheidung zwischen bewußten und unbewußten mentalen Zuständen: Was genau ist es, das einen mentalen Zustand zu einem Inhalt des bewußten Erlebens macht? Auf welche Weise beeinflussen unbewußte mentale Zustände die Struktur und den expliziten Gehalt phänomenaler Zustände? Die empirische Forschung hat, besonders im Bereich der kognitiven Neuropsychologie, längst gezeigt, das die Unterscheidung zwischen „bewußt“ und „unbewußt“ keine einfache Alles-oder-Nichts-Unterscheidung ist.[47] Deshalb müßte eine Theorie phänomenalen Gehalts genauer untersuchen, was die Eigenschaft der „Phänomenalität“ ist. Ein zweiter wichtiger Punkt ist die Entwicklung von Zuschreibungskriterien für phänomenale Zustände: Unter welchen Bedingungen kann man davon ausgehen, das ein beliebiges System bewußte Erlebnisse besitzt?[48] Es geht also auch darum, empirisch plausible und pragmatisch befriedigende Kriterien für das  zu entwickeln, was unter erkenntnistheoretischer Perspektive das Other-Minds-Problem oder das Problem des Fremdpsychischen ist. Es mag durchaus sein, daß Beschreibungen phänomenaler Zustände mit Hilfe von Begriffen wie „Information“, „Repräsentation“ oder „Gehalt“ bald aufgegeben werden, etwa zugunsten des terminologischen Instrumentariums, das uns die nichtlineare Dynamik anbietet. Solange dies noch nicht der Fall ist, muß jede Theorie phänomenalen Gehalts - das ist ein dritter Punkt - auch die Beziehung dieser speziellen Form von Gehalt zu anderen Formen von Gehalt untersuchen. Das betrifft besonders den intentionalen und den unbewußten Gehalt mentaler Zustände.

Die empirische Bewußtseinsforschung nähert sich dem Problem des Bewußtseins auf einer Vielzahl von Beschreibungsebenen. Dadurch entsteht die Frage, welche dieser Beschreibungsebenen für eine an maximaler begrifflicher Präzision orientierte philosophische Theorie des Bewußtseins am interessantesten ist. Ich denke, was wir brauchen, sind letztlich mathematische Modelle der phänomenalen Ontologie des menschlichen Gehirns. Welche Wissenschaft liefert uns die besten abstrakten Beschreibungen der Struktur des phänomenalen Raums und der Dynamik phänomenaler Zustände? Lassen sich mathematische Modelle des neuronalen Korrelats von Bewußtsein auf interessante Weise mit den aus philosophischer Sicht relevanten theoretischen Entitäten verknüpfen? Diese Frage ist offen. Wenn es sich zum Beispiel zeigen sollte, daß sich die Struktur und die Dynamik unseres Bewußtseins unter einem durch Prinzipien der Zeitkodierung erweiterten konnektionistischen Ansatz plausibel beschreiben läßt, dann könnte man das von Thomas Nagel formulierte Projekt einer objektiven Phänomenologie  als eine „Neuroinformatik phänomenaler Zustände“ bezeichnen.

Die Hauptschwierigkeit bestünde hier darin, unscharfe mentale Universalien der Alltagsphänomenologie bzw. klassischer Theorien des Geistes auf sinnvolle Weise mit dem erst im Entstehen befindlichen Begriffsapparat einer (z.B. am Modell der Informationsverarbeitung orientierten) empirischen Psychologie zu verknüpfen. Das darüber hinausgehende philosophische Projekt einer universellen Theorie des Geistes verlangt sogar, daß "Bewußtsein" als eine mentale Universalie rekonstruiert wird. Der philosophische Traum besteht nämlich nicht nur in einer generellen, sondern auch in einer universellen Theorie des bewußten Erlebens. Das bedeutet, daß man über hardware- und speziesunabhängige Zuschreibungskriterien eine Theorie des Bewußtseins entwickelt, die eine Antwort auf die Frage gibt, was Bewußtsein bei allen möglichen Systemen, die diese Eigenschaft besitzen, zu Bewußtsein macht. Es könnte allerdings sein, daß genau dieses Projekt im Verlaufe einer Naturalisierung des Mentalen aufgegeben werden muß, weil die für die Klärung des Begriffs notwendigen "bottom-up-constraints" zu stark sind und uns deshalb in einen Anthropozentrismus verwickeln.

4. Die gegenwärtige Situation und die Beiträge des Bandes

Das Ziel der hier vorliegenden Textsammlung besteht unter anderem darin, einen auf hohem Niveau angelegten Querschnitt durch die aktuelle Debatte anzubieten.[49] Dabei habe ich eine Fokussierung auf Spezialthemen absichtlich vermieden und gleichzeitig versucht, den Leser mit den Mitteln zu versehen, seine eigenen Interessen nach der Lektüre effektiv weiter zu verfolgen. Die Beiträge des Bandes operieren deshalb - entsprechend den verschiedenen thematischen Bereichen der Diskussion - auf unterschiedlichen Ebenen der Abstraktion und mit verschiedenen Graden der Interdisziplinarität. Bei der Zusammenstellung der Texte für diese Sammlung wurde darauf geachtet, daß es sich um Beiträge handelt, welche wichtige und zukunftsweisende Hauptlinien der Gegenwartsdiskussion markieren. Außerdem habe ich ein großes Gewicht auf die Originalität der Beiträge gelegt. Mit Ausnahme des Aufsatzes von Peter Bieri, der hier zum ersten Mal in Buchform erscheint, handelt es sich ausschließlich um deutsche Erstveröffentlichungen. Die Arbeiten von Patricia Churchland, Owen Flanagan, Ned Block und Tyler Burge sind teilweise überarbeitete Versionen von Texten die zeitgleich oder kurz zuvor an anderer Stelle auf Englisch erschienen sind. Alle anderen Beiträge und insbesondere die Bibliographie am Ende sind ausschließlich für dieses Buch verfaßt worden. Die normalerweise an dieser Stelle übliche Darstellung des Inhalts und der Zielsetzung der einzelnen Aufsätze habe ich angesichts des großen Materialumfangs in die neun kurzen Einleitungen zu den thematischen Blöcken des Bandes verlegt. Dort findet sich dann jeweils auch ein knappe Auswahl von speziellen Literaturempfehlungen. Ich hoffe, daß dies der Übersichtlichkeit dient und den Benutzern die Arbeit mit dem Buch erleichtert.

 

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Revonsuo, A. (1994). In search of the science of consciousness. In A. Revonsuo & M. Kamppinen (1994)[eds], Consciousness in Philosophy and Cognitive Neuroscience. Hillsdale, NJ: Lawrence Erlbaum Associates.

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Ryle, G. (1949). The Concept of Mind. Hammondsworth: Penguin Books. Deutsch (1969): Der Begriff des Geistes. Stuttgart: Reclam.

Sachs-Hombach, K. (1993). Philosophische Psychologie im 19. Jahrhundert. Entstehung und Problemgeschichte. Freiburg und München: Karl Alber.

Scott, A. (1995). Stairway to the Mind. The Controversial New Science of Consciousness.  New York & Berlin: Springer.

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Velmans, M. (im Druck)[ed]. The Science of Consciousness: Psychological, Neuropsychological, and Clinical Reviews. London: Routledge.

Williams, B. (1988). Descartes - Das Vorhaben der reinen philosophischen Untersuchung. Frankfurt am Main: Athenäum.



[1] Eine Auswahl solcher Bücher findet sich in Sektion 1.3 der Bibliographie im Anhang dieses Bandes.

[2] Vgl. Penrose 1995: 7ff. Wichtige weitere Texte zu der Debatte um eine eigene Bewußtseinswissenschaft sind Baars 1988, Baars 1996, Chalmers 1996, Flanagan 1992: 213ff, Revonsuo 1994: 249ff, die Textsammlung von Hameroff et al. 1996 und die fortlaufende Diskussion in Anschluß an Chalmers 1995. Vgl. auch Scott 1995 und Velmans im Druck.

[3] Bezüglich skeptischer Überlegungen zu diesem Punkt vgl. die im zweiten Teil dieses Bandes zusammengestellten Texte von Kathy Wilkes, Martin Kurthen und David Papineau.

[4] In der neueren Diskussion hat niemand diesen Punkt so deutlich gesehen und hervorgehoben wie Thomas Nagel. Vgl. Nagel 1992; dazu auch 1984 und 1991.

[5]  Vgl. Flanagan 1992: Kapitel 11.

[6] Wieder ist es Thomas Nagel, dessen Verdienst es ist, diesen Punkt in einem ungünstigen ideologischen Klima sehr deutlich hervorgehoben hat, zuerst in Nagel 1974 (deutsch 1981). Vgl. auch Nagel 1984, 1992 und die in Sektion 3.7 der Bibliographie zusammengestellten Texte. Zur Kritik der Annahme perspektivischer "Erste-Person-Fakten" vgl. Lycan 1987: Kapitel 2, Malcolm 1988, Metzinger 1993: Kapitel 4 & 5,  Metzinger 1995.

[7] Vgl. Nagel 1974.

[8] Andere häufig verwendete Ausdrücke sind qualia, secondary qualities, sensory qualities, subjective qualities of experience, experiential properties oder the subjective character of experience. Vgl. z.B. Kirk 1994 und Clark 1992.

[9] Eine speziell auf die philosophische Problematik zugeschnittene Einführung bietet Hardin 1988.

[10] Zum Begriff der „semantischen Transparenz“ vgl. Metzinger 1993, van Gulick 1988a, b.

[11] Vgl. z.B. Bieri 1981: 206. Eine Einschränkung dieses Prinzips nimmt Tyler Burge in seinem hier abgedruckten Beitrag vor.

[12] Vgl. Frank 1991.

[13] Vgl. Nagel 1986: 61.

[14]  Vgl. Nagel 1992: 99.

[15] Vgl. dazu den Beitrag von Eva Ruhnau im dritten Teil dieses Bandes und die in der Einleitung zu diesem Teil gegebenen Literaturhinweise.

[16] Eine gute Einführung in die empirische Seite der Problematik findet sich in Pöppel 1987, vgl. auch Pöppel 1978.

[17] Vgl. Penfield 1975.

[18] Das muß nicht so sein, denn es gibt auch Träume, in denen wir ein kritisches Verhältnis zur phänomenalen Realität entwickeln, sogenannte "luzide Träume". Weitere Literaturverweise zum Phänomen des luziden Traums finden sich in der Einleitung zum siebten Teil dieses Bandes und in Metzinger 1993. Bezüglich der Bedeutung von Träumen für die Philosophie des Bewußtseins im allgemeinen verweise ich den Leser auf den Beitrag von Owen Flanagan in diesem Teil.

[19] Vgl. Anton 1899, Benson & Greenberg 1969.

[20] Bezüglich des Niedergangs introspektionistischer Forschungsprogramme vgl. Lyons 1986.

[21] Vgl. Brentano 1973[1874]: 124f.

[22] Vgl. hierzu Rosenthal 1986, 1993; bezüglich Rosenthals eigener Theorie des Bewußtseins siehe Rosenthal 1996 sowie seinen Beitrag im sechsten Teil dieses Bandes.

[23]  Vgl. Dretske im Druck.

[24]  Das gilt zum Beispiel für die von Lycan als banana-peel-Fehlschluß bezeichnete Form einer Akt-Objekt-Äquivokation, die er in seiner Kritik an Nagels Begriff des „objektiven Selbst“ und auch Kripkes essentialistischem Argument gegen die Identitätstheorie diagnostiziert. Vgl. Lycan 1987: 79f & 17, Nagel 1992, Kripke 1972.

[25]  Vgl hierzu wieder Dretske im Druck.

[26] Zum Begriff der „Supervenienz“ vgl. Kim 1993.

[27]  Vgl. hierzu den Text von Peter Bieri im ersten Teil.

[28]  Vgl. hierzu Campbell 1970, Kirk 1974 sowie einige der in den Sektionen 3.2 und 3.8 aufgeführten Texte.

[29]  Vgl. Chalmers 1996.

[30] Vgl. Shoemaker 1975, Block & Fodor 1972, Block 1980a, b, den Text von David Chalmers im fünften Teil dieses Bandes und die Literaturhinweise in Sektion 3.8 der Bibliographie.

[31] Vgl. Lycan 1973, Shoemaker 1982, Block 1990, Horgan 1984, Hardin 1996, Nida-Rümelin 1995, den Text von David Chalmers im fünften Teil und die Literaturhinweise in Sektion 3.8 der Bibliographie.

[32] Vgl. Williams 1988.

[33] Vgl. Ryle 1949.

[34] Vgl. hierzu McGinn 1989 und, aus anderen Perspektiven, die Texte des zweiten Teils

[35] Vgl. hierzu Jackson 1982, Nagel 1974, die in diesem band abgedruckten Texte von Nida-Rümelin, Lycan, Papineau sowie die in der Einleitung zum vierten Teil sowie in Sektion 3.7 der Bibliographie gegebenen Literaturhinweise.

[36]  Vgl. Kripke 1972, 1977. Kripke hatte dort argumentiert, daß psychophysische Identitätsthesen, die auf beiden Seiten der Aussage starre Designatoren wie „mein Blauerlebnis vom Typ P“ und „mein Hirnzustand vom Typ X“ einsetzen, falsch sein müssen, da Identität in diesem Sinne eine notwendige Identität ist, die in allen logisch möglichen Welten besteht. Da wir uns jedoch alle vorstellen können, den betreffenden mentalen Zustand - z.B. das Quale von Pantone Blue 72 - zu besitzen, ohne uns in dem fraglichen Hirnzustand zu befinden, handelt es sich hierbei höchstens um kontingente Identitätsaussagen und deshalb in diesem Sinne um falsche Identitätsaussagen.

[37]  Die Texte von David Papineau und Robert Kirk in diesem Band sind Versuche, einen Beitrag zur Schliessung dieser Lücke zu leisten.

[38] Das hat Robert van Gulick in seinem Beitrag zu diesem Band getan.

[39]  Zur Frage der Unaussprechlichkeit phänomenalen Gehalts verweise ich auf den Beitrag von Diana Raffman in diesem Band.

[40]  Vgl. hierzu den Beitrag von Thomas Metzinger in diesem Band.

[41]  In der Tat entstehen viele der nicht-trivialen Mißverständnisse in der aktuellen Diskussion genau dadurch, daß die lange Geschichte des Begriffs „Bewußtsein“ so ungemein reichhaltig und voll von semantischer Komplexität ist: Das Problem des Bewußtseins ist nicht nur das größte persistierende Problem auf dem Weg zu einem vollständigen naturwissenschaftlichen Bild der Welt, sondern auch deshalb so hartnäckig, weil es aus einem unüberschaubaren Geflecht historisch-kultureller Wurzeln erwächst. Ich verzichte deshalb in dieser Einleitung absichtlich auf eine historische Darstellung der Entwicklung des modernen Bewußtseinsbegriffs. Eine solche begriffsgeschichtliche Darstellung könnte an dieser Stelle schon allein aus Platzgründen nur weniger als eine grobe Skizze sein. Reichhaltige Literaturhinweise zur Begriffsgeschichte von „Bewußtsein“ in Philosophie und Psychologie finden sich bei Diemer 1971, Grauman 1966,  Güzeldere 1995a, 1995b und Sachs-Hombach 1994.

[42]  Vgl. hierzu die Texte im sechsten Teil dieses Bandes und die in der Einleitung zu diesem Teil gegebenen Literaturhinweise.

[43] Vgl. hierzu den Beitrag von Thomas Metzinger im siebten Teil.

[44]  Vgl. Putnam 1967.

[45] Vgl. Metzinger 1985, 1990, 1991.

[46] Vgl. Nagel 1974: 261.

[47]  Siehe etwa Kihlstrom 1993.

[48] Vgl. zu dieser Frage den Text von Dieter Birnbacher am Ende dieses Bandes.

[49] Eine ausgezeichnete Zusammenstellung kanonischer Texte der neueren angelsächsischen Debatte findet sich in Block et al. 1996. Einen guten Überblick über den aktuellen Stand und die Hauptlinien der deutschen Binnendiskussion vermittelt der von Sybille Krämer herausgegebene Sammelband; vgl. Krämer 1996. Zwei wichtige interdisziplinär ausgerichtete Textsammlungen sind Marcel & Bisiach 1988 sowie Davies & Humphreys 1993. Weitere Textsammlungen sind unter den Abschnitten 2.1 bis 2.3 der Bibliographie am Ende dieses Bandes aufgeführt.