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Kryptologie

Historische Rotor-Maschinen

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Erfinder

Rotor-Chiffriermaschinen wurden, so die gängige Lesart, in den Jahren vor 1920 von vier Leuten unabhängig erfunden:

(*) DAMMs Halbrotoren hatten nur 5 Kontakte, weil sie zur Anwendung auf die 5-Bit-Zeichen des Fernschreibers konzipiert waren. Spätere japanische Maschinen verwendeten auch Halbrotoren mit 26 Kontakten.

Übungsaufgabe. Leite her, wie die durch einen Halbrotor bewirkte Substitution sich beim Weiterdrehen ändert.

Die Firma von Arvid Damm wurde 1927 von Boris HAGELIN [Bild] (1892–1983) übernommen und 1948 in die Schweiz umgesiedelt als Crypto AG in Zug. Boris HAGELIN gilt als einziger Mensch, der als Kryptologe reich geworden ist.

Ein Wirtschaftskrimi?

Ob KOCH wirklich Erfinder war, wird inzwischen sehr stark angezweifelt. Fest steht, dass die gleiche Maschine bei der niederländischen Marine bereits 1915 gebaut wurde, konstruiert von den Offizieren und Ingenieuren Theo A. van HENGEL [Bild] (1875–1939) und R. P. C. SPENGLER (1875–1955). Diese Erfindung wurde – es war ja Krieg – zunächst geheim gehalten. 1919 war die Marine an der Maschine nicht mehr interessiert. Daher fragten van HENGEL und SPENGLER nach, ob sie das Patent anmelden dürften, und leiteten die Patentanmeldung gleichzeitig über ein Anwaltsbüro ein. Während van HENGEL und SPENGLER noch auf die Genehmigung warteten, reichte KOCH eine verblüffend ähnliche Patentanmeldung ein. Erst viel später wurde bekannt, dass KOCH außerdem der Schwager des Patentanwalts Huybrecht Verhagen war. Man muss hier aber nicht unbedingt eine Bereicherungsabsicht durch den Diebstahl des geistigen Eigentums unterstellen – wahrscheinlich ist eher, dass durch das Vorlegen einer unabhängigen gleichen Erfindung ein Hochverratsprozess vermieden werden sollte und KOCH dafür als Strohmann diente. Die Anmeldung des Patents durch die Offiziere hätte nämlich eventuell als Verrat militärischer Geheimnisse interpretiert werden können. Bemerkenswert ist auch, dass KOCH ansonsten überhaupt keine Versuche machte, sein Patent zu verwerten; nicht einmal einen Prototyp hat er jemals zusammengebastelt!

Auch die Rolle des niederländischen Marineministeriums ist obskur. Sollte eine Zusammenarbeit der neutralen Niederlande mit deutschen Firmen bei der Herstellung von Kriegsmaterial vertuscht werden? Denn noch verblüffender ist, dass die erste Version – Modell A – der Enigma den Maschinen von van HENGEL und SPENGLER in der Konstruktion sehr ähnlich gewesen sein soll; von letzteren sind allerdings keine Exemplare und nur grobe Beschreibungen erhalten. Wenn man dann noch erfährt, dass die Firma von SCHERBIUS mit der niederländischen Firma von KOCH wirtschaftlich eng verbunden war, erwachen sogar Zweifel an der Erfinderschaft von SCHERBIUS; KOCHs Firma hieß »Naamloze Vennootschap Ingenieursbureau Securitas«, die von SCHERBIUS damals »Gewerkschaft Securitas« (1923 umbenannt in »Chiffriermaschinen AG«). SCHERBIUS übernahm KOCHs Firma samt Patent 1928 sogar ganz. Für seine Patentanmeldung müsste er aber schon während des Krieges die relevanten Informationen bekommen haben. Gab es da noch mehr Hochverrat? Oder zwielichtige Kooperation der neutralen Niederlande mit der Kriegspartei Deutschland über eine Scheinfirma? Ein historischer Wirtschaftskrimi oder Politthriller? Quelle:

Karl de Leeuw: The dutch invention of the rotor machine, 1915–1923. Cryptologia 27 (2003), 73–94.
Allerdings wurden zu dieser Geschichte bisher keinerlei Dokumente außer den Patentschriften gefunden.


Maschinen

Erwähnt werden sollen hier auch zwei deutsche Chiffriermaschinen, die keine Rotor-Maschinen im eigentlichen Sinn, sondern Schlüssel-Erzeuger waren und im zweiten Weltkrieg ebenfalls eine wichtige Rolle spielten:


Literatur

Das Standard-Werk über Rotor-Chiffriermaschinen ist Deavours/Kruh, siehe Literaturverzeichnis.

Ein sehr ausführliches Tutorial für das Brechen der (mechanischen) HAGELIN-Maschine M-209 ist
Wayne G. Barker: Cryptanalysis of the Hagelin Cryptograph. Aegean Park Press, Laguna Hills 1977.

Museen und Ausstellungen

Weitere Links


Autor: Klaus Pommerening, 14. Dezember 1999; letzte Änderung: 27. November 2013.