Im Zimmer drinnen ist's so schwül;Theodor Storm: Gedichte
Der Kranke liegt auf dem heißen Pfühl.Im Fieber hat er die Nacht verbracht;
Sein Herz ist müde, sein Auge verwacht.Er lauscht auf der Stunden rinnenden Sand;
Er hält die Uhr in der weißen Hand.Er zählt die Schläge, die sie pickt,
Er forschet, wie der Weiser rückt;Es fragt ihn, ob er noch leb' vielleicht,
Wenn der Weiser die schwarze Drei erreicht.Die Wartfrau sitzt geduldig dabei,
Harrend, bis alles vorüber sei. -Schon auf dem Herzen drückt ihn der Tod;
Und draußen dämmert das Morgenrot.An die Fenster klettert der Frühlingstag.
Mädchen und Vögel werden wach.Die Erde lacht in Liebesschein,
Pfingstglocken läuten das Brautfest ein;Singende Bursche ziehn übers Feld
Hinein in die blühende, klingende Welt. -Und immer stiller wird es drin;
Die Alte tritt zum Kranken hin.Der hat die Hände gefaltet dicht;
Sie zieht ihm das Laken übers Gesicht.Dann geht sie fort. Stumm wird's und leer;
Und drinnen wacht kein Auge mehr.