Chemische Sinne (Riechen und Schmecken)
Riechepithel im Dach der Nasenhöhle von Säugern.
Im Riechepithel liegen die Riechsinneszellen
(primäre Sinneszellen), deren
Axone durch die
Siebplatte zum Bulbus olfactorius
ziehen.
Zwischen den Sinneszellen liegen Hilfszellen. An der Basis des Epithels
liegen neurale
Stammzellen, die sich ausdifferenzieren. Riechsinneszellen haben eine
Lebensdauer von
wenigen Wochen. Sie werden lebenslang durch die Basalzellen ersetzt.
Auf den Zilien der Sinneszellen, die in eine Schleimschicht
hineinragen, liegen
Rezeptormoleküle, die durch
chemische Stoffe aktiviert werden.
Es gibt 1000 Gene für diese
Rezeptoren (3 % des menschlichen Genoms!) Und damit 1000
verschiedene Rezeptormoleküle. Beim Menschen sind jedoch nur 347 Gene
aktiv.
Aufbau der Rezeptoren: 7
Transmembranhelices (Ähnlichkeit mit Opsin und mit
Hormonrezeptoren).
Transduktion:
Kopplung mit G-Protein (Golf), aktiviert Adenylatcyclase,
erhöht cAMP-Konzentration, cAMP
öffnet Na+/Ca++ Kanäle, was zu Depolarisation führt und zu Spikes im
Axon. Eingeströmtes
Ca++ öffnet zusätzlich Cl- Kanäle, wodurch Cl- nach außen (!)
diffundiert, was die
Depolarisation noch verstärkt. Adaptation über Ca++ (Aktivierung der
Phosphodiesterase u.a.).
Die Axone der (beim Menschen) ca. 30 Millionen Sinneszellen ziehen in
den Bulbus olfactorius
und bilden Synapsen mit Mitrazellen in ca. 700 Glomeruli. Jede Sinneszelle
exprimiert nur
einen Typ der 1000 Rezeptormoleküle. Die Axone eines Typs ziehen in
denselben Glomerulus.
Jeder Geruchsstoff aktiviert eine Vielzahl von Glomeruli. Das Muster
der Aktivierung ist für
jeden Stoff unterschiedlich.
Jacobsonsches Organ oder Vomeronasales
Organ:
bei Säugetieren und bei Reptilien (bei diesen Öffnung zur Mundhöhle).
Sinnesepithel über dem
Munddach. Axone ziehen zum akzessorischen Bulbus olfactorius. Gene der
Rezeptormoleküle
sehr verschieden von denen der Riechsinneszellen.
Beim Menschen nur embryonal angelegt. Bei Säugetieren vermutlich im
Dienste der
Pheromondetektion.
Literatur:
Axel, R. Die Entschlüsselung des
Riechens. Spektrum, Dez. 1995
Glomerulus-Strukturen auch bei Insekten.
Besonders gut neuerdings untersucht bei der
Honigbiene. Aktivität der Glomeruli sichtbar gemacht durch
spannungsempfindliche Farbstoffe.
Besonders große Glomeruli dienen der Detektion von Pheromonen.
Nachweis der absoluten Riechschwelle beim Seidenspinner Bombyx mori.
Männchen detektieren den weiblichen Sexuallockstoff, das Pheromon Bombycol.
Riechsinneszellen sitzen bei Insekten auf den Antennen in Riechhaaren.
Der Seidenspinner reagiert auf Bombykol mit Flugbewegungen, wenn ca.
300 Moleküle auf die
25 000 Sinneszellen treffen. Das heißt, die Schwelle ist erreicht, wenn
je 1 Molekül Bombykol
auf eine von 300 Sinneszellen trifft. Ein Molekül ist somit
ausreichend, um in einer Riechsinneszelle
Aktionspotentiale auszulösen.
Geschmack
bei Wirbeltieren mehrere Sinneszellen (sekundäre!)
in Geschmacksknospen
zusammengefaßt.
Sie befinden sich auf der Zunge und im Gaumenbereich, bei Fischen
(Welsen) auch auf der
gesamten Körperoberfläche.
Geschmacksqualitäten (Qualitäten der Wahrnehmung): süß, sauer, salzig, bitter;
neuerdings
auch: Umami (japanisch = schmeckt gut, Reaktion auf L-Glutamat).
Verschiedene Rezeptormoleküle.
Süß und Bitter: G-Protein gekoppelt
Salzig und Sauer: Kanäle reagieren direkt auf Ionen.
Alle darüber hinausgehenden Geschmacksempfindungen (schmeckt nach
Erdbeere usw.)
beruhen auf dem Geruchssinn.
Stückchen von Kartoffel und Apfel mit geschlossenen Augen und
zugehaltener Nase zerkaut
werden nicht erkannt und nicht unterschieden.