Unvergessene FC-Helden: Fred Boller

Dass der FC Singen vier Jahre lang, von 1953 bis 1957, eine Spitzenmannschaft der II. Liga Süd war, ist in erster Linie der Verpflichtung von Alfred Boller zu verdanken. Nach zwei Jahren Abstiegskampf, 1951/52 und 1952/53, mit stets schwachen Sturmleistungen wurde im Sommer 1953 mit Erfolg ein Neuanfang geschafft: Von jetzt an waren die Fans wieder von ihrem FC begeistert. Wesentlich dazu bei trugen die neu verpflichteten Spieler Boller (FC St. Pauli), Kunkelmann (VfB Mühlburg, der heutige KSC) und Seitz (früher Eintracht Braunschweig) im Sturm sowie der Verteidiger Mantel (Phönix Ludwigshafen), alles ehemalige Erstliga-Spieler.

Die durch Boller neu gewonnene Sturmstärke erkennt man schon daran, dass die 69 geschossenen Tore des FC Singen in der Saison 1953/54 fast eine Verdopplung der 37 aus der Vorsaison bedeuteten. Boller allein schoss davon 21, in der Folgesaison 20 und in seinem letzten Jahr 1955/56 beim FC nochmal 17, insgesamt also 58 Tore in 98 Punktspielen. Nach dem 4:0 gegen Bayern Hof am 27. September 1953 titelte der Südkurier:

5000 sahen in Singen Klasse-Fußball – Sturm brillanter als in der Oberliga

Nach dem Weggang Bollers 1956 begann trotz der Rückkehr von Strittmatter der Niedergang des FC Singen. Im der Saison 1956/57 zehrte der FC noch von seinem hohen Spielerpotenzial und wurde trotz immer wieder kritisierter Leistung noch Achter. In der Saison 1957/58 folgte dann der Abstieg in die Amateurliga.

Alfred Boller (1922–2010) hatte seine Karriere vor dem zweiten Weltkrieg beim FC Sturm Reichenbach im sächsischen Vogtland begonnen. Während der Kriegsjahre spielte er u. a. bei Holstein Kiel, für das er bei 6 Einsätzen in zwei Endrunden zur deutschen Meisterschaft 5 Tore schoss; bei der 1:3-Niederlage gegen den späteren Meister Dresden um Richard Hofmann und Helmut Schön erzielte er im Halbfinale 1943 den Kieler Ehrentreffer.

Von 1945 bis 1948 trat er für den HSV in der I. Liga Nord an (1947/48: 19 Einsätze, 19 Tore). Einen seiner stärksten Auftritte legte er im November 1947 hin, als er beim 7:1-Sieg der Hamburger Stadtmannschaft gegen Berlin allein fünfmal traf.

Der sich durch Schnelligkeit und enorme Schusskraft auszeichnende Topangreifer bildete mit Heinz Spundflasche das erste HSV-»Traumduo« der Nachkriegszeit. (Wikipedia)

Nach einem Zwischenspiel 1948/49 beim SV Trossingen (!) kehrte er nach Hamburg, aber zum FC St. Pauli (von 1949 bis 1953) zurück. Dort kam er zu 116 Einsätzen mit 76 Toren in der I. Liga und außerdem zu 11 Einsätzen in den Endrunden zur deutschen Meisterschaft mit 5 Toren.

Vom FC Singen wechselte Boller zum SC Schwenningen als Spielertrainer (1956–1959) und führte diesen von der II. in die I. Amateurliga. Danach kehrte er zum (inzwischen umbenannten) SV Fortschritt Reichenbach in die DDR (die man politisch korrekt damals »Ostzone« nennen musste) zurück, wo er 1963 seine Karriere beendete und anschließend noch als Trainer wirkte.


Autor: Klaus Pommerening, 24. Oktober 2020; letzte Änderung: 14. Januar 2022.