[JoGu]

Kryptologie

H. Rider Haggard: Colonel Quaritch

A Tale of Country life

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Steganographisch relevanter Auszug

[Deutsche Übersetzung K. P.]


[Personen:

de la Molle, Gutsbesitzer (Squire),
Ida de la Molle, seine Tochter,
Harold Quaritch, der Colonel, neu zugezogener Nachbar und in Ida verliebt.]

Kapitel II: Der Colonel trifft den Squire

[...]

»[...] Seltsamer Platz hier, nicht wahr? [...] Dead Man's Mount nennen ihn die Einwohner dieser Gegend, und genau so nannten sie ihn zur Zeit der Eroberung, wie ich Ihnen anhand von alten Aufzeichnungen beweisen kann. Ich habe ihn immer für einen Grabhügel gehalten, aber in den letzten Jahren hat ein Haufen schlauer Leute geschworen, es sei eine antike britische Wohnstätte, als ob die alten Briten, oder auch sonst irgendwer, in so einem Matschloch hätten hausen können. [...]«

[...]

Kapitel III: Die Geschichte von Sir James de la Molle

[...]

Nachdem die Unterhaltung diese Wendung genommen hatte und das Dinner, welches ein schlichtes war, weiterging, reichte der alte Squire [ein] Stück Silberzeug an Harold Quaritch zur Prüfung.

»Das ist bemerkenswert«, sagte er, »haben Sie viel davon, Mr. de la Molle?«

»Nein«, sagte dieser; »ich wünschte, es wäre so. Es ist alles seit der Zeit von Charles dem Ersten verschwunden.«

»Eingeschmolzen, nehme ich an«, sagte der Colonel.

»Nein, das ist ja das Seltsame daran. Ich glaube es nicht. Es wurde irgendwo versteckt -- ich weiß nicht wo; oder vielleicht wurde es zu Geld gemacht und das Geld versteckt. Aber ich werde Ihnen, wenn Sie wollen, die Geschichte nach dem Dinner erzählen.«

Nachdem die Bediensteten das Tischtuch entfernt und nach alter Sitte den Wein auf das blanke Holz gestellt hatten, erfüllte der Squire sein Versprechen und begann mit der Geschichte, die hier in wesentlichen Teilen wiedergegeben wird.

»Zur Zeit von James I. war die Familie de la Molle auf dem Gipfel ihres Wohlstandes, zumindest was die Besitzverhältnisse betrifft. Über mehrere Generationen hatten die Vertreter der Familie sich von der aktiven Beteiligung an öffentlichen Aufgaben fern gehalten, und da sie hier auf ihren Ländereien, die damals sehr umfangreich waren, billig lebten, hatten sie ein Vermögen angehäuft, das für die damalige Zeit als riesig gelten konnte. So hinterließ Sir Stephen de la Molle, der Großvater von Sir James, der zur Zeit von James I. lebte, seinem Sohn, der ebenfalls Stephen hieß, eine Summe von nicht weniger als dreiundzwanzigtausend Pfund in Gold. Dieser letztere Stephen war ein schrecklicher Geizhals, und die Überlieferung sagt, dass er diese Summe in seiner Lebensspanne verdreifachte. Jedenfalls starb er reich wie Krösus, wurde aber von seinen Pächtern ebenso wie von der Landbevölkerung verabscheut, wie es nicht ausbleiben kann, wenn ein Mann von seiner Herkunft und Bedeutung sich selbst durch Wucherpraktiken erniedrigt, wie es dieser Sir Stephen zweifellos getan hatte.

»Mit dem nächsten Erben, Sir James, scheint allerdings der alte Geist der de la Molles wieder aufgelebt zu sein, obwohl es ziemlich sicher ist, dass auch er alles andere als ein Verschwender war, sondern im Gegenteil ein bedächtiger Mann, wenn auch einer, der sich seinem Stande gemäß benahm und sich hütete, seine Finger durch solch niederträchtiges Benehmen zu beschmutzen, wie es seinem Onkel zu tun gefallen hatte. Er ging zum Hof des Königs und wurde, vielleicht aufgrund seines Vermögens, ein enger Vertrauter von James I., dem er sehr ergeben war und von dem er den Titel eines Baronets erhielt. In der Tat ist der beste Beweis für seine Ergebenheit, dass er bei zwei Gelegenheiten dem König größere Geldsummen lieh, die niemals zurückgezahlt wurden. Mit der Thronbesteigung von Charles I. verließ Sir James allerdings den Hof unter Umständen, die niemals ganz aufgeklärt wurden. Man sagte, dass er unter einer spürbaren Herabsetzung litt, die ihm zuteil wurde, und ziemlich barsch das Geld zurückforderte, das er James geliehen hatte. Daraufhin beglückwünschte ihn der König mit beißendem Sarkasmus, dass der Geist seines Onkels Sir Stephen de la Molle, dessen Name immer noch ein Schimpfwort im Lande war, in der Familie offenbar überlebt habe. Sir James erbleichte vor Wut, verbeugte sich, verließ wortlos den Hof und kehrte nie mehr zurück.

»Die Jahre gingen ins Land, und der Bürgerkrieg erreichte seinen Gipfel. Sir James hatte sich bis dahin standhaft geweigert, sich irgendwie daran zu beteiligen. Er hatte niemals die Schmach vergessen, die ihm der König angetan hatte, denn er war ein sturer Mensch wie die meisten seines Stammes, denen man nachsagte, dass sie niemals ein Unrecht vergaben und niemals eine Gefälligkeit vergaßen. Daher fiel es ihm nicht ein, für die Sache des Königs einen Finger zu rühren. Aber noch weniger hätte er die Rundköpfe unterstützt, die ihm zutiefst verhasst waren. So verging die Zeit, bis Charles schließlich in große Bedrängnis geriet und sich dazu durchrang, einen Brief an diesen Sir James zu schreiben und ihn um Hilfe und vor allem um Geld anzuflehen, da er dessen großes Vermögen und seinen Einfluss kannte.

»>Wie Wir hören<, schrieb der König in seinem Brief, >bleibt Sir James de la Molle, der einst Unserer Person und mehr noch dem verstorbenen König, Unserem seligen Vater, sehr ergeben war, untätig und sieht zu, wie das blutige Ringen immer ärger wird, ohne eine Hand zu rühren. [...] Daher erflehen Wir von ihm unverzügliche Unterstützung durch Leute und Geld, von welchem er, wie man hört, in Fülle hat. Dieser Brief ist Beweis Unserer dringenden Not.<

»Dies war, soweit ich mich erinnern kann, der wirkliche Wortlaut des Briefes, der in des Königs eigener Hand geschrieben war und sehr deutlich ausdrückte, wie arg es um ihn bestellt war. Als Sir James den Brief las, so wird erzählt, sei er zutiefst ergriffen gewesen, habe seine Kränkung vergessen, ein Blatt genommen und eilig das folgende geschrieben; ich kann das bezeugen, denn ich habe den Brief im Museum gesehen. >Mein Lehnsherr, -- die Vergangenheit will ich nicht mehr erwähnen. Sie ist vergangen. Aber da es Ihrer Majestät in Ihrer Gnade gefallen hat, meine Hilfe gegen die Rebellen zu erbitten, die Ihren Thron stürzen wollen, versichere ich Ihnen, dass all mein Besitz Ihrer Majestät Befehl untersteht, bis zu der Zeit, in der Ihre Feinde niedergeschlagen sind. Es hat der Vorsehung gefallen, mein Vermögen gedeihen zu lassen, und so musste ich es an einem sicheren Ort verstecken, bis diese Zeiten vorüber sind, eine ziemlich große Summe in Gold, von der ich sofort zehntausend Goldstücke Ihrer Majestät zur Verfügung stelle, sobald ein sicherer Weg gefunden ist, dieselben zu überbringen, denn lieber stürbe ich, als diesen großen Geldbetrag in die Hände der Rebellen fallen zu lassen und deren ruchlose Absichten zu fördern.<

»[...]

»Und jetzt kommt der entscheidende Punkt der Geschichte. Der Bote wurde gefangen und Sir James' unvorsichtiger Brief in seinem Stiefel gefunden, mit der Folge, dass jener sich innerhalb von zehn Tagen von fünfhundert Rundköpfen unter dem Kommando eines gewissen Colonel Playfair umzingelt fand. Das Schloss war für eine Belagerung schlecht ausgerüstet, und schließlich wurde Sir James durch schieres Aushungern zur Kapitulation gezwungen. Kaum war Colonel Playfair eingedrungen, ließ er seinen Gefangenen vorführen und präsentierte vor Sir James' Augen zu dessen Bestürzung den Brief an den König.

»>Nun, Sir James<, sagte er, >wir haben den Bienenschwarm, und ich muss Sie bitten, uns zum Honig zu führen. Wo sind diese großen Reichtümer, von denen Sie hier schreiben? Nur zu gern würde ich die zehntausend Goldstücke anfassen, die Sie so sorgfältig versteckt haben.<

»>Wohl habt Ihr<, antwortete der alte Sir James, >die Bienen, aber das Geheimnis des Honigs kennt Ihr nicht, und Ihr werdet es auch nie erfahren. Die zehntausend Goldstücke sind, wo sie sind, und dort ist noch viel mehr. Finden Sie's, wenn Sie können, Colonel, und nehmen Sie's, wenn Sie können.<

»>Ich werde es morgen finden, sobald es hell wird, sonst -- sonst sterben Sie.<

»>Ich muss sterben -- wie alle Menschen sterben müssen, Colonel, aber wenn ich sterbe, stirbt mein Geheimnis mit mir.<

»>Das werden wir ja sehen<, antwortete der Colonel grimmig, und der alte Sir James wurde in eine Zelle abgeführt und dort bei Wasser und Brot gefangen gehalten. Doch starb er nicht am nächsten Tag, auch nicht am übernächsten, und noch nicht einmal in einer Woche.

»Jeden Tag wurde er vor den Colonel geführt und unter Androhung des sofortigen Todes gefragt, wo der Schatz sei, und ihm wurde nicht gestattet, in der Zwischenzeit durch Wort oder Zeichen irgend jemandem eine Mitteilung zu machen außer den Führern der Rebellen. Und jeden Tag weigerte er sich aufs neue, bis schließlich die Inquisitoren mit ihrer Geduld am Ende waren und ihm offen androhten, er würde beim nächsten Morgengrauen erschossen, wenn er das Geheimnis nicht preisgäbe.

»Der alte Sir James lachte nur und sagte, sie sollten ihn ruhig erschießen, aber wenn er sie durch seine Schätze bereichern würde, würde er seine Seele dem Teufel überschreiben, und dann bat er, ihm seine Bibel zu bringen, damit er darin lesen und sich auf den Tod vorbereiten könne.

»Sie gaben ihm die Bibel und ließen ihn damit allein. Beim nächsten Morgengrauen führte ihn ein Trupp von Rundköpfen in den Hof des Schlosses, wo Colonel Playfair und seine Offiziere warteten.

»>Nun, Sir James, zum letzten Mal<, sagte der Rundkopf, >wollen Sie uns offenbaren, wo der Schatz liegt, oder wollen Sie lieber sterben?<

»>Ich werde es nicht offenbaren<, antwortete der alte Mann, >ermordet mich, wenn Ihr wollt. Diese Tat ist der Heiligen Presbyterianer würdig. Ich habe gesprochen, und mein Wille ist unbeugsam.<

»>Bedenken Sie sich<, sagte der Colonel.

»>Ich habe mich bedacht<, antwortete er, >und ich bin bereit. Erschlagt mich und sucht den Schatz. Aber um eines bitte ich noch. Mein junger Sohn ist nicht hier. Er ist die letzten drei Jahre in Frankreich gewesen und weiß nichts darüber, wo ich das Gold versteckt habe. Überbringt ihm diese Bibel, wenn ich tot bin. Nein, durchsucht sie erst Seite für Seite. Es ist nichts darin, außer was ich hier auf diese letzte Seite geschrieben habe. Das ist alles, was ich hinterlasse.<

»>Das Buch soll durchsucht werden<, antwortete der Colonel, >und wenn nichts darin gefunden wird, soll es ihm überbracht werden. Und jetzt, Sir James, beschwöre ich Sie in Gottes Namen: Lassen Sie nicht die Habgier zwischen Ihnen und Ihrem Leben stehen. Ich mache Ihnen ein letztes Angebot. Offenbaren Sie uns wenigstens die zehntausend Pfund, von denen Sie in diesem Schreiben sprechen<, und dabei hielt er den Brief an den König hoch, >und Sie sollen frei sein -- weigern Sie sich aber, so sterben Sie.<

»>Ich weigere mich<, antwortete er.

»>Musketiere, fertig!<, rief der Colonel, und der Trupp trat einen Schritt vor.

»In diesem Moment erhob sich jedoch ein sehr heftiger Windstoß und mit ihm kam ein so starker Wolkenbruch, dass die Hinrichtung eine Weile verzögert wurde. Als das vorüberging, schien das wilde Licht des Novembermorgens vom Himmel und beleuchtete den Verurteilten, wie er im Gebet auf dem durchweichten Boden kniete, während das Wasser aus seinem weißen Haar und Bart troff.

»Sie hießen ihn aufzustehen, aber er folgte nicht und betete weiter. So erschossen sie ihn kniend.«

»Nun«, sagte Colonel Quaritch, »jedenfalls starb er als wackerer Edelmann.«

[...]

Kapitel IV: Das Ende der Erzählung

[...]

»Nun, möchten Sie das Ende der Geschichte von Sir James und seinem Schatz hören?«

»Aber sicher; es interessiert mich sehr.«

»Es fasziniert mich sogar«, sagte Ida mit Nachdruck.

»Dann hören Sie meiner Erzählung weiter zu. Nachdem sie Sir James erschossen hatten, nahmen sie ihm die Bibel weg, aber ob Colonel Playfair diese wirklich an den Sohn in Frankreich schickte oder nicht, ist unbekannt.

»Die Geschichte ist historisch überliefert, und, wie mein Vater sagte, ist es verbürgt, dass er nur darum bat, die Bibel zu überbringen, und sonst nichts. Der genannte Sohn, Sir Edward, kehrte zu Lebzeiten nicht mehr nach England zurück. Nach der Ermordung seines Vaters wurden die Besitztümer von der Parlamentarier-Partei beschlagnahmt und das alte Schloss, mit Ausnahme der Tortürme, bis zu den Grundmauern geschleift, teils aus militärischen Gründen, teils bei den langdauernden und hartnäckigen Versuchen, den Schatz des alten Sir James zu finden, der, wie man glaubte, in irgendeinem geheimen Hohlraum der Mauern hätte versteckt sein können. Aber das alles führte zu nichts, und Colonel Playfair merkte, dass er, indem er sich von seinem Temperament überwältigen lassen und Sir James erschossen hatte, die einzige Aussicht vertan hatte, das zu finden, was er stets begehrte, denn allem Anschein nach war das Geheimnis mit seinem Besitzer ins Grab gegangen. Es gab zu jener Zeit eine Menge Gerede über die Angelegenheit, und der Colonel wurde zum Lohn für seine Tat degradiert. Man nahm an, der alte Sir James müsse Komplizen gehabt haben, um solch eine riesige Menge Gold zu verstecken, und es wurde alles daran gesetzt, diese mit Drohungen und ausgesetzten Belohnungen zu locken -- die zu guter Letzt gar bis zur Hälfte des Betrags gesteigert wurden, der gefunden werden sollte --, falls es sie denn gäbe; aber alles vergeblich. Und so schleppte sich die Angelegenheit hin, bis schließlich nach ein paar Jahren die Nachforschungen einschliefen und die Sache in Vergessenheit geriet.

[...]

»Aha«, sagte Harold, »und fand Dofferleigh [*] den Schatz?«

---
[*] Ein späterer Erbe, der dann auch den Namen de la Molle annahm.

»Nein, oh nein, und auch sonst niemand; der Schatz war und blieb verschwunden. Er suchte lange herum, und er fand tatsächlich das Silberzeug, das Sie heute abend gesehen haben, und das, ich weiß nicht wo, versteckt war, aber sonst war da nichts.«

»Vielleicht war an der ganzen Angelegenheit gar nichts dran«, sagte Harold nachdenklich.

»Nein«, antwortete Ida und schüttelte den Kopf, »da bin ich mir ganz sicher, und ich bin mir sicher, dass der Schatz bis heute irgendwo versteckt ist. Hören Sie, Colonel Quaritch -- Sie kennen noch nicht die ganze Geschichte -- ich habe nämlich auch etwas gefunden.«

»Sie? Was denn?«

»Warten Sie einen Moment, ich zeige es Ihnen.« Sie ging zu einem Schrank in der Ecke, schloss ihn auf und entnahm ihm eine Briefkassette, die sie ebenfalls aufschloss.

»Hier«, sagte sie, »dieses habe ich gefunden. Die Bibel, die Sir James seinem Sohn zu überbringen bat, kurz bevor er erschossen wurde; Sie erinnern sich bestimmt.« Und sie überreichte ihm ein kleines braunes Buch. Er nahm es und untersuchte es sorgfältig. Es war in Leder gebunden, und auf dem Umschlag stand in großen Lettern »Sir James de la Molle. Honham Castle, 1611.« Aber das war nicht alles. Die ersten Blätter der Bibel, die eines der ältesten Exemplare der autorisierten Ausgabe war, waren herausgerissen, und die obere Ecke fehlte auch, anscheinend von einer Kugel weggeschossen, eine Annahme, die durch einen dunklen Blutfleck auf Umschlag und Buchkante fast zur Gewissheit wurde.

»Der unglückliche Edelmann«, sagte Harold, »er muss sie in der Tasche gehabt haben, als er erschossen wurde. Wo haben Sie sie gefunden?«

»Ja, das glaube ich auch«, sagte Ida, »in der Tat habe ich daran keinerlei Zweifel. Ich fand sie schon als Kind in einer alten Eichenkiste im Keller des Westturms, ziemlich versteckt unter staubigem Gerümpel und altem Eisenkram. Aber schauen Sie hinten hinein, da können Sie sehen, was er für seinen Sohn Edward aufgeschrieben hatte. Hier, ich zeige es Ihnen.« Und indem sie sich über ihn lehnte, schlug sie die letzte Seite des Buches auf. Zwischen dem unteren Rand der Seite und dem Schlussabschnitt der Offenbarung war ein schmaler unbedruckter Raum frei geblieben, der jetzt mit krakelig geschriebenen Worten in ausgeblichener Tinte eng ausgefüllt war, die sie laut vorlas. Sie lauteten wie folgt:

»Du mögest Dich nicht grämen, Edward, mein Sohn, dass ich auf solch ruchlose Weise in den Tod getrieben wurde durch Mörder, denn nichts geschieht jemals, außer was Gott will. Und nun lebe wohl, Edward; wir sehen uns im Himmel wieder. Mein Besitz ist gut versteckt, oh! daher muss ich sterben und diese Welt verlassen, aber nichts werde ich mit Cromwell teilen. Wen auch immer Gott auserwählt, der soll den Schatz bekommen, denn ich darf keinem Christen etwas mitteilen.«

»Da«, sagte Ida triumphierend, »was halten Sie davon, Colonel Quaritch? Ich glaube, die Bibel wurde niemals dem Sohn überbracht, sondern dies hier ist sie, und ich glaube ganz ernsthaft, dass in diesen Worten«, und dabei legte sie ihren weißen Finger auf die ausgeblichenen Buchstaben, »der Schlüssel zum Versteck des Geldes liegt; ich fürchte nur, ich kann sie nicht enträtseln. Jahrelang habe ich mir darüber den Kopf zerbrochen in der Annahme, es sei eine Art Akrostichon [**], aber ich kann keinen Sinn erkennen. Ich habe alles versucht. Ich habe es in Französisch und Latein übersetzt, aber ich kann nichts erkennen -- nichts. Aber eines Tages wird jemand darauf kommen -- wenigstens hoffe ich das.«

---
[**] Akrostichon: Text, bei dem die Anfangsbuchstaben oder -silben im Zusammenhang gelesen, einen versteckten Sinn ergeben.

Harold schüttelte den Kopf. »Ich befürchte«, sagte er, »dass das, was so lange unentdeckt blieb, für alle Zeiten so bleiben wird. Vielleicht wollte der alte Sir James nur seine Feinde an der Nase herumführen!«

»Nein«, widersprach Ida, »was wäre denn dann aus all dem Geld geworden? Er war als einer der reichsten Männer seiner Zeit bekannt, und dass er wirklich reich war, können wir in seinem Brief an den König lesen. Nach seinem Tod wurde nichts davon gefunden, außer natürlich sein Landbesitz. Oh, es wird eines Tages entdeckt werden, vielleicht in zwanzig Jahrhunderten, viel zu spät, um für uns irgendeinen Nutzen zu bringen«, und sie seufzte tief, während ein schmerzvoller und bekümmerter Ausdruck über ihr schönes Gesicht zog.

»Nun«, sagte Harold, »vielleicht ist ja wirklich etwas dran. Darf ich mir diese Worte abschreiben?«

»Ja gewiss«, entgegnete Ida lachend, »und wenn Sie den Schatz finden, teilen wir ihn. Halt, ich werde Ihnen diktieren.«

[...]

Kapitel XI: Idas Handel

Als Ida den Colonel kommen sah, legte sie ihr lieblichstes Lächeln auf und ergriff seine ausgestreckte Hand.

»Wie geht es Ihnen, Colonel Quaritch?«, fragte sie. »[...] Übrigens -- ich hoffe, Sie haben sich mit der Geheimschrift auseinandergesetzt; ich glaube nämlich, dass es eine ist.«

»Ich habe sie eine halbe Stunde lang studiert, bevor ich gestern abend zu Bett ging, Miss de la Molle, und, bei meinem Leben, ich konnte nichts damit anfangen; und mehr noch, ich glaube, dass da auch nichts zu finden ist.«

»Ach«, antwortete sie mit einem Seufzer, »ich wünschte, es gäbe etwas.«

»Gut, ich werde es noch einmal versuchen. Was bekomme ich, wenn ich etwas herausfinde?«, sagte er mit einem Lächeln, das sein zerfurchtes Gesicht auf sehr gewinnende Weise erstrahlen ließ.

»Alles, was Sie wollen und was ich geben kann«, antwortete sie in einem ernsten Ton ...

[...]

[Der alte Squire, Idas Vater, ist wirtschaftlich ruiniert und in der Hand des Bankiers Edward Cossey, der ihm seine Schulden unter der Bedingung erlassen will, dass Ida seine Frau wird. Diese willigt ein, wenn bis zum ersten Weihnachtstag keine andere Möglichkeit gefunden wird. Ihre Tragik ist, dass sie in Wirklichkeit Colonel Quaritch liebt, aber sich der Pflicht ihrer Familie gegenüber zu beugen müssen glaubt. Die Geschichte spielt ja im viktorianischen England. Quaritch hat zwar einen kleinen Besitz geerbt, seine Mittel reichen aber bei weitem nicht aus, um Ida »auszulösen«.

Inzwischen ist Weihnachten nahe. ]

Kapitel XXXIX: Der Colonel schläft ein

[...]

Die Zeit verging, bis es schließlich Heiligabend war, der Vorabend des schicksalhaften Tags von Idas Entschluss. Wie gewöhnlich aß er allein zu Abend, und kurz nach dem Abendessen kamen ein paar Musikanten zu seinem Haus und stimmten draußen ihre fröhlichen Weihnachtslieder an. Die Lieder passten nicht zu seinem Gemütszustand, und er ließ den Sängern fünf Schillinge hinausbringen mit der Aufforderung, sie möchten weiterziehen, weil er Kopfschmerzen habe.

Also gingen sie; und kurz nach ihrem Abgang erhob sich der große Sturm, für den diese Nacht berüchtigt ist. Er begann, in seinem altmodischen, eichengetäfelten Empfangszimmer auf und ab zu marschieren, und grübelte, bis sein Gehirn schmerzte. Die Stunde war nah, das Verhängnis schwebte über ihm und der, die er liebte. Gab es keine Möglichkeit, keinen Ausweg? Oh weh!, es gab nur einen Weg, einen goldenen Weg; aber woher sollte das Geld kommen? Er hatte es nicht, und bei den gegenwärtigen Grundstückspreisen war es unmöglich, es aufzutreiben. Ach, wenn doch wenigstens der große Schatz ans Tageslicht befördert werden könnte, den der alte Sir James de la Molle versteckt hatte und für den er lieber gestorben war, als ihn preiszugeben, jetzt, in der Stunde wo sein Haus ihn am dringendsten benötigte! Aber dieser Schatz war von Geheimnissen umwittert, und wenn er jemals wirklich existiert hatte, so war er doch bisher nicht gefunden worden. Er ging zu seiner Briefkassette und entnahm ihr die Abschrift, die er von dem Eintrag in der Bibel gemacht hatte, die in Sir James' Tasche gesteckt hatte, als dieser im Schlosshof ermordet worden war. Die ganze Geschichte war eine äußerst befremdliche. Warum hatte der alte Mann gewünscht, dass diese Bibel seinem Sohn gesendet würde, und warum hatte er diese seltsame Botschaft hineingeschrieben?

Angenommen, Ida hatte recht, und die Botschaft enthielt wirklich eine versteckte oder verschlüsselte Mitteilung, die einen Hinweis auf den Verbleib des Schatzes gäbe? Sollte das wirklich so sein, so könnte diese offensichtlich nur von der einfachsten Art sein. Ein Mann, eingesperrt in einem Verließ und unter unmittelbarer Todesdrohung, hätte kaum die Muße gehabt, sich irgendetwas Kompliziertes auszudenken. Es wäre sogar merkwürdig, wenn er sich unter diesen Umständen überhaupt etwas ausgedacht haben sollte, wo er kaum hoffen konnte, dass jemand in die Lage kommen könnte, das Rätsel zu lösen. Aber andererseits war er in einer verzweifelten Situation; er war in Feindeshand; es gab keinerlei Aussicht, das Geheimnis auf irgendeine andere Weise mitzuteilen, so dass er es tatsächlich so versucht haben könnte.

Harold legte das Blatt auf den Kaminsims, setzte sich gegenüber in einen Lehnstuhl und begann angestrengt darüber nachzudenken, wie er es zuvor ja schon mehrfach getan hatte. Für den Fall, dass der genaue Wortlaut nicht mehr in Erinnerung sein sollte, wird er hier wiederholt. Er lautete: »Du mögest Dich nicht grämen, Edward, mein Sohn, dass ich auf solch ruchlose Weise in den Tod getrieben wurde durch Mörder, denn nichts geschieht jemals, außer was Gott will. Und nun lebe wohl, Edward; wir sehen uns im Himmel wieder. Mein Besitz ist gut versteckt, oh! daher muss ich sterben und diese Welt verlassen, aber nichts werde ich mit Cromwell teilen. Wen auch immer Gott auserwählt, der soll den Schatz bekommen, denn ich darf keinem Christen etwas mitteilen.«

Harold starrte immer wieder auf diese Inschrift. Er las sie vorwärts, rückwärts, quer und auf jede andere nur denkbare Weise, aber völlig ohne Ergebnis. Schließlich sank er in seinem Sessel in tiefen Schlaf, völlig erschöpft von den geistigen Qualen und der vergeblichen Anstrengung. Das geschah ungefähr um ein Viertel vor elf Uhr. Das nächste, woran er sich erinnerte war, dass er plötzlich aufwachte; er wechselte schlagartig aus dem tiefen Schlaf in einen Zustand völliger Wachheit, als wären ihm die Augen nie zugefallen. Später pflegte er zu erzählen, dass er sich fühlte, wie wenn jemand gekommen wäre, um ihn aufzurütteln; es war kein natürliches Erwachen. In der Tat war die Empfindung so ungewohnt, dass ihm einen Moment lang der Gedanke durch das Gehirn schoss, er sei im Schlafe gestorben und jetzt in einem anderen Zustand seiner Existenz erwacht.

Dies ging allerdings schnell vorbei. Offenbar musste er einige Zeit geschlafen haben, denn die Lampe war ausgegangen und das Feuer niedergebrannt. Er stand auf und suchte im Dunkeln nach Streichhölzern, welche er schließlich auch fand. Er strich eines an, wobei er genau vor dem Stück Papier mit der Abschrift von Sir James de la Molles Todesbotschaft stand. Diese Botschaft war sorgfältig der Länge nach auf ein halbiertes Blatt des großen Briefpapiers geschrieben, das der Squire zu benutzen pflegte. Die erste Zeile, so wie er sie abgeschrieben hatte, sah so aus:

»Du mögest Dich nicht grämen, Edward, mein Sohn, dass ich auf solch ruchlose Weise in den«

In dem Moment, in dem das Streichholz aufflammte, geschah es durch eine seltsame Fügung, wahrscheinlich bedingt durch die Dunkelheit und das plötzliche Auftreffen des Lichts auf Harolds Augapfel, dass er beim Daraufstarren nur vier Buchstaben der ersten Schriftzeile erkennen konnte. Alles übrige erschien ihm als ein verschwommenes Blau, das diese vier Buchstaben verband. Sie waren:

D...............E...............a...............d

nämlich die Anfangsbuchstaben des ersten, sechsten, elften und sechzehnten Wortes der oben wiedergegebenen Zeile.

Das Streichholz brannte aus, und er suchte nach einem anderen.

»D-E-A-D«, sagte er laut und wiederholte die Buchstaben fast mechanisch. »Ah, das klingt wie >Dead<. Sehr seltsam.«

Dieser zufälligen Anklang erregte seine Aufmerksamkeit sehr heftig -- die Übereinstimmung war ungewöhnlich. Er zündete ein paar Kerzen an und untersuchte die Zeile hastig noch einmal. Als erstes fiel ihm auf, dass die vier Buchstaben, die das Wort »dead« ergaben, in der geschriebenen Zeile ungefähr den gleichen Abstand hatten. Konnte das sein? Geschwind zählte er die Wörter in der Zeile. Es waren sechzehn. Also traten die Buchstaben nach dem ersten als Anfangsbuchstaben jedes weiteren fünften Worts auf.

Das war sehr auffällig. Vor Aufregung zitternd nahm er einen Stift und markierte die Anfangsbuchstaben jedes fünften Worts der ganzen Botschaft, also:

Du mögest Dich nicht grämen, Edward, mein Sohn, dass ich auf solch ruchlose Weise in den Tod getrieben wurde durch Mörder, denn nichts geschieht jemals, außer was Gott will. Und nun lebe wohl, Edward; wir sehen uns im Himmel wieder. Mein Besitz ist gut versteckt, oh! daher muss ich sterben und diese Welt verlassen, aber nichts werde ich mit Cromwell teilen. Wen auch immer Gott auserwählt, der soll den Schatz bekommen, denn ich darf keinem Christen etwas mitteilen.

Als er damit fertig war, schrieb er diese Anfangsbuchstaben nebeneinander in eine Zeile:

DEadMansMountabC

Er starrte eine Weile darauf -- dann sah er es.

Allmächtiger Himmel! Er war auf die Lösung des Rätsels gestoßen.

Die Antwort war:

»Dead Man's Mount«,

gefolgt von den mysteriösen Buchstaben A, B, C.

Atemlos vor Begeisterung prüfte er die Buchstaben noch einmal, um zu sehen, ob er zufällig einen Fehler gemacht hatte. Nein, alles war völlig korrekt.

»Dead Man's Mount«. Das war, und war es seit Jahrhunderten gewesen, der Name der seltsamen Erhebung oder des Hügels in seinem eigenen rückwärtigen Garten. Das war dieser Berg, über dessen Ursprung die gelehrten Altertumskundler so leidenschaftlich gestritten hatten und den seine Tante, die verstorbene Mrs. Massey, für den Betrag von zweihundertfünfzig Pfund hatte überdachen lassen, um zu beweisen, dass die Vertiefung auf seinem Gipfel einst ein geeigneter Landsitz für eine antike britische Familie gewesen war.

Konnte es denn wirklich ein rein zufälliges Zusammentreffen sein, dass nach dem ersten Wort die Anfangsbuchstaben jedes weiteren fünften Worts in der Botschaft ausgerechnet den Namen dieses bemerkenswerten Ortes ergaben, oder war das absichtlich so eingerichtet? Er setzte sich nieder, um darüber nachzudenken, zitternd wie ein erschrockenes Kind. Offensichtlich war es kein Zufall; offensichtlich hatte der Gefangene vor mehr als zwei Jahrhunderten in seiner Hilflosigkeit diese einfache Geheimschrift erfunden in der Hoffnung, dass sein Sohn oder, wenn nicht dieser, so einer seiner Nachkommen sie entziffern könnte und dadurch Herr des versteckten Vermögens würde. Welcher Ort wäre wahrscheinlicher als Wahl für den alten Ritter, um das Gold im Geheimen zu verbergen, als einer, der selbst in jenen Tagen den unheimlichen Ruf hatte, dort spuke es? Wer käme je auf die Idee, an der Begräbnisstätte antiker Toter nach einem neuzeitlichen Schatz zu suchen? Zu jener Zeit gehörte Molehill, oder Dead Man's Mount, außerdem der Familie de la Molle, die ihn nach der Zerstörung der Abtei wieder in Besitz genommen hatte. Nach der Restauration, als der Dofferleigh-Zweig nach dem Willen des zweiten und letzten Baronets, Edward de la Molle, der im Exil starb, das Erbe antrat, übernahm er diesen Teil des Grundstücks nicht wieder. Und wenn das alles stimmte und Sir James, der Ermordete, seinen Schatz in diesem Hügel vergraben hatte, was sollten dann die mysteriösen Buchstaben A, B, C bedeuten? Waren sie vielleicht Angaben über den Weg, den man nehmen musste, um ihn zu entdecken? Harold konnte sich nichts darunter vorstellen, und in der Tat fand weder er noch sonst jemand es je heraus, weder damals noch später.

Ida pflegte allerdings später lachend zu erklären, der alte Sir James habe andeuten wollen, er betrachte die ganze Angelegenheit als so einfach wie das ABC, aber dies war eine Erklärung, die Harolds nüchternem Verstand nicht einleuchten mochte.


HTML-Autor: Klaus Pommerening, 31. August 2004; letzte Änderung: 15. September 2004.