Thomas Metzinger

 

 

Ganzheit, Homogenität und Zeitkodierung*

Dieser Aufsatz ist ein spekulativer Beitrag. Ich werde mich in meinen folgenden Überlegungen absichtlich nur indirekt auf die kanonischen und etablierten Themenkreise der gegenwärtigen philosophischen Diskussion des Bewußtseinsproblems beziehen. Vielmehr möchte ich zeigen, wie groß die Bedeutung des Problems der Integration mentalen Gehalts für eine Theorie phänomenalen Bewußtseins ist. Dabei werde ich die Aufmerksamkeit meiner Leser auf zwei Erscheinungsformen dieses Problems lenken, die in den empirischen Wissenschaften vom Bewußtsein bereits auf hohem Niveau bearbeitet werden: Das Bindungsproblem und das Superpositionsproblem. Auf diese Weise hoffe ich, die ausgetretenen Pfade der philosophischen Debatte vorübergehend verlassen zu können. Mir geht es darum, einen neuen Zugang zu den allseits bekannten theoretischen Schwierigkeiten zu gewinnen, die mit dem Begriff "Bewußtsein" verknüpft sind.

Mein Beitrag zerfällt in drei Teile. Im ersten Teil werde ich versuchen, die Explananda zu definieren, um die es mir geht. Ich werde das tun, indem ich in der Art eines absichtlich naiven phänomenologischen Abstiegs die Ebene der analytischen Philosophie des Geistes zunächst scheinbar nach unten verlasse, um mich zwei interessanten Eigenschaften des Phänomens Bewußtseins "selbst" zuzuwenden. Der erste Teil nimmt deshalb die Perspektive der ersten Person ein. Im zweiten Teil werde ich dann wieder  zur Dritte-Person-Perspektive zurückwechseln und kurz einen vielversprechenden Ansatz aus der Neurobiologie betrachten, der in Richtung auf eine naturalistische Erklärbarkeit dieser Eigenschaften des Phänomens auf dem Gebiet der empirischen Bewußtseinsforschung deuten könnte. Im dritten und letzten Teil der Überlegungen möchte ich dann im Stil eines spekulativen semantic ascent wieder schrittweise zur eigentlich philosophischen Ebene der Diskussion aufsteigen. Dabei werde ich eine Reihe von starken Annahmen bezüglich der Genese phänomenalen Bewußtseins machen. Sie sollen mir dazu dienen, ein neues Denkmodell durchzuspielen: Ich werde einige Überlegungen darüber anbieten, wie uns neue theoretische Modelle aus der Hirnforschung möglicherweise auch auf der Ebene der philosophischen Metatheorie zu einer klareren begrifflichen Analyse der Explananda verhelfen könnten. Ich will nun zunächst versuchen, diese Explananda zu isolieren.

 

1. Ganzheit und Homogenität: Phänomenale Eigenschaften höherer Ordnung

Der Raum des Bewußtseins ist der Raum des subjektiven Erlebens. Ich werde ihn auch den phänomenalen Raum nennen, weil es der Raum ist, in dem die Welt und wir selbst uns im Erleben erscheinen. Unser phänomenaler Raum ist aber, so denken viele, auch ein repräsentationaler Raum: In ihm stellen wir einen Teil der Welt und uns selbst für uns selbst dar. Die von uns dazu eingesetzten phänomenalen Repräsentate, also die auch den subjektiven Gehalt tragenden Vehikel der Darstellung, werde ich im folgenden als "mentale Modelle" bezeichnen, ohne diesen Begriff hier weiter erläutern zu können.[1] Unser Bewußtseinsraum baut sich - das ist der Grundgedanke - aus mentalen Modellen auf, die häufig ineinander eingebettet sind. Das größte dieser in ihm aktiven mentalen Modelle ist unser bewußtes "Realitätsmodell" oder "Weltmodell". Dieses phänomenale Weltmodell enthält alle anderen bewußten mentalen Modelle und sein Gehalt ist identisch mit dem Gesamtinhalt unseres Bewußtseinsraums. Unser Bewußtseinsraum ist der Raum des Erlebens. Weil wir jedoch Wesen sind, die fast alle der von ihnen in Wechselwirkung mit der Umwelt aktivierten mentalen Modelle nicht als Modelle erkennen[2], ist unser phänomenaler Raum durch einen umfassenden und in Standardsituationen erlebnismäßig nicht hintergehbaren naiven Realismus charakterisiert. Die Gesamtheit der diesen Raum ausfüllenden Formen von mentalem Gehalt bildet auf diese Weise eine mentale Struktur, die aus der Außenperspektive der Wissenschaft als ein selbst-referentiell opakes phänomenales Modell der Welt beschrieben werden kann. Aus der Innenperspektive des das Modell aktivierenden Systems ist diese Struktur dagegen ganz einfach eine subjektive erlebte Wirklichkeit: Die Wirklichkeit, die einzige Wirklichkeit, die es für dieses System gibt. Eine der Hauptaufgaben für jede naturalistische und unter dem Informationsverarbeitungsansatz operierende Theorie des Bewußtseins besteht darin, uns genau diesen Übergang zu erklären: Wie wird ein Modell zu dieser Wirklichkeit?

Was wir eigentlich benötigen, ist ein mathematisches Modell, das auf präzise und empirisch plausible Weise die phänomenale Ontologie des menschlichen Gehirns beschreibt - also das, was es dem bewußten Erleben nach in der Welt gibt. Die philosophische Analyse kann uns dann die Beziehung der durch dieses mathematische Modell beschriebenen phänomenalen Eigenschaften zur Alltagspsychologie erläutern und vor allem die Modalität der Beziehung zwischen den so beschriebenen phänomenalen Eigenschaften und den ihnen zugrundeliegenden physikalischen Eigenschaften untersuchen.[3] Ich will hier jedoch ein wesentlich bescheideneres Ziel verfolgen und mich auf zwei besonders interessante phänomenale Eigenschaften beschränken. Unser phänomenaler Raum und das jeweils in ihm aktive phänomenale Modell der Wirklichkeit besitzen nämlich zwei Eigenschaften, von denen ich glaube, daß sie von zentraler Bedeutung für jede Theorie des Bewußtseins sind, die die Perspektive der ersten Person ernstnimmt. In der Art eines unkritischen phänomenologischen "zu den Sachen selbst" werde ich nun diese zwei Eigenschaften zuerst aus der Perspektive der ersten Person als zwei Eigenschaften der Wirklichkeit selbst beschreiben. Ich werde so tun, als hätten wir einen direkten und erkenntnistheoretisch ganz unproblematischen Zugang zu diesen Eigenschaften durch die Evidenz der subjektiven Wahrnehmung und durch die überlieferten Beschreibungssysteme der Alltagspsychologie. Im zweiten Teil dieses Aufsatzes werde ich dann untersuchen, ob sich Gegenstücke dieser phänomenalen Eigenschaften auch auf der Ebene der Neurobiologie wiederfinden lassen - also unter empirisch-wissenschaftlichen Beschreibungen dieser subjektiven Wirklichkeit aus der Dritte-Person-Perspektive, unter denen sie begrifflich als Modell der Wirklichkeit, als eine natürlich entstandene repräsentationale Struktur in unserem zentralen Nervensystem erfaßt wird. Alle meine Aussagen beziehen sich dabei jedoch zunächst nur auf Menschen, die sich in normalen Wachzuständen befinden: Die hier intendierte Klasse von Systemen wird durch menschliche Organismen in "nicht-pathologischen Wachzuständen" gebildet.[4] Ich werde also alle Grundsatzdiskussionen darüber umgehen, worin das philosophische Problem des Bewußtseins überhaupt besteht - ich beschränke mich auf die zwei nun folgenden Teilaspekte der Problematik.

Wechseln wir dazu endgültig in die Innenperspektive. Ich bin eine Person, die in einer Welt lebt: Für die meisten von uns scheint dies eine selbstverständliche und unbezweifelbare Wahrheit zu sein. Denn für die meisten von uns ist dies eine derjenigen Intuitionen über unser eigenes Bewußtsein und die Wirklichkeit schlechthin, die wir so gut wie nie explizit aussprechen oder sogar in Frage stellen. Das liegt daran, daß wir uns alternative Situationen kaum vorstellen können. Für die meisten von uns gilt: Wir haben noch nie phänomenale Zustände durchlebt, in denen wir mehrere Personen waren oder in denen wir in verschiedenen Parallelwelten zugleich existierten. Nur Berufsphilosophen oder Patienten mit schweren neurologischen Störungen, Menschen, die mit höheren Dosen von Halluzinogenen experimentiert haben, oder die bedauernswerten Personen, die unter dem Syndrom der Multiple Personality Disorder leiden, können manchmal überhaupt eine etwas klarere Vorstellung davon entwickeln, wie es wäre, wenn die numerische Einheit der phänomenalen Welt und die Einheit des Selbstbewußtseins aufgehoben wären. Wir können ganz einfach in Standardsituationen die entsprechenden mentalen Simulationen[5] nicht durchführen. Deshalb erscheinen uns unsere phänomenale Welt und das phänomenale Selbst nicht nur als jeweils numerisch identisch, sondern auch als unteilbar - ein Umstand, den sich schon Descartes im sechsundreissigsten Abschnitt seiner Sechsten Meditation zur Konstruktion eines zweifelhaften Arguments für die Verschiedenheit von Geist und Körper zunutze gemacht hat. Diesem klassischen Begriff der "Unteilbarkeit"[6] entspricht, so denke ich, eine höchststufige phänomenale Eigenschaft: Die Eigenschaft der Ganzheit. Die Ganzheit unserer Wirklichkeit (und unserer selbst in ihr) können wir alle in unserem Erleben wiederfinden. Sie geht weit über eine simple Einheit im Sinne des eben genannten Begriffs der numerischen Identität hinaus: Ich kann, das scheint aus der Perspektive der ersten Person sicher, meinen globalen Erlebnisraum - die Wirklichkeit - und meine eigene erlebte Identität - mich selbst - nicht absichtlich spalten oder auflösen. Auf der anderen Seite weisen die Inhalte meines Erlebens dabei durchaus eine hohe Selektivität auf: Die in der bewußten Wahrnehmung scheinbar unmittelbar gegebene Umgebung ist bereits vorsegmentiert, zum Beispiel in eine Vielzahl von Gegenständen, die sich auch teilweise überlagern und verdecken können. Durch die Lenkung von Aufmerksamkeit kann ich sogar in einer Vielzahl von Bereichen meiner Welt die verschiedensten Figuren aus einem Hintergrund herauslösen und dann als separate Erlebniseinheiten wahrnehmen oder vorstellen. Das heißt: Obwohl ich die höchststufige Ganzheit der Wirklichkeit oder auch meines Selbst nicht einfach durch einen reversiblen Willensakt auflösen kann, kann ich auf niedrigeren Stufen wieder phänomenale Ganzheiten innerhalb des durch diese Eigenschaft verbundenen Raums wahrnehmen oder sogar selbst erzeugen.

Die über die bloße numerische Identität hinausgehende und erlebnismäßig nicht hintergehbare Ganzheit der Wirklichkeit kann man auf begrifflicher Ebene vielleicht auch als phänomenale Kohärenz beschreiben: Die bewußt erlebte Wirklichkeit wird im Innersten durch ein Prinzip oder einen Mechanismus zusammengehalten, der selbst subjektiv unzugänglich ist. Diese Kohärenz meiner Wirklichkeit hat jedoch nichts mit dem Kohärenzbegriff in der Physik oder der Logik zu tun. Sie bringt einen prägnanten phänomenalem Holismus mit sich, dem wir auf begrifflicher Ebene Rechnung tragen müssen. Eine aus diskreten, bausteinartigen Elementen zusammengesetzte Welt könnte zwar eine Einheit sein, jedoch niemals eine Ganzheit. Meine Welt ist aber keine Bauklötzchenwelt, sie ist erlebt auch in dem Sinne eines quasi-organischen Zusammenspiels ihrer Bestandteile. Diese konkrekt erlebte Einheit der Mannigfaltigkeit tritt gleichzeitig mit einer Vielzahl von dynamischen Teil-Ganzes-Beziehungen auf. Das zusätzliche und über die bloße Einheit hinausgehende phänomenologische Moment des Holismus oder der Ganzheit entsteht somit dadurch, daß die Bestandteile, aus denen sich das phänomenale Modell der Wirklichkeit aufbaut, nicht in Elementbeziehungen, sondern in Teil-Ganzes-Beziehungen zu dieser Wirklichkeit stehen. Die allgemeine Einheit dieser Mannigfaltigkeit muß also nicht nur, aber auch von dieser Ganzheit her verstanden werden.

Ein zweiter Aspekt ist wichtig, um zu verstehen, was "Ganzheit" auch ist. Dieser Aspekt steht nicht im Mittelpunkt meiner Überlegungen, er wird uns aber immer dann begegnen, wenn wir uns fragen, wie aus einem Modell eine phänomenal präsente Wirklichkeit wird.[7] Dieses zweite interessante Merkmal unseres Bewußtseinsraums besteht darin, daß die in ihm auftretende Mannigfaltigkeit von Erlebnisinhalten durch räumliche Nachbarschaftsbeziehungen und ganz besonders durch die zeitliche Identität innerhalb einer erlebten Gegenwart, also durch die subjektiv gleichzeitige Gegebenheit innerhalb eines einzigen psychologischen Moments zu einer Einheit höchster Stufe - zu einer globalen Gestalt - verbunden wird. Diese globale Gestaltqualität ist ein notwendige Bedingung dafür, daß die Ganzheit zur Wirklichkeit werden kann: Die Ganzheit ist uns immer in einem psychologischen Moment gegeben, das heißt in der erlebten Gegenwart eines subjektiven Jetzt. Durch dieses Jetzt, also durch die zeitliche Identität der Mannigfaltigkeit von Erlebnisinhalten, entsteht die phänomenale Präsenz der Ganzheit. Was soll das heißen? Es bedeutet, daß die ganzheitliche Mannigfaltigkeit aus phänomenalen Inhalten auch dadurch zu einer kohärenten Wirklichkeit wird, daß es ein elementares "Gegenwartsfenster" gibt. Aus der Perspektive der ersten Person scheint eines unbezweifelbar: Die Ganzheit der Wirklichkeit erlebe ich immer jetzt. Wenn wir also der Tatsache Rechnung tragen, daß die Ganzheit der Wirklichkeit subjektiv immer auch in einem Jetzt gegeben ist, dann besitzen wir einen ersten phänomenologischen Begriff des bewußten Erlebens: Bewußtes Erleben ist die phänomenale Präsenz einer umfassenden Ganzheit.

Ich möchte bereits an dieser Stelle einen Begriff einführen, auf den ich später mehrfach zurückkomme: Die subjektiv erlebte Wirklichkeit ist ein "phänomenales Holon", eine erlebnismäßig präsente Ganzheit im oben definierten Sinne. Sie entsteht immer im Kontext einer subjektiven Gegenwart und ist intern durch Teil-Ganzes-Relationen charakterisiert. Wir haben es also hier mit einer Variante der klassischen philosophischen Frage nach der Einheit des Bewußtseins zu tun. Was aus der theoretischen Außenperspektive als die Frage nach der Einheit und Unteilbarkeit des Bewußtseins auftritt, ist unter einer simplen alltagsphänomenologischen Beschreibung "die Ganzheit und Präsenz der Wirklichkeit". Das Problem der Einheit des Bewußtseins besteht in dieser Fassung darin, eine begrifflich überzeugende Analyse der Tatsache anzubieten, daß die Wirklichkeit aus der Perspektive der ersten Person ein phänomenales Holon ist. Diese Tatsache ist mein erstes Explanandum.

Mein zweites Explanandum ist die Homogenität elementarer phänomenaler Eigenschaften. Das bedeutet, daß wir uns nun von der höchsten auf die niedrigste Ebene bewegen: Es geht nicht mehr um eine höherstufige phänomenale Eigenschaft des gesamten Bewußtseinsraums, sondern jetzt geht es um eine höherstufige phänomenale Eigenschaft der kleinsten Bestandteile dieses Raums. Natürlich spreche ich von Qualia: Einfache Empfindungen des sensorischen Bewußtseins instantiieren phänomenale Eigenschaften erster Ordnung, zum Beispiel die subjektive erlebte Qualität der Türkisheit im visuellen Erleben einer tropischen Lagune oder die olfaktorische Qualität von Sandelholz in einem Geruchserlebnis. Solche Qualitäten besitzen nun ihrerseits eine problematische höherstufige Eigenschaft, denn sie sind homogen. Auch dieses theoretische Problem besitzt einen - allerdings jüngeren - Vorläufer, nämlich in Gestalt des grain-problems[8]. Werfen wir einen Blick zurück auf das klassische Beispiel von Wilfrid Sellars, den rosa Eiswürfel:

Pink does not seem to be made up of imperceptible qualities in the way in which being a ladder is made up of being cylindrical (the rungs), rectangular (the frame), wooden, etc. The manifest ice cube presents itself to us as something which is pink through and through, a pink continuum, all the regions of which, however small, are pink. It presents itself to us as ultimately homogeneous; and an ice cube variegated in colour is, though not homogenous in its specific colour, 'ultimately homogeneous', in the sense to which I am calling attention, with respect to the generic trait of being coloured.[9]

Für Sellars bestand damals die Kernfrage des grain-Problems darin, ob es prinzipiell im begrifflichen Rahmen der Neurophysiologie möglich sein könnte, Zustände zu definieren, die in ihrem intrinsischen Charakter eine hinreichende Ähnlichkeit zu Sinnesempfindungen aufweisen. Nur solche Zustände, so dachte Sellars, könnten eine reduktive Lösung des Leib-Seele-Problems im Sinne der (frühen) Identitätstheorie überhaupt als plausibel erscheinen lassen.

The answer seems clearly to be 'no'. This is not to say that neurophysiological states cannot be defined (in principle) which have a high degree of analogy to the sensations of the manifest image. That this can be done is an elementary fact of psycho-physics. The trouble is, rather, that the feature which we referred to as 'ultimate homogeneity', and which characterizes the perceptible quality of things, e.g. their colour, seems to be essentially lacking in the domain of the definable states of the nerves and their interactions. Putting it crudely, colour expanses in the manifest world consist of regions which are themselves colour expanses, and these consist in their turn of regions which are colour expanses, and so on; whereas the states of a group of neurons, though it has regions which are also states of groups of neurons, has ultimate regions which are not states of groups of neurons but rather states of single neurons. And the same is true if we move to the finer grained level of biochemical process.[10]

Hier geht es jedoch zunächst um Homogenität aus der Perspektive der ersten Person. Ich möchte deshalb die interessante und subjektiv unhintergehbare Homogenität phänomenaler Qualitäten an einem Beispiel aus der Malerei weiter verdeutlichen. Ebenso wie das Sellars'sche Argument stammt es aus der beginnenden zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts. In den fünfziger Jahren hat sich der Künstler Yves Klein so intensiv wie wenige andere mit der Kraft der reinen Farbe befaßt. Seine monochromen blauen Gemälde sind berühmt und haben die internationale Avantgarde in der Folgezeit stark beeinflußt. In seinem Kreuzzug für die spirituelle Kraft der puren Farbigkeit versuchte Yves Klein sogar, seine Lieblingsfarbe - Ultramarinblau - zu seiner eigenen Identität und zu seinem offiziellen Markenzeichen zu machen. Dabei ging er soweit, sich am 19. Mai 1960 das von ihm in jahrelanger Arbeit entwickelte reine Ultramarinblau unter dem Namen International Klein Blue (I.K.B.) patentieren zu lassen.[11] Und tatsächlich wurde auch er selbst bald unter dem Namen Yves Klein le monochrome bekannt.

Wenn man eines seiner Monochrome betrachtet und dabei von der körnigen Oberflächenstruktur absieht, dann erlebt man eine pure und einfache Qualität, nämlich ein sehr intensives und reines Ultramarinblau. In der Einleitung am Anfang dieses Buchs habe ich das Pantone Blue 72 des Umschlags als erstes Beispiel für phänomenale Eigenschaften benutzt. International Klein Blue gehört zum selben Typ von Eigenschaft, besitzt aber bereits wesentlich mehr subjektive Kraft und Tiefe. Diese subjektive Qualität der Farbigkeit nun ist homogen in dem oben von Sellars angesprochenen Sinne. Für den Künstler Yves Klein bestand das Faszinierende an dieser Homogenität in den subjektiven Aspekten der Präsenz, der Immaterialität und in der intensiven Konkretion einer dimensionslosen Räumlichkeit.[12] Für uns Philosophen dagegen ist die Homogenität phänomenaler Eigenschaften besonders deswegen so faszinierend, weil mit ihr auf begrifflicher Ebene Prädikate entstehen, die möglicherweise nicht definiert werden können. Kann es für ein Farbprädikat wie International Klein Blue ein Nachfolgeprädikat im wissenschaftlichen Weltbild geben, etwa in einer wissenschaftlichen Theorie phänomenalen Bewußtseins - oder ist International Klein Blue ein primitives Prädikat? "Primitivität" bedeutet bei Sellars, daß sich ein Prädikat auf Eigenschaften bezieht, die Dingen zugesprochen werden, die sich ihrerseits auschließlich aus Dingen aufbauen, denen diese Eigenschaften selbst wieder zukommt. Für manche der nicht-dualistischen Philosophen würde das bedeuten, daß die einzelnen Moleküle von Rhodopas, Vynilchlorid, Äthylalkohol und Äthylazetat (aus denen die Substanz I.K.B. hergestellt wird) selbst die Farbe International Klein Blue besitzen. Andere der nicht-dualistischen Philosophen sähen sich dagegen zu der Annahme gezwungen, daß ein bestimmter Teil der Nervenzellen, die in unserem visuellen Cortex feuern, während wir ein monochromes Bild von Yves Klein betrachten, International Klein Blue sind. Natürlich ist diese Annahme in beiden Fällen absurd.

Eine Lösung dieses Problems - eine Naturalisierung meines zweiten Explanandums - scheint von zentraler Bedeutung für jede Theorie sensorischen Bewußtseins zu sein. Es läßt sich möglicherweise begrifflich auf verschiedene Weise generalisieren, etwa - im Sinne von Sellars - von der Homogenität monochromer Farben auf die abstraktere Eigenschaft der Farbigkeit überhaupt. Die Homogenität elementarer Sinnesempfindungen - wie sie uns als International Klein Blue, als der Ton eines Cellos oder als der Geruch von Sandelholz entgegentreten können - ist aber ein präreflexives und weitgehend nicht-diskursives Merkmal unserer subjektiven Erfahrung: Die Homogenität phänomenaler Eigenschaften kann durch kognitive Operationen nicht penetriert und deshalb auch sprachlich nur schwer adäquat wiedergegeben werden. Das, was Wilfrid Sellars ultimate homogeneity genannt hat, scheint geradezu ein Paradebeispiel für die Unausprechlichkeit subjektiver Erlebnisqualitäten zu sein. Ich will deshalb versuchen, zumindest eine metaphorische Beschreibung für die fragliche Eigenschaft zu geben, indem ich Anleihen bei der Physik und der Mathematik mache.

Was bedeutet es, daß International Klein Blue homogen ist? Die primäre phänomenale Eigenschaft ist durch eine Art "Feldqualität" charakterisiert, die in einem Ausschnitt des Bewußtseinsraums ein subjektives Kontinuum entstehen läßt.[13] Wenn wir zum Beispiel Objekte mit der Eigenschaft International Klein Blue visuell erleben, dann gilt: Es gibt auf jeden Fall immer einen endlichen Bereich des phänomenalen Raums, innerhalb dessen bezüglich der fraglichen Qualität keinerlei Veränderungen stattfinden.[14] Ich glaube, daß wir subjektive Qualitäten genau aus diesem Grund auch als unmittelbar gegeben erleben. Zur zweiten Metapher. Vielleicht kann man diese höherstufige Eigenschaft phänomenaler Eigenschaften auch als ihre subjektive "Dichte" bezeichnen: Es scheint, als gäbe es für zwei beliebig nahe beieinander liegende "Punkte" innerhalb der entsprechenden Region meines Erlebnisraums immer noch einen dritten Punkt, der zwischen ihnen liegt. Die mathematische Analogie für diese fließende Dichte ist das Kontinuum der reellen Zahlen. Es ist zumindest intuitiv völlig unklar, wie diese Dichte phänomenaler Eigenschaften einer mechanistischen Erklärungstrategie zugänglich sein könnte, wie wir sie als das Ergebnis von Myriaden miteinander kausal vernetzter Einzelereignisse auf der neuronalen Ebene verstehen könnten. Eben deswegen, so denke ich, erscheinen uns subjektive Qualitäten wie International Klein Blue als intrinsisch und nicht-relational[15]: Wenn sie wirklich identisch mit einem tanzenden Muster aus Mikroereignissen in unserem Gehirn wären, dann müßten sie so etwas wie eine Körnung besitzen, ihre subjektive "Oberfläche" dürfte nicht so unendlich glatt sein. Michael Lockwood hat den fraglichen Effekt als glossing over bezeichnet[16]. Es ist dieses Merkmal der Homogenität, das ich metaphorisch mit einer physikalischen Analogie - Kontinuumscharakter - und einer mathematischen Analogie - Dichte - zu umschreiben versucht habe, das das Qualia-Problem zu einem so schwierigen Problem macht.

Bevor ich nun aus der Perspektive der ersten Person wieder in die Außenperspektive der empirischen Wissenschaft wechseln kann, muß ich noch auf zwei wichtige Punkte hinweisen, die in diesem Zusammenhang nicht übersehen werden dürfen. Die beiden eben beschriebenen phänomenalen Eigenschaften höherer Ordnung eignen sich erstens - das haben vergangene Debatten in der Philosophie des Geistes gezeigt - hervorragend als Ausgangspunkt antireduktionistischer bzw. antinaturalistischer Argumente, denn Holismus und Homogenität sind die Wurzel vieler cartesianischer Intuitionen. Sie sollten von großem Interesse für all jene Philosophen sein, die sich zu einem Eigenschaftsdualismus hingezogen fühlen. Ich behaupte insbesondere, daß es nicht die phänomenalen Eigenschaften erster Ordnung sind, die Qualia für viele intuitiv als irreduzibel erscheinen lassen, sondern die höherstufige Eigenschaft der phänomenalen Feldqualität, der Dichte, der ultra-smoothness: Das eigentliche Problem ist nicht International Klein Blue, sondern die Homogenität von International Klein Blue. Analyseresistent ist nicht das subjektive Blau selbst, sondern seine strukturlose Dichte. Mir geht es hier jedoch nicht darum, direkt an bereits etablierte Diskussionen anzuknüpfen und die bereits bestehenden Ansätze fortzuführen, sondern darum, einen neuen Zugang bezüglich der zugrundeliegenden Problematik zu gewinnen.

Zweitens tritt zumindest die Eigenschaft der Ganzheit nicht nur auf einer einzigen phänomenologischen Beschreibungsebene auf. Nicht nur mein Bewußtseinsraum zeichnet sich durch die höherstufige Eigenschaft der Ganzheit aus: Auch das phänomenale Selbst und die phänomenalen Einzeldinge, die wiederum über ein Netzwerk von Relationen die jeweilige Situation konstituieren, in die das phänomenale Selbst dann durch sein eigenes relationales Profil eingebettet ist, besitzen auf ihre je eigene Weise wieder das Merkmal der Ganzheit. Auch sie sind phänomenal kohärent. Und in jedem einzelnen psychologischen Moment, innerhalb eines einzigen subjektiven "Gegenwartsfensters" werden diese Ganzheiten durch die zeitliche Identität der in ihnen konstituierten Mannigfaltigkeit phänomenal präsent. Diese Beobachtungen müssen in unseren phänomenologischen Begriff des "bewußten Erlebens" eingehen. Sie erlauben es uns jetzt, den zu Anfang provisorisch eingeführten Begriff eines "phänomenalen Holons" genauer zu fassen. Man kann dreierlei sagen. Ein phänomenales Holon ist erstens eine subjektiv erlebte Ganzheit, eine aus der Perspektive der ersten Person als numerisch identisch erlebte phänomenale Gestalt. Zweitens besitzt jedes phänomenale Holon - innerhalb jedes einzelnen psychologischen Moments - einen Aspekt, der ihm seine Präsenz verleiht. Die in ihm zu einer Ganzheit verschmolzenen Eigenschaften besitzen eine zeitliche Identität, weil ich sie immer jetzt erlebe. Nicht nur die Wirklichkeit als ganze, sondern auch die Dinge und das phänomenale Selbst sind - immer aus der Perspektive der ersten Person - in diesem Sinne subjektiv gegenwärtig und real. Dieser Präsentationsaspekt ermöglicht überhaupt erst das Erleben von Dauer.[17] Und drittens kann jedes phänomenale Holon in ein höherstufiges phänomenales Holon eingebettet und auf diese Weise vorübergehend in eine umfassendere Struktur integriert werden, die der dadurch neu entstehenden Erlebnisganzheit wieder genau die eben angesprochenen Eigenschaften der Ganzheit und Präsenz verleihen. Für das größte und umfassendste phänomenale Holon - für meine Wirklichkeit - gilt das zuletzt genannte Kriterium allerdings nicht.

Wenn unser Ziel eine Theorie bewußten Erlebens ist, die die subjektive Innenperspektive wirklich ernst nimmt, dann werden, so denke ich, Holismus und Homogenität im Zentrum dieser Theorie stehen müssen. Die klassische phänomenologische Strategie stellt heute allerdings keinen gangbaren Weg mehr dar: Die von Brentano noch vorausgesetzte Evidenz der inneren Wahrnehmung ist durch die Fortschritte einer vom empirischen Standpunkt aus operierenden Psychologie unhaltbar geworden. Untersuchungen an split-brain-Patienten oder hypnotisierten Versuchspersonen, das Studium von Diskonnektions-Syndromen und Anosognosien haben nicht nur die Modularität des Gehirns, sondern auch die Modularität des Bewußtseins verdeutlicht.[18] Andererseits stellt sich heute durch genau diese Entwicklung die Frage nach der Integration bewußten mentalen Gehalts erneut und in verschärfter Form. Dabei ist es zumindest fraglich, ob die eben angesprochenen phänomenalen Eigenschaften höherer Ordnung jemals Gegenstand einer objektiven Phänomenologie[19] sein könnten, ob sie im Rahmen neuro- und kognitionswissenschaftlicher Theorien auf eine Weise aufgefangen werden können, die diese Theorien letztlich auch zu intuitiv überzeugenden Theorien macht, zu naturalistischen Theorien, die wir trotzdem als Theorien über uns selbst akzeptieren können. Lassen Sie uns diese Frage im Auge behalten, wenn wir nun in die Außenperspektive wechseln.

 

2. Eigenschaftsbindung und temporale Kodierung

Interessanterweise stellen sich viele der eben skizzierten Probleme auch dann, wenn wir uns selbst nicht als phänomenale Subjekte mit einer Innenperspektive betrachten, sondern als informationsverarbeitende Objekte, nämlich als natürlich entstandene Repräsentationssysteme mit einer langen biologischen Geschichte. Deshalb liegt die Vermutung nahe, daß die Präsenz und der Holismus der - sich bisher nur aus der Perspektive subjektiven Erlebens erschließenden - phänomenalen Wirklichkeit dann nicht mehr nach den klassischen philosophischen Modellen von oben erklärt werden muß, wenn es eine gute und generalisierbare neurowissenschaftliche Theorie derjenigen Leistung gibt, die in der Fachterminologie der Hirnforschung auch als feature binding bezeichnet wird: Die Fusionierung verschiedener, vom System wahrgenommener Eigenschaften zu einer ganzheitlichen internen Struktur. Eine solche Bindung von Eigenschaften ist zum Beispiel nötig, um Gegenstände als Gegenstände sehen zu können. Wählen wir als ein erstes Beispiel die sensorische Modalität des visuellen Bewußtseins. Hier könnten solche Eigenschaften etwa Kanten, Bewegungen, Oberflächen oder Farben sein. Wie wir wissen, werden diese Merkmale durch räumlich weit auseinanderliegende Neuronenverbände im Gehirn repräsentiert. Im subjektiven Raum treten sie jedoch als ein phänomenales Holon - zum Beispiel ein Buch in unserer Hand - in Erscheinung. Deshalb entsteht die Frage, auf welche Weise die verschiedenen Informationsströme wieder zu einer einheitlichen Datenstruktur vereinigt werden konnten.

Dieses Problem der Eigenschaftsbindung ist eines der zentralen Probleme in der Hirnforschung und der Theorie konnektionistischer Systeme. Und natürlich weist seine logische Struktur eine große Verwandschaft zu klassischen Debatten in der Philosophie und in der Psychologie auf. Das Problem der Eigenschaftsbindung ergibt sich bei der Modellierung neuronaler Netze dadurch, daß solche Systeme die lokalen Merkmale eines wahrgenommenen Objekts häufig durch Aktivierungszustände in Merkmalsräumen darstellen, die physisch - zumindest im Gehirn - durch weit verteilte, räumlich nicht benachbarte Areale realisiert sind. Darum können einfache Nachbarschaftswechselwirkungen zwischen einzelnen Nervenzellen dem System nicht dabei helfen, die verschiedenen bereits intern dargestellten Eigenschaften desselben wieder zu einer repräsentationalen Ganzheit zusammenzufügen. Nicht nur unser subjektives Bewußtsein, sondern auch der repräsentationale Gesamtzustand eines konnektionistischen Systems kann sich aber aus einer aufsteigenden Hierarchie solcher Ganzheiten zusammensetzen: Aus Elementareigenschaften - den Gegenstücken von einfachen, homogenen Sinnesempfindungen wie zum Beispiel Farben, Körperempfindungen oder Klangerlebnissen -, aus Objekten, Szenen, Situationen, Kontexten, einem Modell des Selbst und schließlich dem Modell der Welt, in dem sich dieses befindet. Wenn wir also unser Gehirn von außen betrachten und es dabei als ein informationsverarbeitendes System beschreiben, welches interne Darstellungen der Welt und von sich selbst erzeugt um sie im Handeln zu benutzen, dann stellt sich hier das Problem der Eigenschaftsbindung auf einer Vielzahl von Ebenen.[20] Es ist außerdem anzunehmen, daß es zwischen diesen Ebenen in manchen Fällen auch top-down-Effekte gibt.[21]

Als objektives Repräsentationssystem betrachtet zeichnet sich das Gehirn dadurch aus, daß es auf eine Stimulation durch ein kohärentes Objekt - zum Beispiel bei der visuellen Wahrnehmung eines externen Gegenstandes - mit einer Vielzahl von räumlich verteilten Aktivitätsmustern antwortet. Damit das System verschiedene Objekte unterscheiden oder repräsentationale Gestalten von einem Hintergrund trennen kann, muß es eine Integration dieser räumlich in ihm verteilten Ereignisse zu einem einzigen geordneten und übergreifenden Aktivitätsmuster leisten ohne eine "Superpositionskatastrophe" auszulösen. Eng verknüpft mit dem Bindungsproblem ist nämlich ein zweites theoretisches Problem, das ebenfalls eine kaum zu unterschätzende Bedeutung für jede Theorie phänomenalen Bewußtseins besitzt: das Superpositions-Problem. Wenn im System mehrere gebundene Aktivitätsmuster koexistieren sollen, dann darf es nicht zu Interferenzen oder Fehlverknüpfungen von Eigenschaften kommen. Die verschiedenen Muster dürfen sich nicht gegenseitig auslöschen. Ein Mechanismus, der dieses Problem löst, ist zum Beispiel notwendig, um in einem visuellen Bild eine Figur von einem Hintergrund zu lösen und von anderen Figuren zu segregieren. Erst wenn beide Probleme, das Bindungs- und das Superpositionsproblem gelöst sind, kann man sich vorstellen, wie aus der Aktivität vieler räumlich verteilter Eigenschaftsdetektoren ein ganzheitlicher repräsentationaler Zustand entsteht, der dann auch noch in andere und umfassendere Zustände des selben Typs eingebettet wird. Nennen wir einen solchen Zustand ein "repräsentationales Holon". Dieses repräsentationale Holon muß zudem funktional aktiv sein, d.h. es muß als kohärente Ganzheit aus durch Einzelereignisse dargestellten Eigenschaften eine kausale Rolle spielen können, etwa bei der Produktion von koordiniertem Verhalten. Um stabile repräsentationale Zustände zu erzeugen, die ein biologisches System als effektive Werkzeuge bei der Regulation seiner Interaktion mit der Umwelt benutzen kann, müssen deshalb große Neuronenpopulationen in ihrer parallelen und hochspezifischen Aktivität koordiniert werden. Dies ist der neurobiologische Aspekt des Bindungs- und des Superpositionsproblems.

Es hat bereits eine Reihe verschiedener theoretischer Modelle zur Lösung dieses Problems gegeben, zum Beispiel die Barlow'schen Pontifikalneuronen[22] oder Donald Hebbs frühes assembly-Konzept. Gegenwärtig ist einer der vielversprechendsten Ansätze das "Korrelationsmodell". Hier geht man davon aus, daß die Kohärenz - etwa eines wahrgenommenen Objekts - temporal kodiert wird, d.h. daß die entsprechenden merkmalssensitiven Zellen diese Kohärenz durch eine möglichst präzise zeitliche Korrelation darstellen.

Im Gegensatz zur klassischen Assembly-Bildung durch Koaktivierung ließe sich durch eine solche zeitliche Kodierung das Bindungsproblem tatsächlich lösen, da hier die Synchronisation neuronaler Impulse als zusätzliche Variable für die Strukturierung neuronaler Aktivitätsmuster zur Verfügung steht. Die zeitliche Korrelation wäre dann genau jenes (...) selektive "Etikett", das eindeutig spezifizieren würde, welche Teilmenge der aktiven Neurone jeweils zu einem Assembly gebunden ist. Das Gesamtmuster der aktiven Zellen im visuellen System erhielte damit eine für andere Hirnregionen funktionell bedeutsame innere Struktur, die ihm im Hebb-Modell fehlt.[23]

Die zentrale Annahme besteht also darin, daß die Kohärenz wahrgenommener Objekte durch eine Synchronisierung der Feuerrate derjenigen Zellen erreicht wird, die für die jeweilen Merkmale empfänglich sind. Die zeitliche Korrelation zwischen synchron feuernden Zellverbänden wäre in diesem Modell der "Klebstoff", durch den eine selektive "Etikettierung" derjenigen Systemereignisse geleistet wird, die dann der weiteren Verarbeitung als ein integriertes Ganzes zur Verfügung gestellt werden können. Umgekehrt stellt eine solche Erweiterung des Hebb-Modells durch eine zeitliche Dimension der Kodierung auch einen Mechanismus bereit, um die so wichtigen Leistungen der Figur-Grund-Trennung und der Objektunterscheidung zu erbringen: Nämlich durch die Desynchronisation verschiedener Zellverbände. Weil ein solcher Mechanismus der dynamischen Eigenschaftsbindung durch eine vorübergehende Synchronisation räumlich verteilter zellulärer Antworten sehr schnell sein könnte, würde er gleichzeitig auf ökonomische Weise die Flexibilität und Dynamik des Gesamtsystems erhöhen. Ich werde gleich noch etwas mehr zum Begriff der Zeitkodierung sagen. Zunächst möchte ich ein erstes Mal kurz darauf hinweisen, warum ein solcher theoretischer Ansatz unter Gesichtspunkten der ontologischen Sparsamkeit auch für eine philosophische Theorie des Geistes interessant ist. Wenn wir ein begrifflich konsistentes und auch empirisch nicht unplausibles Modell der Eigenschaftsbindung, das heißt der Bildung von repräsentationalen Objekten als einer Form von Selbstorganisation besitzen, dann verfügen wir nämlich über die ersten Bausteine für eine naturalistische Theorie des Bewußtseins - das heißt: für eine Erklärung von unten. Valerie Gray Hardcastle hat diesen Zusammenhang knapp und treffend als die Möglichkeit bezeichnet, eine neo-Humesche Antwort auf eine alte Kantische Behauptung zu geben.[24]

Es gibt nun erste Anzeichen, die in diese Richtung deuten und sie sind von grossem Interesse für eine philosophische Theorie des Bewußtseins. Ein Beispiel: Wolf Singer und seine Mitarbeiter im Max-Planck-Institut für Hirnforschung in Frankfurt haben entdeckt, daß weit verteilte Neuronen im Gehirn von Katzen, die auf von ein und demselben visuell präsentierten Objekt ausgehende Stimuli reagieren, synchron mit einer Frequenz von etwa 30 bis 80 Hertz zu oszillieren beginnen.[25] Daß die Bindung visueller Eigenschaften durch sehr kurze Synchronisierungen verteilter Aktivitätsmuster geleistet werden könnte, hatte Christoph von der Malsburg schon 1981 vorgeschlagen.[26] Diese neuen Entdeckungen zeigen nun, daß sich tatsächlich für sehr kurze Perioden von weniger als einer halben Sekunde solche synchronen neuronalen Oszillationen des Feldpotentials mit etwa 40 Hz etablieren. Eine Reihe von Philosophen haben allerdings die Rolle dieser Oszillationen begrifflich falsch interpretiert. Wichtig ist in unserem Zusammenhang nur die Tatsache der Synchronisation selbst: Die Oszillationen kann man in einigen Fällen als Randbedingungen von solchen Synchronisationsvorgängen verstehen, durch die dann möglicherweise die geforderten integrativen Leistungen des Cortex erbracht werden können. Interessant ist an diesen Prozessen, daß sie sich bei der Selbstorganisation an den klassischen Gestaltkriterien wie etwa Nachbarschaft, Ähnlichkeit, Bewegungskontinuität usw. orientieren. Interessant ist auch, daß sie bei manchen Versuchsanordnungen in etwa dieselbe Zeit beanspruchen, in der die Aufmerksamkeit einer Person von einem Objekt zum anderen springt. Es wird auch untersucht, ob ein solcher hochauflösender zeitlicher Code, sich eignet, um in nicht-propositionalen Formaten Relationen darzustellen und - gegebenenfalls auch höherstufige - Objektkonstruktionen durchzuführen. Natürlich wäre dies für eine allgemeine Theorie mentaler Repräsentation besonders interessant, weil dadurch prinzipiell nicht nur verständlich würde, wie der menschliche Geist aus verteilten Eigenschaftsmengen repräsentationale Objekte bilden, sondern auch, wie er diese vorübergehend ineinander einbetten kann.

It is easy to see that the output of such coherently active cell assemblies could in turn be used as input to other "coherence detecting" nets at higher levels, and those could, in turn, self-organize their connectivity as a function of the spatially and temporally structured input provided by the preceding processing levels. Iteration of such segmentation and regrouping operations could then allow for the generation of non-isomorphic, abstract representations of complex shapes and patterns.[27]

Solche höherstufigen Einbettungsrelationen kann man sich als eine Aufeinanderfolge hintereinandergeschalteter anotomischer Module denken, aber auch als eine dynamische Hierarchie von Aktivitätsmustern. Das theoretische Prinzip der temporalen Kodierung löst also nicht nur das Bindungs- und das Superpositionsproblem, es könnte auch auf einer Vielzahl von Darstellungsebenen wirksam sein. Ein genereller Integrationsmechanismus dieses Typs wäre deshalb auch auf der Suche nach einer Erklärung für die den holistischen Charakter des repräsentationalen Gesamtzustandes von großem Interesse.

We rather have to ask, who is the subject of perception, and, how is the unity of perception established in the brain? It is an ineradicable misconception that the unity of perception has to be established in a separate center, which in addition is often imagined as being of structureless unity itself. This mental archetype leads to infinite regress and to absurdity. Instead, the unity of mind has to be seen as an organic equilibrium among a great multitude of elements. The mental symbols both send and receive at the same time. Signals sent by one sub-symbol are deciphered by other sub-symbols, and the sending symbol can in turn establish itself, momentarily, if it responds to the messages and questions sent by others. In the state of unity, each subsymbol encodes in its own terms the situation described by others. This unity is not reached by leaving out detail but by uniting all detail with the help of relations.[28]

Dieser Gedanke von Christoph von der Malsburg verdeutlicht auf eindrückliche Weise, in welcher Form die Korrelationstheorie der Hirnfunktion die begrifflichen Mittel bereitstellen könnte, um zu einer befriedigenden naturalistischen Antwort auf das Homunkulus-Problem und die klassische Frage nach der Einheit des Bewußtseins zu gelangen.

Intermezzo: Die Zeitfenster-Metapher

Die technischen Details sind für die philosophische Fragestellung weniger interessant als das neue Bild vom Gehirn, das sich aus ihnen ergibt: Unser Gehirn ist ein System, daß ab einer gewissen Ebene repräsentationalen Gehalts "in die Zeit ausweicht".[29] Ich werde versuchen, diesen Zusammenhang durch die Einführung einer neuen Metapher zu illustrieren, die ich jedoch an einem späteren Punkt der Überlegung wieder aufgeben möchte. Die neue Metapher ist die Zeitfenster-Metapher: Meine These ist, daß wir Systeme sind, die ein metarepräsentationales Wissen über ihre eigenen Zustände erzeugen, indem sie Zeitfenster verschiedener Größe öffnen, durch die sie die Art und Weise betrachten können, in der ihre autonome Eigenaktivität durch den Informationsfluß aus den Sinnesorganen moduliert und strukturiert wird. Zeitfenster sind also neuronale Integrationsfenster: Sie stellen eine präzise Zeitskala für repräsentationale Bindungsmechanismen bereit.

Zuerst muß hier einem möglichen Mißverständnis vorgebeugt werden. Das Öffnen von Zeitfenstern ist zunächst etwas, das von aussen geschehen kann: Wenn Neurowissenschaftler die Aktivität des Gehirns beobachten, dann können sie bei der Beschreibung von Meßdaten bestimmte Größen über einen gewissen Zeitraum hinweg mitteln oder die Resultate mehrerer Reizdurchläufe aufsummieren (zum Beispiel bei einer Zählung der Häufigkeit von Aktionspotentialen im sukzessiven Fenstern von 100 ms oder der Berechnung von Korrelogrammen in Fenster von 1 bis 3 Sekunden). Damit erzeugen sie einen abstrakten Gegenstand ihrer Darstellung: Sie greifen eine ganz bestimmte, für sie interessante Eigenschaft des Systems heraus, um diese näher zu untersuchen. Diese Eigenschaft ist intersubjektiv zugänglich, liegt normalerweise in Gestalt einer sprachlich-propositionalen (zum Beispiel mathematischen) Beschreibung vor und entsteht eben dadurch, daß die Experimentatoren sowohl im Versuchsaufbau als auch in der Interpretation der gewonnenen Daten einen bestimmten Zeitrahmen wählen. Sowohl der Versuchsaufbau als auch die Interpretation können, gemessen am jeweiligen Erkenntnisziel, falsch sein. Die Wissenschaftlergemeinschaft kann dies jederzeit entdecken. Dies ist der erste Fall.

Der zweite Fall besteht darin, daß das Gehirn selbst Zeitfenster über seiner eigenen Aktivität öffnet, zum Beispiel durch den eben beschriebenen Vorgang der Zeitkodierung. Durch diesen Vorgang entsteht eine Darstellung verschiedener, räumlich verteilter Mikroereignisse im Gehirn, aber "von innen". Die "Innerlichkeit" der Darstellung besteht darin, daß das betreffende System sich auf automatische Weise von seiner eigenen physikalischen Prozessualität distanziert: Objektbildung ist Distanznahme. In anderen Worten: Bestimmte Stimuluskonfigurationen stoßen im System dynamische Selbstorganisationsprozesse an. Diese Prozesse konvergieren in Richtung auf höherstufige Zustände[30], die durch die Synchronizität der neuronalen Antworten als Ganzheiten "etikettiert" werden, und welche die Kohärenz der Reize durch die Bildung eines transienten Objekts, also durch einen neuen und ebenfalls kohärenten Zustand im System darstellen. Mit "Distanznahme" meine ich, daß hierbei das Ereignishafte an diesem Selbstorganisationsvorgang ausgefiltert und für das System selbst unerkennbar wird. Objektbildung führt also dazu, daß das System in eine Distanz zu seinen eigenen Zuständen gerät: Durch Synchronisation, durch die Herstellung temporaler Korrelationen können viele räumlich weit verteilte neuronale Antworten - Ereignisse - innerhalb eines Zeitfensters zu einer höherstufigen Ganzheit - einem Objekt - integriert werden. Aus vielen Ereignissen wird ein Objekt und dadurch entsteht so etwas wie die "Oberfläche der Innenseite". Auch diese Form des Öffnens von Zeitfenstern greift also wieder bestimmte, für das System selbst interessante Eigenschaften des in ihm fliessenden Datenstroms heraus und bündelt diese, indem es sie zu einem Objekt bindet. Dieses kann dann durch weitere, höherstufige Formen der Informationsverarbeitung und Darstellung näher untersucht werden. Allerdings wird diese spezielle, temporal-kodierte Darstellungs- und Eigenschaftsbindungsfunktion durch einen konkreten Zustand im System selbst realisiert: Zum Beispiel durch ein mit Hilfe von Synchronisationsprozessen gebundenes Aktivitätsmuster. Wieder wird ein bestimmter Zeitrahmen verwendet, wieder entsteht ein Gegenstand der Darstellung, wieder ist dieser Gegenstand prinzipiell intersubjektiv zugänglich. Allerdings sind hier sowohl der "Versuchsaufbau" als auch die "Interpretation der Daten" interne und konkrete Zustände des erkennenden Systems selbst. Natürlich können diese ihm aufgrund von Eigenheiten seiner funktionalen Architektur durchaus subjektiv unzugänglich sein. Zeitfenster besitzen auch unter erkenntnistheoretischer Perspektive interessante Eigenschaften. Die hohe interne Korrelationsstärke oder Kohärenz einer wahrgenommenen Eigenschaftsmenge ist ein Sachverhalt, normalerweise in der Umwelt des Systems. Dieser Sachverhalt wird aber nicht durch eine Proposition oder eine satzartige Struktur repräsentiert, sondern durch ein ganzheitliches Objekt dargestellt, durch ein repräsentationales Holon. Darum kann das System in vielen Fällen nicht mehr zwischen Form und Gehalt unterscheiden. Allem Anschein nach wird mit der Erzeugung von repräsentierenden Gegenständen dieses Typs also gleichzeitig eine nicht-begriffliche Abstraktionsleistung erbracht.

Unter einem Zeitfenster möchte ich also zunächst nur ein Integrationsfenster verstehen, innerhalb dessen verschiedene intern repräsentierte Merkmale vom Gehirn durch die Herstellung einer zeitlichen Korrelation zu einer Ganzheit vereinigt werden. Das, was ich eben als die "Einbettung" des Gehalts verschiedener Zeitfenster ineinander bezeichnet habe, sollte aber nicht in der Weise eines Baukastensystems mit einer starren Konstituentenstruktur gedacht werden. Ich denke, was wir benötigen, um den Holismus der phänomenalen Wirklichkeit zu verstehen, ist eine flüssige Systemarchitektur, in der es Plastizität und eine flexible Gesamtdynamik, aber auch Homogenität und Formstabilität gibt. Durch verschiedene Typen solcher Zeitfenster können verschiedene "Körnungen" realisiert werden, verschieden starke Auflösungen, mit denen die in ihnen erscheinenden Repräsentanda dargestellt werden. Da wir es aber mit subsymbolischer Informationsverarbeitung zu tun haben, dürfen Zeitfenster nicht als starre Basiselemente gedacht werden: Wir müssen sie als plastische Bestandteile eines dynamischen Bindungsmechanismus verstehen, als variable Bedingungen der Darstellung, die eben durch diese Variabilität auch kontextsensitiv sein kann und sich höchstens durch eine schwache Kompositionalität auszeichnet. Die höherstufige Einbettung mentalen Gehalts muß deshalb eine dynamische Evolution des Gesamtzustandes voraussetzen, in deren Verlauf gebundene Aktivitätsmuster ohne Verlust an relevanter Information superponiert werden können. Zeitfenster könnten also plastische Mechanismen sein, wobei eine - mehr oder weniger starke - Synchronisation der - dickere oder dünnere - Klebstoff ist, welcher die innere Korrelationsstärke der repräsentierten Eigenschaftsmengen durch einen Gradienten der Synchronisationsstärke ausdrückt. Dieser Gradient hebt das repräsentationale Objekt - mehr oder weniger deutlich - aus dem Aktivitätshintergrund heraus, in dem es entsteht.[31]

Den eben skizzierten Überlegungen möchte ich nun folgen und sie weiter verallgemeinern. Man kann die Konstruktion eines "repräsentationalen Holons" als genau den Fall analysieren, in dem das System eine distribuierte Eigenschaftsmenge von den zeitlichen Relationen befreit, die zwischen ihren Elementen besteht. Diese Synchronisierung von Einzelereignissen im System hat dann auf den jeweils höheren Darstellungsebenen die Bildung einer neuen und integrierten Form von Gehalt - die Entstehung einer repräsentationalen Ganzheit durch diskrete Mechanismen zeitlicher Kodierung - zur Folge. Dadurch, daß den einzelnen als Eigenschaftsdetektoren fungierenden Ereignissen vom System eine gleichförmige zeitliche Gestalt verliehen wird, verliert die Eigenschaftsmenge ihre innere zeitliche Struktur und wird auf der Ebene der Darstellung zu einem holistischen Objekt verdichtet: Synchronizität erzeugt Ganzheit.

3. Globale Metarepräsentation: Von HOT und HOP zu HOB

Aus diesen Überlegungen in der empirischen Theoriebildung läßt sich nun - an diesem Punkt beginnt die philosophische Spekulation - ein abstraktes begriffliches Prinzip extrahieren, welches für die Philosophie des Geistes und die Naturalisierung phänomenalen Bewußtseins von großem Interesse sein könnte. Ich nenne es das Prinzip der Bildung repräsentationaler Ganzheiten:

(PBG): Natürlich entstandene Repräsentationssysteme eines bestimmten Typs sind in der Lage, eine Teilmenge von internen, räumlich distribuierten und für sie als Merkmalsdetektoren fungierenden Einzelereignissen zu einer repräsentationalen Ganzheit zu binden, indem sie durch Synchronisationsprozesse die perzeptiven Relationen zwischen den Elementen dieser Menge kodieren.

Ich werde mich hier nicht weiter mit der genauen Auszeichnung der fraglichen Klassen von Systemen befassen.[32] Ich gehe jedoch davon aus, daß Menschen in nicht-pathologischen Wachzuständen (also die von mir eingangs als intendierte Klasse bezeichneten Systeme) zu dieser Klasse gehören. Und darum werde ich bereits an diesem Punkt - nachdem ich nun das Problem phänomenaler bzw. repräsentationaler Ganzheiten sowohl aus der Perspektive der ersten Person als auch aus der Aussenperspektive betrachtet habe - wieder auf die Ebene der begrifflichen Analyse zurückkehren. Denn was ich anbieten möchte sind nicht empirische, sondern philosophische Spekulationen.

Zunächst muß ich die Annahmen offenlegen, die als Grundlage meiner Spekulation dienen sollen. Ich werde die Narrenfreiheit des Philosophen dazu nutzen, eine sehr starke generelle Grundannahme zu machen: Die im Rahmen der Korrelationstheorie postulierte Form der Zeitkodierung ist der allgemeine Integrationsmechanismus mit dessen Hilfe - zumindest bei Systemen unseres eigenen Typs - alle Formen repräsentationaler Ganzheit generiert werden. In anderen Worten: Ich gehe probehalber davon aus, daß das, was ich soeben (auf zweifellos zu kurze und ungenaue Weise) als den Mechanismus beschrieben habe, mit Hilfe dessen das System sich von seiner eigenen Prozessualität distanzieren kann, indem es Zeitfenster verschiedener Größe über seiner eigenen Aktivität öffnet, ein allgemeines Prinzip ist, welches auf allen Bindungsebenen wirksam ist. Dabei geht es nicht darum, sinnlose empirische Pseudohypothesen zu erzeugen. Ich erhebe keinerlei Ansprüche auf empirische Wahrheit. Worum es geht, ist das heuristische Potential eines absichtlich generalisierten Denkmodells zu untersuchen. Ich mache zu diesem Zweck die folgenden Annahmen:

A1: Temporale Kodierung synchronisiert die Aktivität räumlich verteilter Eigenschaftsdetektoren und erlaubt dadurch die homogene Präsentation einer Eigenschaft in einer sensorischen Modalität. ("Erzeugung elementarer qualitativer Einheiten in separaten Merkmalsräumen").

A2: Unter diesem Punkt fasse ich - der Übersichtlichkeit halber - fünf Annahmen zusammen, die mit dem repräsentationalen Aufbau einer komplexen Aussenwelt und der Verhaltensregulierung in dieser Aussenwelt zu tun haben:

- Temporale Kodierung bindet mehrere Eigenschaften zu einem Objekt in einer sensorischen Modalität (Aktivierung von "Wahrnehmungsgestalten"; Objektbildung und Szenensegmentierung über Merkmalsräume hinweg).

- Temporale Kodierung bindet Information über verschiedene Modalitäten hinweg ("Erzeugung multimodaler repräsentationaler Objekte").

- Temporale Kodierung ermöglicht die integrierte Darstellung multimodaler zeitlicher Gestalten, zum Beispiel von Ereignis- oder Handlungssequenzen ("Übergang von der Generierung einer operationalen Eigenzeit zu einem kontinuierlichen Fluß repräsentationaler Momente").

- Temporale Kodierung bindet sensorische und motorische Information und ermöglicht so koordiniertes Verhalten ("Integration funktionaler Module").

- Temporale Kodierung ermöglicht es, das relationale Profil repräsentationaler Ganzheiten darzustellen und diese dadurch in aufsteigenden Hierarchien ineinander einzubetten ("Bildung komplexer Szenen und Situationen").

A3: Die dritte Annahme hat dagegen mit dem repräsentationalen Aufbau einer integrierten Innenwelt zu tun. Temporale Kodierung ermöglicht es dem System, ein ganzheitliches Selbstmodell zu generieren und dieses in komplexe Situationen einzubinden ("Zentrierung des repräsentationalen Gesamtzustandes"; Bildung einer "Perspektive der ersten Person").

A4: Temporale Kodierung ermöglicht es, den durch das Selbstmodell zentrierten repräsentationalen Gesamtzustand zu binden zu einer globalen Struktur, zu einer kohärenten repräsentationalen Ganzheit höchster Ordnung (Highest-Order-Binding; "Bildung eines ganzheitlichen Realitätsmodells").

Diese Annahmen lassen sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt in empirischer Hinsicht höchstens schwach untermauern. Als ernstgemeinte empirische Spekulationen sind sie - vielleicht mit Ausnahme des Punktes A2 - noch uninteressant. Allerdings rechtfertigt die Tendenz der empirischen Faktenlage bereits eine rationale philosophische Spekulation: Auf der begrifflichen Ebene ist es durchaus vernünftig, zu untersuchen, ob sich hier durch die Verallgemeinerung eines empirisch plausiblen Prinzips eine neue Perspektive auf die altbekannten Probleme gewinnen läßt. Man kann, so denke ich, sofort erkennen, daß die Annahmen A1 und A4 direkte Relevanz für Fragen nach der elementaren Homogenität von Qualia und nach der globalen Ganzheit des Bewußtseinsraums besitzen. Diese Fragen bilden weiterhin den Schwerpunkt meiner Überlegungen. Da ich jedoch eingangs das Problem der Ganzheit phänomenalen Gehalts durch die Einführung des Begriffs "phänomenales Holon" auf verschiedene Ebenen hin generalisiert habe, erweitern sich begriffliche Spekulationen nun auch bezüglich dieser Ebenen.

Zunächst müssen wir deshalb entsprechend den Annahmen A1 bis A4 eine generalisierte Version von PBG formulieren. Diese neue Version muß zweierlei leisten. Sie muß von unserem Ausgangsbeispiel - der Objektbildung innerhalb einer einzigen Sinnesmodalität - abstrahieren. Zweitens muß sie den generierten repräsentationalen Ganzheiten eine kausale Rolle zugestehen. Synchronisationsphänomene sind nur dann wirklich interessant, wenn sich tatsächlich nachweisen läßt, daß sie eine separate funktionale Rolle für die Verhaltensgenese und das subjektive Erleben spielen.[33] Nennen wir es das Generalisierte Prinzip der Bildung repräsentationaler Ganzheiten:

(GPBG): Natürlich entstandene Repräsentationssysteme eines bestimmten Typs sind in der Lage, eine Teilmenge von internen, räumlich und zeitlich distribuierten Einzelereignissen oder bereits aktiven repräsentationalen Ganzheiten zu einer höherstufigen repräsentationalen Ganzheit zu binden, indem sie durch Synchronisationsprozesse jeweils die perzeptiven oder Einbettungsrelationen zwischen den Elementen dieser Menge darstellen. Auf diese Weise durch eine gemeinsame Zeitstruktur gebundene Mengen von Einzelereignissen können eine eigene kausale Rolle im System spielen, d.h. in manchen Fällen auch als höherstufige funktionale Eigenschaften oder transiente funktionale Module betrachtet werden. Sie sind dann funktional aktive repräsentationale Ganzheiten.

Diesem Prinzip zufolge besteht der auf allen repräsentationalen Ebenen einzelne Elemente verbindende und vorübergehend in höherstufige Ganzheiten verwandelnde Mechanismus in der Erzeugung einer identischen Zeitstruktur. Wenn die repräsentationalen "Ebenen", von denen ich eben so leichtfertig gesprochen habe, tatsächlich separate Stadien der Gesamtdynamik sind, müßten sie sich durch diskrete Klassen neuronaler Algorithmen beschreiben lassen. Was wir also untersuchen müssen, wenn wir uns für abstrakte Beschreibungen des holistischen Charakters einzelner Elemente des subjektiven Raums interessieren, sind die Zeitkonstanten der fraglichen neuronalen Algorithmenklassen. Es fragt sich in diesem Zusammenhang weiterhin, in welchen Fällen die entsprechenden funktionalen Zustände überhaupt noch durch deutlich abgrenzbare anatomische Module auf der Ebene des Gehirns realisiert werden und in welchen Fällen nur in Gestalt transienter computationaler Module.

An diesem Punkt im Gang der Überlegung muß die Zeitfenster-Metapher - die ich vorübergehend zur Veranschaulichung des Prinzips der temporalen Kodierung benutzt habe - wieder aufgelöst werden, weil sie auf begrifflicher Ebene für Verwirrung sorgen würde. Das Öffnen von Fenstern ist nämlich eine intentionalistische top-down-Metapher: Fenster werden von Personen und im Normalfall absichtlich geöffnet. Naturalistische Begriffsbildung muß jedoch auf subpersonalen Beschreibungsebenen operieren und interne Homunkuli mit eigenen volitionalen Akten durch Prinzipien der Selbstorganisation ersetzen. Außerdem ist die Zeitfenster-Metapher wieder eine der räumlichen und visuellen Metaphern, die die abendländische Philosophie des Geistes seit ihrem Anbeginn verhext haben: Sie erzeugt bei einer unkritischen begrifflichen Umsetzung zu leicht einen fixen Beobachterstandpunkt, eine Perspektive und distale Objekte. Eine naturalistische Analyse der Bildung repräsentationaler Ganzheiten erfordert dagegen eine begrifflich überzeugende Theorie der Selbstorganisation ohne einen Homunkulus. Der Homunkulus, das Fenster und das, was durch das Fenster gesehen wird, entstehen allerdings nicht nur innerhalb der auf intuitive Plausibilität abzielenden Zeitfenster-Metapher, sondern leicht auch in unserer wissenschaftlichen Theorie "von außen". Weil in der sprachlichen Darstellung Form und Gehalt wieder auseinanderfallen, werden repräsentationale Ganzheiten zu abstrakten Objekten: Es sind Objekte in hochdimensionalen Repräsentationsräumen, deren formale Struktur durch mathematische Abstraktionen wie etwa Vektorraumbeschreibungen eines bestimmten Typs oder neuronale Algorithmen mit gewissen Zeitkonstanten erfaßt werden kann. Bei dem subsymbolischen Vorgang des "Öffnens eines Zeitfensters" dagegen kann das System selbst nicht mehr zwischen Form und Gehalt unterscheiden: Das "Öffnen des Fensters" und das "Entstehen des durch das Fenster gesehenen Objekts" sind identisch, beide Beschreibungen sind koextensiv. Sie beziehen sich auf ein und dasselbe durch selbstorganisierende Synchronisationsprozesse gebundene Erregungsmuster im Gehirn: Das neuronal realisierte Integrationsfenster ist ein Objekt, ein neuer Systemzustand. Wie eine Blume öffnet es sich von selbst. Deshalb werde ich ab jetzt nicht mehr metaphorisch von Zeitfenstern, sondern von "funktional aktiven repräsentationalen Ganzheiten" sprechen.

Ich gehe nun in einem kurzen Kommentar die Annahmen A1 bis A4 durch und biete für jede von ihnen die angekündigten begrifflichen Spekulationen an. Entsprechend der beiden zu Beginn isolierten Explananda sind es die Annahmen A1 und A4, die unsere größte Aufmerksamkeit verdienen.

S1 In der Annahme A1 liegt möglicherweise eine naturalistische Antwort auf das grain-problem verborgen. In seiner ersten Version besteht es darin, daß etwa im manifesten Erleben eines rosa Eiswürfels subjektiv nicht nur eine bestimmte phänomenale Eigenschaft - nämlich das visuelle "Rosa"-Quale - instantiiert wird, sondern auch darin, daß diese Eigenschaft homogen über einen Teil des erlebten Objekts verteilt ist. Wenn das manifeste und subjektiv erlebte Objekt in einem Leibniz'schen Sinne mit einem neuronalen Aktivitätsmuster identisch sein sollte (wenn es also alle nicht-intensionalen und nicht-modalen Eigenschaften mit ihm gemein haben sollte), dann müßten aufgrund des phänomenalen Kontinuumcharakters alle raumzeitlichen Regionen dieses Aktivitätsmusters - ganz egal wie klein sie sind - ebenfalls die Eigenschaft "Rosa" instantiieren. "Homogenität" wäre dieser Analyse zufolge eine Eigenschaft einer Eigenschaft einer funktional aktiven repräsentationalen Ganzheit, keine strukturelle Eigenschaft, sondern eine höherstufige Gehalteigenschaft.[34] Diese Eigenschaft kann man nun erstmals im Sinne einer spekulativen empirischen Hypothese mit einer neuroinformatisch-physikalischen Eigenschaft identifizieren, indem man sagt: Die Homogenität manifester, subjektiv erlebter Qualitäten ist die temporale Homogenität der entsprechenden Systemzustände. Es gibt tatsächlich eine komplexe physikalische Eigenschaft, die sich in allen fraglichen raumzeitlichen Regionen wiederfindet, nämlich die Synchronizität der neuronalen Aktivität. Synchronizität muß genau dann als Homogenität erlebt werden, wenn ein höherstufiger Integrationsmechanismus ein geringeres zeitliches Auflösungsvermögen besitzt als die von ihm verbundenen niedrigstufigen Systemzustände: Temporale Kohärenz wird dann vom System als Glattheit dargestellt. Auf einer höherstufigen Darstellungsebene müßte darum die synchrone Aktivität von Eigenschaftsdetektoren eines bestimmten Typs notwendigerweise als strukturlos und dicht erscheinen.

Der zentrale Aspekt des philosophischen Qualia-Problems besteht darin, daß der qualitative Charakter die entsprechenden sensorischen Zustände undurchsichtig zu machen scheint, er macht es unmöglich, die kausale Rolle dieser Zustände zu erkennen. Nun kann man sagen: Die kausale Rolle wird nicht durch das realisiert, was wir den "qualitativen Charakter" nennen, sondern durch die Homogenität dieses qualitativen Charakters. Ich greife die Röte in Wirklichkeit durch ihre Homogenität introspektiv heraus und eben genau das ist die Realisierung der kausalen Rolle. Homogenität ist - auf der Ebene einfacher phänomenaler Eigenschaften - das subjektive Korrelat der Synchronizität der Aktivität der jeweiligen Eigenschaftsdetektoren und genau durch diese Synchronisierung kann diese Aktivität überhaupt erst funktional aktiv und subjektiv erlebbar werden. Die kausale Rolle wird also auf der Ebene des phänomenalen Gehalts durch seine Homogenität dargestellt, und nicht durch das, was wir als diesen Gehalt "selbst" zu bezeichnen gewohnt sind. Ich schlage aus diesem Grund eine "Zwei-Komponenten-Theorie" von Qualia vor: Manifeste Qualitäten des bewußten Erlebens wie International Klein Blue besitzen eine H-Komponente und eine Q-Komponente. Die H-Komponente ist die Homogenität des Zustandes und die Q-Komponente entspricht der durch ihn instantiierten phänomenalen Eigenschaft. Was wir introspektiv herausgreifen ist nicht International Klein Blue, sondern homogenes International Klein Blue. Die H-Komponente ist das, wodurch die Q-Komponente kausal aktiv und dadurch gleichzeitig auch introspektiv erfaßbar wird; durch die H-Komponente kann der entsprechende Systemzustand eine funktionale Rolle spielen und in den Raum bewußten Erlebens eintreten. Die Spekulation S1 besagt, daß die H-Komponente sich mit Hilfe der Zeitkodierungshypothese naturalisieren lassen könnte.

Damit wäre das Qualia-Problem nicht gelöst: Wir könnten immer noch nicht sagen, was International Klein Blue ist. Was uns fehlt, ist immer noch eine überzeugende Theorie für die Q-Komponente. Aber wir hätten eine empirisch plausible Antwort auf das höherstufige Problem der Homogenität qualitativen Gehalts: Elementare subjektive Qualitäten erscheinen uns deshalb als atomisch und irreduzibel, weil wir Systeme sind, die die Aktivität ihrer elementaren Eigenschaftsdetektoren durch temporale Kodierung zu einem höherstufigen Systemzustand mit einer ganzheitlichen Zeitstruktur binden. Man darf an dieser Stelle zwei wichtige Punkte nicht übersehen: Phänomenale Eigenschaften treten niemals isoliert auf, sondern immer als Eigenschaften von höherstufigen Ganzheiten. Ein bewußter Schmerz ist immer im Körperschema lokalisiert. Und sogar die Farbflecken, die wir manchmal kurz vor dem Einschlafen sehen können, besitzen eine räumliche Ausdehnung, häufig sogar Konturen und eine Bewegungsrichtung. (Vielleicht kann man hier sagen: Farbigkeit ist eine Dimension, die wir durch einen intern generierten Kontext strukturieren können, aber isolierte Farben ausserhalb dieses Kontexts gibt es nicht.[35]) Es gibt aber, zweitens, auch niemals isolierte phänomenale Individuen. Im bewußten Erleben treten reine Individuen niemals auf, sondern immer nur Komplexionen von Qualitäten, also das, was ich am Anfang als ein "phänomenales Holon" bezeichnet habe. Die Eleganz der Korrelationstheorie besteht, so denke ich, darin, daß sie das Potential besitzt, auf ontologisch maximal sparsame Weise den Übergang von funktionalen zu phänomenalen Zuständen zu erklären. Es gibt gar keine isolierten phänomenale Eigenschaften und es gibt auch kein phänomenales Individuum, an das diese Eigenschaften "angeheftet" werden: Was es in Wirklichkeit gibt, sind Mengen von mikrofunktionalen Ereignissen, die durch Synchronisation zu einem kohärenten Ganzen gebunden werden. Auf der Ebene elementarer Eigenschaften zeigt sich diese Kohärenz dann introspektiv als das, was wir Philosophen gerne "Homogenität" nennen. Die Homogenität von International Klein Blue könnte also die Art und Weise sein, in der das System die Synchronizität aktiver Eigenschaftsdetektoren für sich selbst darstellt - die Art und Weise, in der es Kohärenz erlebt. Wenn diese Spekulation in die richtige Richtung geht, dann bedeutet dies, das neurowissenschaftliche Nachfolgeprädikate in Sicht kommen, die in der Lage sind, die ultimate homogeneity im Sellars'schen Sinne semantisch aufzufangen.[36]

Um auch den qualitativen Gehalt selbst zu reduzieren, um eine vollständige Lösung des Qualia-Problems im Sinne der klassischen Identitätstheorie oder einer Eliminationsvariante anbieten zu können, müßten wir allerdings auch sagen können was hier durch Synchronisation zu einem höherstufigen und in einer bestimmten Hinsicht temporal ganzheitlichen Systemzustand gebunden wird. Wir bräuchten abstrakte Beschreibungen der entsprechenden neuen Eigenschaften (der Q-Komponente), die uns zwei Fragen beantworten: Wieso bilden subjektive Eigenschaften erster Ordnung (zum Beispiel Farbqualia) phänomenale Familien? Wieso sagt uns die subjektive Erfahrung selbst nicht, worin diese von uns sehr konkret erlebten Familienähnlichkeiten (oder auch die Exklusionsbeziehungen zwischen Familien) bestehen? Für eine vollständige Reduktion elementarer phänomenaler Eigenschaften wären also mathematische Modelle der jeweiligen durch temporale Kodierung zu kohärenten Einheiten gebundenen Aktivitätsmuster nötig, mit deren Hilfe sich interessante objektive Ähnlichkeitsklassen extrahieren und auf die "Topologie des subjektiven Raums" abbilden lassen. Sollte es eines Tages gelingen, solche formalen Beschreibungen der entsprechenden konkreten Systemzustände auf interessante Weise mit den Kategorisierungen unserer Alltagspsychologie in Verbindung zu setzen, dann wäre die Realisierung des von Nagel 1974 formulierten Projekts einer "objektiven Phänomenologie" näher gerückt.

Wenn das epistemische Ziel unseres Unternehmens in anschaulichen Beschreibungen besteht, die eine Brücke zwischen der wissenschaftlichen Theorie und unserem Alltagsverständnis schlagen, dann könnte man hier zum Beispiel sagen: International Klein Blue ist gar keine Qualität, sondern die hochdimensionale "Form" eines neuronalen Aktivierungszustandes in meinem visuellen Cortex. Der konkrete neuronale Erregungszustand in meinem Gehirn der zu meinem konkreten International-Klein-Blue-Erlebnis führt, besitzt - als aktive innere Darstellung betrachtet - verschiedene abstrakte Eigenschaften. Vielleicht könnte man diese Eigenschaften der inneren Darstellung auch als ihr "Format" bezeichnen.[37] Als Ereignis in der visuellen Informationsverarbeitung des Systems betrachtet, stellt sie einen Aktivierungszustand in einem lokalen neuronalen Netz, also in einem bestimmten Subsystem des Gehirns dar. Diesen lokalen Netzzustand kann man auf verschiedene Weise abstrakt beschreiben: Prinzipiell gibt es viele mathematische Modelle für diesen ganz speziellen Zustand und auch für seine zeitliche Dynamik. Eine Möglichkeit, ihn zu beschreiben, wäre als Punkt in oder als Ausschnitt aus einem hochdimensionalen Vektorraum, denn den Aktivierungsszustand eines neuronalen Netzes kann man durch Aktivierungsvektoren beschreiben. Wenn man jetzt für diese abstrakte algebraische Beschreibung ein geometrisches Modell einführt, dann entstehen anschauliche Bilder für sehr abstrakte gedankliche Gebilde - etwa Räume, Schnitte oder Oberflächen. Unter einer solchen geometrischen Beschreibung könnte man dann sagen: Jeder einzelne neuronale Zustand besitzt eine Form, unter Umständen eine sehr hochdimensionale Form. Könnte es das sein, was ich sehe, wenn ich International Klein Blue sehe? Verbirgt sich hinter der "dimensionslosen Tiefe" der subjektiven Empfindungsqualität International Klein Blue möglicherweise die extrem hochdimensionale Form eines körperlichen Zustandes, den ich nicht als solchen erkenne?

Lassen wir uns nicht täuschen. All dies käme noch lange nicht einer reduktiven Lösung des Qualia-Problems gleich: Wir wüßten noch lange nicht, was es heißt, daß Qualia bewußte Erlebnisse sind und auch nicht, was es heißt, daß sie an eine subjektive Perspektive gebunden sind.

S2 Wenn es eine gute Theorie der Objektbildung sowohl innerhalb einer wie auch über verschiedene sensorische Modalitäten hinweg gibt, dann sind wir nicht mehr gezwungen, nach den klassischen philosophischen Denkfiguren der Intentionalitätsbeziehung von einer Integration oder Eigenschaftsbindung "von oben" auszugehen. Man muß jetzt nicht mehr davon ausgehen, daß das erkennende Subjekt sich in mysteriöser Weise auf die Welt richtet und durch Varianten der Husserl'schen "Akte des Vermeinens" intentionale Objekte erzeugt: Die Entstehung aktiver repräsentationaler Ganzheiten kann auch auf metatheoretischer Ebene von unten, als eine natürliche Form der Selbstorganisation kognitiver Strukturen gedacht werden. Weil die Bildung solcher Ganzheiten auch im Rahmen mentaler Simulationen (also unabhängig von externem Input) denkbar ist, gibt es hier vielversprechende Möglichkeiten, zentrale Begriffe klassischer Geisttheorien - wie zum Beispiel die Begriffe "intentionaler Akt" und "intentionales Objekt" - nicht nur zu naturalisieren, sondern vielleicht auch auf eine Weise zu präzisieren, die die ursprünglichen Einsichten bewahrt. Dasselbe gilt möglicherweise für viele Begriffe der klassischen Wahrnehmungsphänomenologie, für James' sinnliche Totaleinheiten (sensible totals), von Ehrenfels' Gestaltqualitäten, Meinongsche Gegenstände höherer Ordnung, Husserl'sche figurale Momente usw. Noch eine andere Konsequenz dieses neuen theoretischen Modells ist von Interesse für die aktuelle philosophische Debatte: Die begriffliche Differenz zwischen "Konstruktion" und "Repräsentation" wird entschärft und in einer neuen, empirisch plausiblen Denkfigur aufgehoben. Wir können uns selbst als Systeme verstehen, die durch Eigenschaftsbindung in sich selbst kohärente Zustande konstruieren, die aufgrund ihres Informationsgehalts als Repräsentationen funktionieren. Es deuten sich also ein Vielzahl neuer Einsichten darüber an, wie eine naturalistische Konzeption intentionalen Gehalts entwickelt werden könnte.

Hier geht es jedoch um phänomenalen Gehalt. Die Kardinalfrage lautet: In welcher Beziehung stehen aktive repräsentationale Ganzheiten zu phänomenalen Ganzheiten, zu denjenigen Teilregionen des subjektiven Raums, die ich am Anfang durch den Begriff "phänomenales Holon" charakterisiert habe? Sowohl repräsentationale als auch phänomenale Ganzheiten besitzen eine prägnante Gestaltqualität, dadurch erhalten sie ihren holistischen Charakter. Und beiden fehlt ein Teil ihrer internen Struktur: Ein Teil der kausalen Geschichte der verschiedenen zu einem repräsentationalen Objekt gebundenen Eigenschaften wird jeweils vom System durch Synchronisation gelöscht und dadurch für es selbst unerkennbar. Dies könnte einer der Gründe dafür sein, daß wir Systeme sind, die die Wirklichkeit im Modus des naiven Realismus erleben müssen, weil sie die in ihnen selbst entstehenden phänomenalen Modelle nicht mehr als Modelle erkennen können. Und auf der repräsentationalistischen Beschreibungsebene läßt sich prinzipiell verstehen, wie mehrere aktive Ganzheiten sowohl durch Desynchronisation voneinander unterschieden als auch ohne Auslösung einer Superpositionskatastrophe koexistieren oder zu einheitlichen höherstufigen Strukturen verbunden werden könnten. Durch diese drei Merkmale - Ganzheit, selbst-referentielle Opazität und höherstufige Einbettbarkeit repräsentationaler Entitäten - wird die Korrelationstheorie interessant für eine allgemeine Theorie phänomenalen Bewußtseins.

Und trotzdem: Die gesuchte Relation kann nicht die Relation der Identität sein. Das zeigt sich bereits daran, daß viele der entscheidenden empirischen Untersuchungen zur Objektbildung und Szenensegmentierung erfolgreich an anästhesierten Katzen durchgeführt wurden. Das heißt: Repäsentationale Ganzheiten können ohne Bewußtsein und ohne die Perspektive der ersten Person erzeugt werden. Die Bildung eines perzeptiven Objekts im visuellen Cortex einer anästhesierten Katze kommt nämlich der künstlichen Erzeugung einer isolierten Ganzheit gleich. Diese Ganzheit ist aber nicht funktional aktiv, weil sie nicht mit anderen solcher Zustände zu einer höchststufigen Ganzheit verbunden ist[38] und deshalb auch nicht von der Katze zur Regulierung ihrer Interaktion mit der Umwelt benutzt werden kann. Ein phänomenales Holon dagegen ist durch mindestens zwei weitere, höherstufige Merkmale ausgezeichnet: Ein phänomenales Holon ist immer bewußt und es tritt immer in Verbindung mit einem perspektivisch organisierten Erlebnisraum auf. Ohne eine umfassende Theorie dieses Raums und des in ihm auftretenden und ihn strukturierenden phänomenalen Selbst sind reduktionistische Bemühungen also zum Scheitern verurteilt: Phänomenale Ganzheiten haben eine reichere relationale Struktur als isolierte und deshalb auch nicht funktional aktive repräsentationale Ganzheiten.

Wenn die dritte der unter A2 zusammengefaßten Annahmen sich als gerechtfertigt erweisen sollte, dann kann man verstehen, wie gebundene Objekte wieder als mit externen temporalen Relationen versehen dargestellt werden. Das System kann also, nachdem es auf einer grundlegenden Ebene repräsentationalen Gehalts das physikalische Zeitintervall gelöscht hat, nun wieder höherstufige Beziehungen des "Nacheinander" definieren.[39] Wir können zum Beispiel erleben, wie ein rosa Eiswürfel sich durch den Raum bewegt und in ein Glas fällt. So kann man verstehen, wie aus Parallelität auf dem Umweg über eine besondere Form der Objektbildung wieder Serialität entsteht: Eine innere Zeit, die sich aus in ihrer Ausdehnung variablen, aber bruchlos miteinander verknüpften Momenten bildet.

Wenn sich zeigen läßt, daß mit Hilfe der Korrelationstheorie auch die sensorimotorische Integration des Informationsflusses erklärt werden kann[40], dann stellt dies einen naturalistischen Lösungsansatz für alle jene Varianten des Leib-Seele-Problems dar, die das Wahrnehmen der Welt begrifflich als einen aufwärtsgerichteten und das Handeln in der Welt als einen abwärtsgerichteten Prozess beschreiben. Aktive repräsentationale Ganzheiten sind durch ihre kohärente Zeitstruktur diskrete Systemzustände, von denen man durchaus annehmen kann, daß sie in vielen Fällen funktionale Module bilden. Deshalb könnten sie als missing link bei der genauen Spezifizierung von durch das System hindurch verlaufenden Kausalketten dienen. Vielleicht liesse mit Hilfe solcher Überlegungen auch ein holistischer Handlungsbegriff entwickeln. Da es aber wahrscheinlich ist, daß viele solcher Prozesse unabhängig von phänomenalem Bewußtsein und dem Bestehen einer subjektiven Perspektive ablaufen können, kommt dieser Möglichkeit in unserem Kontext zunächst nur geringe Bedeutung zu. Es fragt sich weiterhin, an welchem Punkt einer solchen Analyse überhaupt die personale Beschreibungsebene ins Spiel käme.

Allgemein gesprochen ist die sich aus der Korrelationstheorie ergebende Möglichkeit einer "flüssigen" Einbettung aktiver repräsentationaler Ganzheiten in höherstufige Strukturen bis hinauf zu einem globalen Modell der Realität unter Beibehaltung eines holistischen Gesamtcharakters deshalb interessant, weil sie das dritte Merkmal wiedergibt, durch das ich den im ersten Abschnitt eingeführten Begriff eines phänomenalen Holons charakterisiert habe. Es war die phänomenologische Tatsache, daß einzelne Erlebnisganzheiten bruchlos zu größeren Ganzheiten des selben Typs verbunden werden können. Natürlich wird dieser Gedanke in Kombination mit dem im Zusammenhang des subjektiven "Gegenwartsfenster" entstehenden Moments der phänomenalen Präsenz besonders interessant. Trotzdem kann man sich wahrscheinlich auch hier wieder vorstellen, daß all dies ohne jede Form von perspektivischem Bewußtsein abläuft.

S3 In der Annahme A3 liegen möglicherweise die entscheidenden explanatorischen Bausteine für eine begrifflich-naturalistische Auflösung dessen, was in der analytischen Philosophie seit langem als "die Perspektive der ersten Person" bezeichnet wird. Das phänomenale Selbst ist, so denke ich, das interessanteste phänomenale Holon überhaupt - unter anderem dadurch, daß es unserem Bewußtseinsraum ein äußerst interessantes strukturelles Merkmal verleiht: Zentriertheit und Perspektivität. Ich habe mich diesem Punkt an anderer Stelle ausführlich gewidmet[41] und will es deshalb an dieser Stelle bei einigen sehr kurzen Bemerkungen belassen.

Das Selbstmodell unterscheidet sich von allen anderen mentalen Modellen in einem wesentlichen Punkt. Es besitzt nämlich einen Teil, der ausschließlich auf internem Input beruht: den durch propriozeptiven Input aktivierten Teil des Körperschemas. Neuere Erkenntnisse bezüglich des Schmerzerlebens in Phantomgliedern (z.B. nach Amputationen) scheinen auf die Existenz einer genetisch determinierten Neuromatrix hinzudeuten, deren Aktivitätsmuster die Grundlage des Körperschemas und des Körpergefühls sein könnte. Der inputunabhängige Teil dieses neuronalen Aktivitätsmusters erzeugt ein kontinuierliches repräsentationales Fundament für das körperliche Selbstmodell[42] und verankert es auf diese Weise im Gehirn. Immer dann, wenn es überhaupt phänomenales Bewußtsein gibt, gibt es auch diese unspezifische, interne Inputquelle. Sie ist der "gewisseste" und stabilste Bereich des Selbstmodells. Auf diese Weise wird unser Bewußtsein ein zentriertes Bewußtsein.

Damit aus der repräsentationalen Eigenschaft der Zentriertheit aber die phänomenale Eigenschaft der Perspektivität werden kann, muß aus dem Modell des Systems ein phänomenales Selbst werden. Die philosophischen Kernfrage lautet: Wie entsteht in einem zentrierten Repräsentationsraum das, was wir als die phänomenale Erste-Person-Perspektive zu bezeichnen gewohnt sind? Eine Erste-Person-Perspektive, so lautet meine Antwort, entsteht immer genau dann, wenn das System das von ihm selbst aktivierte Selbstmodell nicht mehr als Modell erkennt.

Das phänomenale Selbst ist auf der Ebene inneren Erlebens der paradigmatische Fall einer ganzheitlichen Struktur. Mit seiner Aktivierung geht die Instantiierung einer interessanten höherstufigen phänomenalen Eigenschaft einher, welche in jedem einzelnen psychologischen Moment eine präreflexive Form der Selbstpräsenz und Selbstgegebenheit mit sich bringt. Nennen wir diese Eigenschaft provisorisch "Ichhaftigkeit". Sie bündelt den Gehalt des phänomenalen Ich zu einer ganzheitlichen Struktur, die als unteilbar erscheint. (Ich hoffe, daß mittlerweile deutlich geworden ist, warum dem System diese Struktur notwendigerweise als unteilbar erscheinen muß.) Außerdem ist das phänomenale Selbst bruchlos in eine höherstufige Struktur eingebettet, nämlich in eine konkrete phänomenale Wirklichkeit: Wir sind auch subjektiv situierte Wesen. Sein repräsentationales Gegenstück - das Selbstmodell - ist ein funktionales Modul, das vom System episodisch aktiviert wird um seine Interaktion mit der Umwelt zu regulieren. Wie wir erstens aus der Kybernetik wissen, muß jeder gute Regulator eines komplexen Systems automatisch ein Modell dieses Systems sein.[43] Wenn man zweitens einen PDP-inspirierten Teleofunktionalismus voraussetzt, erscheint dieses Systemmodell als eine Art Organ, das durch die Bindung einer bestimmten Menge von mikrofunktionalen Eigenschaften entsteht und es dem System ermöglicht, sich selbst in seiner Umwelt für sich selbst darzustellen. Das Selbstmodell ist also ein transientes computationales Modul. Es besitzt eine lange biologische Geschichte: Es ist eine Waffe, die im Verlauf eines "kognitiven Wettrüstens" entstanden ist.[44] Ein echtes phänomenales Selbst entsteht allerdings erst genau dann, wenn ein System sich sozusagen mit dem von ihm selbst erzeugten inneren Modell seiner selbst verwechselt.[45] Da auch hier auf der Ebene des Gehalts - zumindest in weiten Teilen der entsprechenden Regionen des Darstellungsraums - die Prozessualität des objektiven Selbstmodellierungsvorgangs unterschlagen wird, besitzt auch das repräsentationale Systemmodell in jedem einzelnen psychologischen Moment den fraglichen Präsenzaspekt und die typische, erlebnismäßig unhintergehbare Ganzheit. Wenn man also die Aktivierung eines komplexen Selbstrepräsentats mit Hilfe des oben skizzierten Integrationsmechanismus der temporalen Kodierung annimmt, dann wird bereits hier verständlich, wie die Vorstufe des entsprechenden phänomenalen Holons in Gestalt eines selbst-referentiell weitgehend opaken Selbstmodells aussehen könnte: Das System aktiviert ein repräsentationales Objekt, verstrickt sich dabei in ein naiv-realistisches Selbstmißverständnis und erzeugt auf diese Weise ein phänomenales Subjekt.

Aber auch dieses Subjekt ist noch kein phänomenales Holon im starken Sinn, denn natürlich greift auch hier wieder die modale Intuition, die Peter Bieri am Anfang dieses Bandes so treffend in Form der "tibetanischen Gebetsmühlenfrage" mobilisiert hat: Viele von uns können sich immer vorstellen, daß all dies ganz ohne Bewußtsein geschieht. Es könnte in einer benachbarten möglichen Welt ein System geben, das all die repräsentationalen Eigenschaften instantiiert, die ich eben skizziert habe, und das trotzdem ein unbewußter Zombie ist. Deshalb müssen wir uns nun endlich dem wichtigsten Punkt zuwenden. Kann uns das spekulative Prinzip GPBG helfen, eine neue Perspektive auf das Problem des Bewußtseins einzunehmen?

S4 Das klassische philosophische Modell für Bewußtsein - conscientia als höherstufiges Wissen über einen Teil der eigenen inneren Zustände - ist alt. Viele Philosophen haben diesen Grundgedanken weitentwickelt und alltagspsychologische Begriffe wie "Denken" oder "Wahrnehmung" zur Konstruktion von Theorien bezüglich Gedanken höherer Ordnung oder inneren Formen der Wahrnehmung eingesetzt. Güven Güzeldere hat in seinem Beitrag zu diesem Band eine luzide Analyse der mit einigen solcher Strategien verknüpften Schwierigkeiten geliefert. Ich denke auch deshalb, daß es an der Zeit ist, den klassischen Gedanken der conscientia in einen technischen Term zu überführen. Ich werde diesen neuen und spekulativen Begriff ab jetzt als Highest-Order-Binding, kurz: HOB bezeichnen. Dieser neue Begriff soll ebenso wie das Konzept eines "phänomenalen Holons" auf allererste und provisorische Weise ein Explanandum auszeichnen, dessen Verständnis für jede Theorie phänomenalen Bewußtseins notwendig ist. Die schwierige Frage lautet: Wie "implementiert" man die hierarchische logische Struktur des Begriffs einer globalen Metarepräsentationsfunktion (auf empirisch plausible Weise) in einem ultrakomplexen und mit holistischen Darstellungsformaten arbeitenden System? "HOB" ist also nicht nur ein spekulativer Begriff, sondern auch die Skizze eines möglichen Forschungsprogramms.

Das interessanteste theoretische Problem besteht nämlich in unserem Zusammenhang darin, zu verstehen, wie die hierarchische logische Struktur des Begriffs der "Metarepräsentation" sich in ein empirisch plausibles und neurobiologisch realistisches Modell der parallel-distribuierten Informationsverarbeitung abbilden lassen könnte. Wenn wir die Grundannahmen des Konnektionismus und neuere Erkenntnisse über die Architektur neuronaler Netze in unsere Überlegungen integrieren, dann stellt sich die Frage, wie das metarepräsentationale Wissen, das ein System über den Gehalt eines Teils seiner eigenen Zustände besitzt, erstens als subsymbolisches Wissen und zweitens als distribuiertes Wissen gedacht werden kann. Wir müssen erstens verstehen, wie die inneren Vorgänge, die einen Teil anderer innerer Vorgänge zu bewußten inneren Vorgängen machen, auf nicht-sprachlichen Formen der Darstellung ohne starre Konstituentenstruktur beruhen können. Zweitens muß deutlich gemacht werden, wie die höchststufige phänomenale Eigenschaft der "Bewußtheit" - im Sinne einer präsenten und durch ein Selbstmodell zentrierten Ganzheit höchster Stufe - als supervenient auf oder sogar als identisch mit einer distribuierten Netzwerkeigenschaft des betreffenden Systems analysiert werden kann. Drittens muß dabei auf begrifflicher Ebene dem ganzheitlichen Charakter unseres Bewußtseinsraums Rechnung getragen werden.

Meine wichtigste Spekulation besteht darin, daß das Prinzip GPBG uns helfen kann, den Schritt von einem funktionalistischen Global Workspace[46] zu einem phänomenalen Holon höchster Ordnung zu machen. Der Annahme zufolge ist also auch hier Synchronizität der "Klebstoff", der Ganzheit entstehen läßt. Wie bereits gesagt, sollten diskrete Repräsentationsebenen bzw. -funktionen sich durch diskrete Klassen neuronaler Algorithmen kennzeichnen lassen: Es muß deshalb auch ein mathematisches Modell für die Ganzheit unseres phänomenalen Raums geben. Man kann nun wiederum spekulieren, daß es genau die Zeitkonstanten einer durch den postulierten Vorgang des HOB physisch realisierten globalen Metarepräsentationsfunktion sind, die die begriffliche Essenz dessen bilden, was wir subjektiv als die Eigenschaft der Ganzheit unserer Wirklichkeit - die Einheit des Bewußtseins - erleben. HOB müßte ein eher unspezifischer Mechanismus sein, der aktiven repräsentationalen Gehalt auf einer höchsten Ebene bindet, indem er einen dynamischen und kohärenten Globalzustand erzeugt. HOB ist demnach keine Form der Begriffsbildung und auch keine innere Wahrnehmung, es ist eine konstruktive Form der globalen Metarepräsentation: Die Selbstorganisation eines kohärenten Globalzustands.

Wenn man also weiterhin an der starken und - ich betone dies ein weiteres Mal ausdrücklich - beim derzeitigen Stand unseres empirischen Wissens hochspekulativen Annahme festhält, daß es Mechanismen des skizzierten Typs von temporaler Kodierung - also das, was ich zuerst metaphorisch als das Öffnen von Zeitfenstern bezeichnet und dann auf begrifflicher Ebene als das Generalisierte Prinzip der Bildung aktiver repräsentationaler Ganzheiten formuliert habe - sind, die bis hinauf auf die höchste Ebene mentalen Gehalts operieren, dann kann man die Entstehung des bewußten Erlebnisraums im Gehirn eines biologischen Organismus wiederum als einen generalisierten Sonderfall von Eigenschaftsbindung und subsymbolischer Objektbildung verstehen. Ein holistischer Charakter des gesamten Darstellungsraums wäre genau dann zu erreichen, wenn ein Teil der im System aktiven Information in ein einziges Makro-Repräsentat zusammengeführt würde. Wenn es nämlich auch auf der höchsten repräsentationalen Stufe zu einer allgemeinsten Form von Gestalt- und Objektbildung durch Eigenschaftsbindung (HOB) kommt, dann wird auf diese Weise ein globales Makro-Repräsentat erzeugt. Dieses Makro-Repräsentat, das aktuelle bewußte Realitätsmodell des Systems, wäre somit eine jeweils gerade aktive Informationsstruktur mit sehr spezifischen abstrakten Eigenschaften. Ein solcher repräsentationaler Gegenstand höchster Ordnung würde für das System selbst erstens deshalb unhintergehbar bleiben, weil es keine grössere interne Datenstruktur gäbe, mit der er verglichen werden könnte. Zweitens wird er im Modus der "direkten Gegebenheit" dargestellt, weil die dazu eingesetzten Datenstrukturen semantisch transparent sind. Und da - drittens - der Gehalt dieser Datenstruktur innerhalb eines vom System erzeugten Gegenwartsfensters erscheint kann man verstehen, wie für das System eine erlebte Realität ensteht - die Präsenz einer globalen Ganzheit. In dieser globalen Ganzheit gibt es die qualitative Homogenität von Sinnesempfindungen wie International Klein Blue und eine unhintergehbare Ich-Illusion: ein Selbstmodell, daß nicht als Modell erkannt wird.

Kehren wir ein letztes Mal zu unserer Zeitfenster-Metapher zurück. Realisierte Zeitfenster sind holistische Muster: Episodisch aktive und durch einen Integrationsmechanismus gebundene Informationsstrukturen. Poetisch ausgedrückt: Sie sind wie Blumen in unserem Geist, die sich so schnell öffnen, daß wir nicht mehr erkennen können, daß sie in uns selbst wachsen. Es mag viele Strukturen dieses Typs geben, die als vorübergehend realisierte funktionale Module verhaltenswirksam, aber trotzdem unbewußt sind, weil sie nicht in das gerade aktive phänomenale Modell der Welt eingebunden werden. All jene repräsentationalen Ganzheiten dagegen, die zu einem echten phänomenalen Holon werden, weil sie in den durch ein Selbstmodell zentrierten globalen Raum eingebunden sind, fungieren jetzt als Individuen in der flexiblen phänomenalen Ontologie des Gehirns. Denn sie sind - solange sie realisiert werden, solange die fraglichen Synchronisationsprozesse stattfinden - für das System selbst tatsächlich unteilbar. In diesem Sinne ist das phänomenale Modell der Welt selbst ein solches Individuum. Wenn auch hier der Klebstoff der Eigenschaftsbindung und der höherstufigen Integration "Synchronisation" heißt, dann kann man sogar das folgende sagen: Weil es tatsächlich ein durch eine eigene zeitliche Gestalt ausgezeichnetes konkretes Objekt, ein größtes Zeitfenster gibt und weil die Mechanismen, durch die es über einer Vielzahl bereits übereinander liegender Zeitfenster geöffnet wird, nicht zum Gegenstand innerer Darstellung werden, muß es als solches für das System, welches es in sich erzeugt, notwendigerweise unhintergehbar bleiben. In anderen Worten: Der naive Realismus, durch den unser phänomenales Bewußtsein gekennzeichnet ist, ist ein zwangsläufiges Ergebnis der funktionalen Architektur unserer Gehirne. Und es wird auf diese Weise auch deutlich, wie aus einem Modell eine Wirklichkeit werden kann. Der Gehalt des höchststufigen repräsentationalen Holons besitzt das strukturelle Merkmal der Perspektivität, wird im Modus der direkten Gegebenheit dargestellt und außerdem innerhalb eines vom System selbst erzeugten Gegenwartsfensters präsentiert. Dadurch wird er zu einem höchststufigen phänomenalen Holon.

Ich habe in meinem Beitrag zwei höherstufige Eigenschaften unseres Erlebnisraums näher untersucht, seine Ganzheit und die in ihm auftretende Homogenität qualitativen Gehalts. Ich habe mich diesen Eigenschaften aus der Innenperspektive, aus der Aussenperspektive und in Form einer begrifflichen Spekulation zu nähern versucht. Der Zweck dieser Spekulation lag darin, ein generalisiertes Denkmodell auf seine Verwendbarkeit für eine Theorie phänomenaler Eigenschaften höherer Ordnung zu testen. Die Annahmen, die meiner Spekulation zugrundeliegen, sind äußerst stark und es ist mir natürlich auch nicht um die Spekulation per se gegangen. Ich habe sie trotzdem unternommen, weil ich glaube, daß solche Spekulationen heute bereits rationale Spekulationen sind und weil ich denke, daß sie - auch wenn sie sich in vielen Details als ungenau oder sogar falsch erweisen - eine große heuristische Fruchtbarkeit besitzen können.

Wenn dies richtig ist, dann können sie dieses heuristische Potential allerdings nur dann voll entfalten, wenn sie sukzessive durch empirisch gehaltvolle Theorien ersetzt werden. Dies ist das erste Projekt für die Zukunft. Auf begrifflicher Ebene dagegen muß man - das ist ein Teil des zweiten, des philosophischen Projekts - z.B. die Modalität der Beziehung zwischen höherstufigen funktionalen Eigenschaften des Gehirns und bewußtem Erleben untersuchen[47]: Kann man sich wirklich ein System vorstellen, welches zu der durch GBPG sowie durch eine maximale Realisierung der Annahmen A1 bis A4 ausgezeichneten Klasse gehört und das trotzdem keine phänomenalen Zustände besitzt? Und wenn ja: Was genau heißt das?

Mein Ziel in diesem Beitrag war jedoch ein wesentlich bescheideneres. Ich wollte unter anderem darauf hinweisen, daß in der empirischen Bewußtseinsforschung bereits ausgezeichnete Arbeit zum Problem der Integration mentalen Gehalts geleistet wird und daß es höchste Zeit ist, daß Philosophen diese Situation zur Kenntnis nehmen. Wenn es mir gelungen ist, die Relevanz einer generalisierbaren Lösung des Bindungs- und des Superpositionsproblems für eine philosophische Theorie phänomenalen Bewußtseins zu zeigen, dann habe ich dieses Ziel erreicht.

 

 

 

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* Ich danke Andreas Bartels, Andreas Engel, Peter König, Martin Kurthen, Lars Muckli und Eva Ruhnau für ihre Kritik und hilfreiche Diskussionen.

[1] Worum es mir geht, sind also phänomenale mentale Modelle. Ich knüpfe damit in loser Weise an Arbeiten von Craik 1943 und Johnson-Laird 1983 an. Craik und Johnson-Laird haben mit diesem Begriff andere Ziele verfolgt. Ich gehe jedoch davon aus, daß er sich sehr gut als einheitliche Ausgangsbasis für eine konnektionistisch inspirierte Theorie phänomenaler Repräsentation eignet; vgl. dazu Metzinger 1993, besonders Abschnitte 2.2 und 2.3.1 und Metzinger 1995b. Diesen Überlegungen zufolge ist der Raum phänomenaler Modellierung nicht identisch mit dem Raum repräsentationaler Modellierung, er bildet einen Ausschnitt aus ihm: das bewußte Modell der Wirklichkeit. - Einen Überblick über eine Vielfalt empirischer Belege, die die Annahme stützen, daß der Inhalt phänomenalen Bewußtseins ein zur Generierung von Handlungen benutztes Modell der Welt ist, das auch die Simulation und Antizipation zukünftiger Ereignisse ermöglicht, liefert Yates 1985.

[2] In nicht-pathologischen Wachzuständen (und nur über solche Zustände möchte ich in diesem Aufsatz sprechen) gibt es einen kleinen Teil des Selbstmodells, der nicht in der eben angedeuteten Weise "selbstreferentiell opak" ist: Gewisse seiner Teile - höhere kognitive Operationen, etwa "volitionale Akte" und "rationales Denken" - werden vom System noch eindeutig als selbsterzeugte Konstrukte erkannt. Vielleicht haben sich Philosophen aus diesem Grund traditionell am meisten für diese Bereiche des menschlichen Geistes interessiert: Sie ermöglichen überhaupt erst das Erkennen und Aussprechen der grundlegenden selbstreferentiellen Opazität des restlichen Realitätsmodells, weil sie selbst  nicht durch diese gekennzeichnet sind. Im Denken können wir uns - zumindest im Rahmen einer absichtlich eingeleiteten mentalen Simulation - ein Stück weit von uns selbst distanzieren und dadurch die Perspektivität unseres Bewußtseinsraums später auch begrifflich erfassen. Vgl. Nagel 1992 und Metzinger 1993, 1995a.

[3] Ich weise hier auf David Chalmers' wichtige Differenzierung zwischen der logischen und natürlichen (d.h. nomischen) Supervenienz von Bewußtsein hin, vgl. Chalmers 1996.

[4] Natürlich ist dies eine unscharfe Auszeichnung, für meine Zwecke in diesem Aufsatz reicht sie jedoch aus.

[5] "Mentale Simulationen" sind Vorgänge, bei denen mentale Modelle möglicher Welten aktiviert werden. Vorstellungsbilder und absichtlich eingeleitete Imaginationen sind Beispiele für solche Vorgänge, aber auch Tagträume und spontane Fantasien. Was wir nicht mental simulieren können, das können wir uns nicht vorstellen.

[6] Die Unteilbarkeit des Bewußtseins ist ein traditionelles Thema der neuzeitlichen Philosophie des Geistes, nicht nur Descartes hat sie für seine Zwecke zu mobilisieren versucht. Bald machte Kant die synthetische Leistung der Einheit des Bewußtseins als Einheit der Apperzeption zu einem Zentralthema des deutschen Idealismus. Den hier gemeinten phänomenologischen Aspekt des Problems hat Franz Brentano sehr deutlich formuliert: Die Einheit des Bewußtseins, so wie sie mit Evidenz aus dem, was wir innerlich wahrnehmen, zu erkennen ist, besteht darin, daß alle psychische Phänomene welche sich gleichzeitig in uns finden, mögen sie noch so verschieden sein, wie Sehen und Hören, Vorstellen, Urteilen und Schließen, Lieben und Hassen, Begehren und Fliehen usf., wenn sie nur als zusammenbestehend innerlich wahrgenommen werden, sämtlich zu einer einheitlichen Realität gehören; daß sie als Teilphänomene ein psychisches Phänomen ausmachen, wovon die Bestandteile nicht verschiedene Dinge oder Teile verschiedener Dinge sind, sondern zu einer realen Einheit gehören. Es war aber auch Brentano, der deutlich gemacht hat, daß aus dieser Einheit keine Einfachheit im ontologischen Sinne folgt: Weiter ist noch insbesondere hevorzuheben, daß in der Einheit des Bewußtseins auch nicht der Ausschluß einer Mehrheit quantitativer Teile und der Mangel jeder räumlichen Ausdehnung (...) ausgesprochen liegt. Es ist gewiß, daß die innere Wahrnehmung uns keine Ausdehnung zeigt; aber etwas nicht zeigen und zeigen, daß etwas nicht ist, ist verschieden. Vgl. Brentano 1973[1874]: 232; 235.

[7] Vgl. Fußnote 25.

[8] Vgl. Sellars 1963, und auch 1965. Für mich hilfreiche Texte waren Delaney 1970, Green 1979, Gunderson 1974, Lockwood 1993, Maxwell 1978, Richardson & Muilenburg 1982. Eine gute Darstellung der Entwicklung von Sellars' philosophischer Behandlung der Problematik gibt Kurthen 1990.

[9] Vgl. Sellars 1963: 26.

[10] Vgl. Sellars: 1963: 35.

[11] Das Patent trägt die Nummer 63471, der Text des Antrags findet sich auch in Stich 1994: 259.

[12] Sidra Stich zitiert (a.a.O: 78) einen Satz von Bachelard, in dem Yves Klein sein Projekt begeistert wiedererkannte: "Zuerst ist das Nichts, dann eine tiefes Nichts und schließlich eine blaue Tiefe."

[13] Hier deutet sich eine zweite und besonders radikale Möglichkeit an, den Sellars'schen Begriff der "Homogenität" zu generalisieren und auf unseren phänomenale Raum als Ganzen anzuwenden: Man könnte "Bewußtheit" (im Sinne eines primitiven einstelligen Prädikats) als invarianten Parameter behandeln und nicht als eine deutlichen Schwankungen unterworfene Hintergrundvariable. Zwei prominente Hirnforscher, die explizit mit der Feldmetapher operieren, sie aber auf die globale Qualität der primitiven "Bewußtheit" selbst anwenden, sind Marcel Kinsbourne und Benjamin Libet. Vgl. Kinsbourne 1988, 1993, Libet 1994.

[14] Dies ist natürlich eine der Möglichkeiten, das ursprüngliche grain-problem zu formulieren. Vgl. die Formulierung von Meehl 1966: 167 und dazu auch Green 1979: 566f.

[15] Bezüglich der theoretischen Schwierigkeiten, die sich aus dieser "intuitiven Intrinsikalität" ergeben vgl. den Beitrag von Joseph Levine in diesem Band.

[16] Vgl. Lockwood 1993: 288f.

[17] Ich bin mir an diesem Punkt nicht sicher ob es sich wirklich um eine logisch notwendige Bedingung handelt: Kann Dauer auf der phänomenalen Ebene nicht auch ohne den in Frage stehenden Präsentationsaspekt dargestellt werden? Ich bin Lars Muckli diesbezüglich für kritische Anmerkungen zu Dank verpflichtet.

[18] Vgl. Fodor 1983, Pöppel et al. 1991.

[19] Vgl. Nagel 1981 (1974).

[20] Bezüglich unterschiedlicher Ebenen des Bindungsproblems vgl. z.B. Koch & Crick 1994: 94f oder Pöppel et al. 1991: 58ff. Siehe auch den zweiten Abschnitt von Eva Ruhnaus Beitrag in diesem Band.

[21] Vgl. etwa Ruhnau 1992, Pöppel et al. 1991.- Man darf sich solche abwärtsgerichteten Prozesse aber nicht so denken, als ob es im System einen Homunkulus gäbe, ein kleines Männchen, das den Scheinwerferstrahl seiner ihm schon immer gegeben Bewußtheit auf innere Zustände richtet und diese dadurch zu intentionalen Objekten macht: Das phänomenale Ich, der Mittelpunkt unseres inneren Erlebnisraums, muß selbst als ein natürlich entstandenes repräsentationales Objekt gedacht werden, das vom System bei der Organisation seines Verhaltens benutzt wird.

[22] Vgl. Barlow 1972.

[23] Vgl. Engel 1994: 13.

[24] Vgl. Hardcastle 1994: 66f; 85.

[25] Mittlerweile existiert eine große Zahl von sich teilweise widersprechenden Veröffentlichungen zum Bindungsproblem und der Rolle oszillatorischer Aktivität bei der Bildung repräsentationaler Objekte. Das Auftreten der aus theoretischer Perspektive so interessanten temporalen Korrelationen - besonders über große Entfernungen hinweg - wird in der Literatur häufig mit den Auftreten oszillatorischer Entladungsmuster assoziiert. Auch die gesamte EEG-Forschung beruht auf eben solchen weitreichenden Oszillationsprozessen. Auf der anderen Seite besteht der eigentliche "Klebstoff" bei der Selbstorganisation und Integration mentaler Strukturen in der vom System hergestellten Synchronizität. Die Oszillationen scheinen eher als Trägerwelle oder lokaler Mechanismus zu funktionieren, der selbst keine Rolle für die Informationsverarbeitung spielt. Vgl. hierzu etwa Gray 1994: 17, der einen Überblick über die Rolle oszillatorischer Aktivität in vier verschiedenen Subsystemen des Gehirns gibt. Für den Philosophen ist das Dickicht der empirischen Literatur längst undurchdringlich und unüberschaubar geworden. Für mich hilfreiche Texte waren hier zur allgemeinen Einführung Barinaga 1990, Engel et al. 1993, Engel et al. 1992b und Singer 1989b, die klassischen Texte von Crick & Koch 1990, 1992, ihre Präzisierung in Koch & Crick 1994, Crick 1984, Gray et al. 1989 und Pöppel 1972, zur allgemeinen Rolle von Synchronisationsphänomenen Engel et al. 1992 a und c, zu empirischen Belegen für die Selbstorganisation temporal kohärenter Strukturen Singer 1989a, 1993 und (mit besonders ausführlichen Literaturverweisen) 1994, zur fundierten Hintergrundinformation Engel 1994, außerdem Engel et al. 1991 a, b, c, Podvigin et al. 1992, Pöppel & Logothetis 1986, Ruhnau 1992, zur Frage der sensomotorischen Integration Singer 1995. Mittlerweile haben sich die fraglichen Synchronisationsphänomene in einer Vielzahl funktionaler Systeme, bei wachen Affen und auch beim Menschen nachweisen lassen. Vgl. dazu Kreiter & Singer 1992, Llinás & Ribary 1993, Pfurtscheller & Neuper 1992, Kristeva-Feige et al. 1992, Roelfsema 1995. Auch der Traumzustand beim Menschen geht mit kohärenten 40-Hz-Oszillationen einher, die denen im Wachzustand stark ähneln, vgl. Llinás & Ribary 1993, Llinás & Paré 1991 und den Aufsatz von Owen Flanagan in diesem Band. Einen kurzen Überblick über das empirische Material zusammen mit der Skizze einer alternativen Interpretationsmöglichkeit auf der Ebene nichtlinearer Dynamik gibt Hardcastle 1994.

[26] Vgl. von der Malsburg 1981, 1986. Der Grundgedanke der Theorie ist auch bei Abeles 1982 und in einer früheren From bei Milner 1974 aufgetaucht.

[27] Vgl. Singer 1989: 26.

[28] Vgl. von der Malsburg 1986: 175.

[29] Diesen Ausdruck habe ich von Wolf Singer übernommen. Die "Flucht in die zeitliche Dimension" ist u.a. deshalb so interessant, weil sie die Anzahl der zur Verfügung stehenden funktionalen Zustände dramatisch erhöht. In den Worten von Llinás und Paré: "A totally different type of functional geometry (...) has emerged in which that of temporal mapping, in addition to its spatial counterpart, are important variables. ... Spatial mapping allows a limited number of possible representations. However, the addition of a second component (serving to form transient functional states by means of simultaneity) generates an indefinitely large number of functional states, as the categorization is accomplished by the conjunction of spatial and temporal mapping." Vgl. Llinás & Paré 1991: 527.

[30] Vgl. Singer 1994: 237.

[31] Der Begriff des "Zeitfensters" spielt interessanterweise auch in einem völlig anderen theoretischen Modell eine große Rolle, das sich auf sehr ähnliche und teilweise identische empirische Belege beruft wie die Korrelationstheorie. Die von Eva Ruhnau und Ernst Pöppel entwickelte Hypothese, daß durch phasengleiche Oszillationsvorgänge auf einer sehr fundamentalen Ebene im System atemporale Zonen entstehen, Systemzustände, innerhalb derer "Gleichzeitigkeit" herrscht, zielt auf eine andere und speziellere Problematik als die von mir eben skizzierte Korrelationstheorie der Eigenschaftsbindung. Durch das Öffnen von Zeitfenstern - in diesem anderen Sinne - kann ein System sogar für sich selbst wieder eine operationale Zeit erzeugen: Indem es seine Informationsverarbeitung quantelt, "verschluckt" es sozusagen auf einer sehr grundlegenden Ebene seiner inneren Darstellung der Welt den Verlauf der physikalischen Zeit. Es distanziert sich von seiner eigenen Prozessualität, indem es eine sehr interessante Form von Datenreduktion vornimmt. Das physikalische Zeitintervall selbst bleibt dabei bestehen, aber der Gehalt der entsprechenden Systemzustände verliert alle oder einen Teil seiner internen zeitlichen Eigenschaften: Es entstehen für das System selbst repräsentationale Atome, sogenannte "Elementare Integrationseinheiten".     
Dadurch wird unter anderem denkbar, wie auf einer höheren Verarbeitungsebene der Übergang von Parallelität zu Serialität möglich sein könnte - die Implementierung einer Dennett'schen Joycean Machine auf einem massiv parallel arbeitenden System (Auf theoretischer Ebene ist dies eine der vielen neueren Versionen des Leib-Seele-Problems). Ich kann die hochinteressante Frage wie aus objektiven Zeitstrukturen subjektives Zeiterleben und vor allem eine erlebte Gegenwart entsteht, hier allerdings nicht weiter verfolgen. Der wichtigste Gedanke dieses theoretischen Ansatzes besteht in unserem Zusammenhang wohl darin, daß ein natürlich entstandenes Repräsentationsystem auf die angesprochene Weise für sich selbst atemporale Zonen in seiner Darstellung der Welt erzeugen kann. Ich denke, daß diese Theorie sehr interessant ist, weil sie uns dabei helfen kann, besser zu verstehen, was die im ersten Abschnitt dieses Beitrags beschriebene "phänomenale Präsenz" eigentlich ist und daß sie deshalb eine wertvolle Ergänzung zur Korrelationstheorie darstellt, die uns ihrereseits Bausteine für eine Theorie "phänomenaler Ganzheiten" liefert. Es ist derzeit jedoch mehr als unklar, ob sich die beiden theoretischen Modelle überhaupt in interessanter Weise auf einander abbilden lassen. Vgl. hierzu Ruhnau & Pöppel 1991, Görnitz et al. 1992 und den Beitrag von Eva Ruhnau in diesem Band.

[32] Auch deshalb, weil dies eine primär empirisch zu beantwortende Frage ist. Die fundamentalen Merkmale der Systemklasse habe ich jedoch bereits benannt: Es handelt sich um massiv parallel arbeitende Systeme, die nach dem Prinzip des coarse coding arbeiten, distribuierte Repräsentationen aktivieren und als plastische, selbstorganisierende Netzwerke beschrieben werden können.

[33] Es muß also gezeigt werden, daß es sich hier nicht um Artefakte handelt oder um Epiphänomene, wie sie in komplexen Systemen immer auftreten. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl empirischer Belege, die die funktionale Relevanz von Synchronisationsphänomenen zeigen, vgl. z.B. Roelfsema 1995.

[34] Eine content property im Sinne von Richardson & Muilenburg 1982: 177f. Vgl. aber auch Lycan 1987: 85. Ich denke, daß die Analyse von Homogenität als einer höherstufigen Eigenschaft angesichts neuen empirischen Materials fragwürdig werden könnte. Dies ist ein Thema für zukünftige Untersuchungen.

[35] Diese Gedanken, verdanke ich - wie viele andere wertvolle Anregungen - Andreas Engel. Für meine mangelhafte Umsetzung dieser Gedanken ist er nicht verantwortlich.

[36] Das heißt: Es bietet sich eine naturalistische Lösung des von Sellars (1963: 36) formulierten Dilemmas an.

[37] Mit einem "Format" meine ich eine Menge von abstrakten Eigenschaften, die wir an einer aktiven Datenstruktur entdecken können - zum Beispiel topologische Eigenschaften. Vgl. Metzinger 1993 und dazu auch Churchland 1986.

[38] Sie ist also nicht global verfügbar, vgl. Chalmers 1996.

[39] Vgl. hierzu den Beitrag von Eva Ruhnau in diesem Band.

[40] Vgl. Singer 1995.

[41] Vgl. Metzinger 1993.

[42] Diesen Gedanken habe ich von Melzack übernommen: In essence, I postulate that the brain contains a neuromatrix, or network of neurons, that, in addition to responding to sensory stimulation, continuously generates a characteristic pattern of impulses indicating that the body is intact and unequivocally one's own. I call this pattern a neurosignature. If such a matrix operated in the absence of sensory inputs from the periphery of the body, it would create the impression of having a limb even when that limb has been removed. Vgl. Melzack 1992: 93 und auch Melzack 1989.

[43] Vgl Conant & Ashby 1970.

[44] Diese treffende und unromantische Metapher habe ich bei Andy Clark gefunden, vgl. Clark 1989: 62.

[45] Dieser Begriff des "Verwechselns" sollte - genau wie die "Zeitfenster-Metapher" - nur als eine erste Illustration verstanden werden! Wenn man ihn auf begrifflicher Ebene zu ernst nimmt, entsteht leicht wieder ein transzendentaler Homunkulus oder ein objektives Selbst, welche das Subjekt der Ich-Illusion bilden. Das faszinierende an der Entstehung eines phänomenalen Selbst durch natürliche Prozesse ist ja gerade, daß diese allem Anschein nach biologisch so äußerst erfolgreiche Ich-Illusion niemandes Illusion ist. Vgl. Metzinger 1996.

[46] Vgl. Baars 1988 und Baars & Newman 1994.

[47] Einer der interessantesten Beiträge zur klareren Formulierung dieses Problems, den ich kenne, ist (obwohl ich ihm nicht in allen Punkten zustimmen kann) Chalmers 1996.