Nervenzellen

 

Nervensysteme bei Wirbellosen (Plathelminthen, Nemathelminthen, Anneliden, Crustaceen, Insekten...)

Aufbau des ZNS (Zentralnervensystems) bei Wirbeltieren.

 

Nervensystem aus einzelnen Zellen, Neuronen aufgebaut. Erst seit ca. 1880 allgemein akzeptiert. (Obwohl die Zelltheorie von Theodor Schwann bereits 1839 formuliert war, galt sie nicht für das Nervensystem).

Aufbau aus einzelnen Nervenzellen schwer nachzuweisen. Erfordert spezielle Färbemethoden und gute Mikroskope.

 

Erste Darstellungen von Nervenzellen (1838) von Jan Purkinje (Prag).

Entscheidender Fortschritt:

Zufallsentdeckung von Camillo Golgi (1843-1926; Pavia):

Metallsalze, vor allem Silbernitrat, färben einzelne Neuronen und zwar vollständig bis in die kleinsten Verästelungen hinein.

Verbesserung und intensive Anwendung durch Santiago Ramón y Cajal (1852-1936; Barcelona).

Die Golgi-Färbungen zeigen, daß Nervensysteme aus einzelnen Zellen bestehen. Unklar war damals, wie die Erregung von einer Zelle auf die andere übertragen wird.

1906 Nobelpreis an Golgi und Cajal.
 

Soma, Dendriten, Axon, Axonterminalien, Synapsen

Synapsen sind im Lichtmikroskop nicht zu sehen (erfordern Elektronenmikroskop).

 


 

Nervenpotentiale

 

Schon seit dem Altertum bekannt: Stark elektrische Fische (Zitterrochen)

Elektrische Organe

Schwach elektrische Fische (siehe Tierphys. Kurs):

Elektrische Felder; Ortung; Kommunikation

 

Beispiel: Motoneuron aus dem Rückenmark

 

Intrazelluläre Ableitung von einer Nervenzelle.


Ruhepotential
(-60 mV bis -75 mV, je nach Zelltyp; Innen gegen Au
ßen gemessen).

Tabelle der Ionenkonzentrationen innerhalb und außerhalb der Zelle.

Die Ursache der elektrischen Potentiale ist die ungleiche Ionenverteilung (hervorgerufen durch die Na+/K+Pumpe) und die Diffusion von Ionen durch die Zellmembran. (Man spricht vom Ruhepotential auch von Digffusionspotential).

Im Ruhezustand ist die Membran einer Nervenzelle im wesentlichen nur für K+ Ionen permeabel. Hierfür sind K+Ionenkanäle verantwortlich, die ständig geöffnet sind. Wegen des hohen Konzentrationsgefälles von Innen nach Außen, werden K+Ionen ihrem Konzentrationsgradienten folgen und nach außen diffundieren. Da die K+Ionen eine positive Ladung mit sich tragen, die negativen großen Anionen aber in der Zelle verbleiben, werden sich negative Ladungen auf der Innenseite der Zellmembran anlagern, und positive Ladungen an der Außenseite. Es entsteht dadurch ein elektrisches Feld, das dem weiteren Zustrom positiver Ladungen entgegensteht und diesen verhindert. Somit stellt sich ein Gleichgewichtszustand ein.

Das Ruhepotential entspricht dem Gleichgewichtspotential für Kalium-Ionen.

Welche Kräfte sind im Gleichgewicht?

1.) Chemische Kraft wegen der Konzentrationsdifferenz

2.) Elektrische Kraft wegen der Tatsache, daß es sich um Ionen handelt.

Im Gleichgewicht sind beide Kräfte gleich groß. Daraus folgt die Herleitung der Nernst’schen Gleichung.

Berechnung des Ruhepotentials V nach der Nernst’schen Gleichung:


V = (RT/zF)ln(Ka/Ki) (Einheit: mVolt)


       mit: R = allgemeine Gaskonstante = 8,3136 (Joule/(K* mol))
             T = absolute Temperatur (°K), z.B. 293 für 20 °C
             z  = Wertigkeit des Ions, z.B. 1 für K+

             F = Faradaykonstante = 96534 (Coulomb/mol)

damit ergibt sich für RT/zF für 293 °K ein Wert von 25 mV (Joule/Coulomb = Volt).
Für Konzentrationen von Kalium von 100 Innen und 10 Außen ergibt die Nernstsche Gleichung:
    V = 25 * 2,3*(log 10 - log100) = -58 mV.


Herleitung der Nernst'schen Gleichung:
Um die elektromotorische Kraft zu bestimmen fragt man: Wie groß ist die freie Energie, die man aufwenden muß, um 1 mol eines Ions der Wertigkeit z gegen eine Spannung von 1 V zu transportieren? Diese Energie ist G = z*F*V
Um die osmotische (chemische) Kraft zu bestimmen, fragt man:  Wie groß ist die Energie, die man aufwenden muß, um z.B. 1 mol auf 10 mol zu verdichten? Diese Energie ist G = RT ln (Konz. außen/ Konz. innen). (Dies ist analog der Arbeit, die man aufwenden muß, um ein Gas von einem Volumen auf ein kleineres zu verdichten. R und T kommen aus der allgemeinen Gasgleichung )
Sind beide Kräfte gleich groß, ergibt sich: V = RT/zF (ln ...). siehe oben.


Im Ruhepotential ordnen sich positive Ladungen außen und negative Ladungen innen an der Membran wie an einem Kondensator an. Die Anzahl dieser Ladungen ist äußerst gering und beträgt nur ca. 1/100.000 aller Ladungen im Inneren der Zelle.


Riesenaxone von Tintenfischen (Loligo vulgaris)

Durchmesser besonders groß; schnelle Geschwindigkeit der Signalübertragung (siehe unten); Funktion: Fluchtreflexe

Eingeführt in die Neurobiologie von J.Z. Young; erste Messungen von K.S. Cole.

Aufklärung der Ionenströme im Ruhe- und Aktionspotential im wesentlichen von A. Hodgkin und A. Huxley (Nobelpreis 1963).

 

Messung des Ruhepotentials bei variabler Konzentration von Kaliumionen im Außenmedium zeigt, daß bei geringer K+Konzentration im Außenmedium das Potential nicht so negativ ist, wie nach der Nernst'schen Gleichung zu erwarten. D.h. in diesem Fall lecken Na+Ionen durch die Membran und leisten einen Beitrag zum Ruhepotential.

 

Eine vollständige Beschreibung des Ruhepotentials liefert deshalb die

Goldmann’sche Gleichung.

In diese Gleichung gehen alle beweglichen Ionenarten ein. Die Konzentration der Ionen (K+, Na+, Cl-) wird hier durch die Permeabilität der Membran P für die jeweilige Ionenart gewichtet. Das Verhältnis von PK+ : PNa+ : PCl- beträgt 1: 0,03 : 0,1.

 


Aktionspotentiale

(auf Axonen); Dauer: 1-2 msec; Form und Amplitude konstant; Alles-oder Nichts.

Messung: intrazellulär oder extrazellulär (bestimmt die Form der Spannungsänderung)

Kathodenstrahloszilloskop (Vorteil: schnelle Spannungsänderungen sind meßbar; Nachteil: relativ unempfindlich, benötigt gute Verstärker)

 

Depolarisation der Membran bewirkt eine erhöhte Permeabilität für Na+ und K+ durch Aktivierung spannungsabhängiger Na und K-Kanäle.

Dabei erhöht sich die Permeabilität für Na+ auf das 500 fache (von 0,03 auf 15).
 

Die Änderung der Leitfähigkeiten für beide Ionenarten wurde von Hodgkin und Huxley in voltage-clamp-Experimenten gemessen. Dabei wird die Spannung vorgegeben und während des Aktionspotentials konstant gehalten. Der Strom, der dabei zugeführt werden muß, wird gemessen. (Ohm’sches Gesetz)

 

Ionenkanäle lassen sich selektiv inaktivieren (TTX: Tetrododoxin (Gift von Kugelfischen) blockiert Na+-Kanäle; TEA blockert K+-Kanäle) und damit läßt sich der Beitrag der einzelnen Ionensorten getrennt bestimmen.

Schneller, kurzfristiger Einstrom von Na-Ionen, gefolgt von Ausstrom von K-Ionen, der so lange anhält, bis das Ruhepotential wieder erreicht ist.


Na+/K+ -Pumpe:
Transportiert unter Energieverbrauch (ATP) 3 Na+ nach außen und 2  K+  nach Innen und verhindert so eine langfristige Zunahme der Na+-Konzentration im Zellinneren. 


Patch-clamp-Technik:
erlaubt, kleinste Ionenströme (pA-Bereich) zu messen, die z.B. durch einzelne Ionenkanäle fließen. Voraussetzung: hochohmiger Widerstand (Giga-Ohm-Bereich) zwischen Pipettenspitze und Zellmambran (sog. Giga-seal).
Erfunden von Bert Sakmann und Erwin Neher (Göttingen), Nobelpreis 1991.


Fortleitung von Aktionspotentialen:
Voraussetzung: Depolarisation der Membran über einen bestimmten Schwellenwert hinaus.

Das Aktionspotential an einer Stelle des Axons bewirkt lokale Aktionsströme, die auch in der Umgebung eine Depolarisation bewirken. Die Stärke der Depolarisation ist vom Abstand abhängig und fällt mit einer e-Funktion ab.  Die Stecke x, bei der die Spannung um 1/e abgefallen ist, heißt Längenkonstante. Sie ist umso größer, je größer der Widerstand Rm über der Zellmembran, und je kleiner der Innen-Widerstand Ri im Axon ist. Der Innenwiderstand läßt sich durch Vergrößerung des Faserdurchmessers verkleinern; der Membranwiderstand durch eine Erhöhung des spezifischen Widerstandes (durch Myelin) vergrößern.

Je größer die Längenkonstante, in umso größerem Abstand ist das Schwellenpotential für die Auslösung eines Aktionspotentials erreicht und umso größer ist die Geschwindigkeit, mit der Aktionspotentiale über das Axon laufen.
Wirbellose können die Leitungsgeschwindigkeit nur über eine Vergrößerung des Faserdurchmessers erreichen.
Wirbeltiere zusätzlich durch Myelinscheiden (gebildet durch Gliazellen: Schwann'sche Zellen oder Oligodendrozyten).
Aktionspotentiale entstehen nur in den Ranvier'schen Schnürringen (nur dort Na+-Kanäle): Saltatorische Erregungsleitung


Fortleitung im Normalfall nur in einer Richtung wegen der Refraktärphasen (Na-Kanäle können für 1-2 msec nach dem Aktionspotential nicht wieder geöffnet werden).  (Aber: bei künstlicher Depolarisation in der Mitte des Axons in beide Richtungen).