Die Eroberung der großen altamerikanischen Reiche - des Azteken- und des Inkareichs (1521 bzw. 1533) fand erst erhebliche Zeit nach der Entdeckung und Besiedelung der großen karibischen Inseln statt. Hier hatte sich schon eine koloniale Infrastruktur ausgebildet, als Cortés zum ersten Mal vom Reich des Moctezuma hörte. Die Tatsache, daß Colón auf seiner Reise zuerst auf die Inseln der Karibik zufuhr, und daß dort in der Folge ohne militärische Probleme Stützpunkte geschaffen werden konnten, muß man - aus der Perspektive der Spanier - als einen außerordentlichen strategischen Glücksfall werten. Auch eine bewußte Eroberung Amerikas bei Kenntnis der Landmassen und Herrschaftsverhältnisse hätte kaum klüger und effizienter verfahren können.
Die Conquista als päpstlicher Auftrag schien anfangs nur eine Fortführung der eben siegreich beendeten Reconquista zu sein - die letzte maurische Stadt, Granada, fiel 1492. Erst im Verlauf der Ereignisse und aufgrund des Protests wahrhaft christlich gesinnter Ordensbrüder kam es zu einer juristischen und theologischen Auseinandersetzung über das Recht zur Conquista sowie die entwürdigende Ausbeutung und schuldhafte Dezimierung der Menschen der Neuen Welt. Insgesamt bleibt es schwer begreiflich, daß in Asien und Afrika viele Hochkulturen und einfache Stammeskulturen dem Druck der Europäer standhielten und sich weiterentwickelt haben, während die altamerikanischen Hochkulturen mit dem Auftreten der Spanier zum Untergang verurteilt waren.