Wilhelm Busch: Die Kneipe des Vereins Jung-München


Eisenbahnfahrt

Verspätet kam ich an, ein greller Pfiff
Ertönt als letztes Zeichen; ich ergriff
Schnell eine Tür im Fahren; im Coupé,
Da ruht' ich nun, ich atmete das Weh
Des Eilens und des Schreckens aus der Brust
Und sah mich fast allein, zu meiner Lust,
Denn nur ein Mädchen außer mir war da:
Ein himmlisch Wesen, wie ich bald ersah.
Ein Auge dunkler als die schwarze Nacht,
Die Haut, sie glänzte Mondeslichtes Pracht,
Die Lippen wie Korallen üppig=fein,
Sie schlossen perlengleiche Zähne ein.
Der Wuchs, der Busen - doch ich schweige still,
Da überschnappen der Verstand sonst will!
Und wie ich von Erstaunen ruhiger war,
So bracht' ich meine Huldigung ihr dar.
Ich sprach vom Wetter, unsrer Reise Ziel,
Ich sprach von Kunst, Musik und Dichtung viel;
Ich sprach zuletzt von Liebe voller Innigkeit,
Mein Herz war voll, ich sprach noch nie so weich
Und schilderte die Liebe nie so reich,
Wie es gebraucht nur diese kurze Zeit,
Daß ihr mein Herz für ewig nun geweiht.
Ich faßte ihre Hand, ich sah genau,
Sie wurde bleich, im Auge Tränentau.
Ihr Busen wogte mächtig ab und auf;
Durch meiner Flammenrede mächt'gen Lauf
War sie gerührt, ich wollte voller Lust
Als Braut sie pressen an die heiße Brust.
Doch sie - sprang schnell zum Fenster und, o Graus,
Vom Fahren übel, spie sie lang hinaus