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Kryptologie
Codebücher |
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Definition (nicht streng)
Ein Codebuch ist ein, im allgemeinen langes, Verzeichnis von
zu ersetzenden Zeichenfolgen, meistens Wörtern oder Wortbestandteilen,
sowie häufigen Wortfolgen. Um
auch unvorgesehene Texte codieren zu können, werden auch die Einzelbuchstaben
in das Verzeichnis mit aufgenommen. Jedem Verzeichniseintrag ist ein »Code«
zugeordnet, meist eine Gruppe von Zeichen fester Länge, typischerweise eine
fünfstellige Zahl. Gelegentlich wurden als Codes aber auch mehr oder weniger
zufällige Wörter gewählt
Beispiel aus dem Alltagsleben: Das Telefonbuch, das jedem
Telefonbesitzer seine Rufnummer zuordnet. Um einen Code handelt es sich auch,
wenn man im Zug hört »Zugchef, die 91 bitte« oder im Kaufhaus »16, bitte
die 24 rufen«; die zugehörigen Codebücher dürften aus einem Zettel bestehen
und bei den Betroffenen im Kopf abgespeichert sein.
Beispiel
... | | | | |
Preis | 06679 |
Angebot | 10569 | | | |
... | |
... | | | | |
s | 18641 |
e | 53472 | | | |
... | |
... | | | | |
senken | 42583 |
ein | 03917 | | | |
... | |
eine | 35613 | | | |
... | |
... | | | | |
um | 10247 |
Million | 50968 | | | |
... | |
... | | | | |
... | |
Der Klartext »Angebotspreis um eine Million senken!« wird damit codiert zu
10569 18641 06679 10247 35613 50968 42583
Die Codierung ist nicht eindeutig, sie könnte auch so aussehen:
10569 18641 06679 10247 03917 53472 50968 42583
Anmerkungen
- Als Verschlüsselungsverfahren ist ein Codebuch nur geeignet, wenn das ganze
Verzeichnis geheimgehalten wird, also als Schlüssel dient.
Dieses ist kaum zu gewährleisten. Daher wurden Codes, die kryptographischen
Zwecken dienen sollten, Praxis meist überverschlüsselt, wobei
hier eine einfache monoalphabetische Verschlüsselung schon recht
wirkungsvoll ist.
- Zum Decodieren braucht man natürlich ein inverses Verzeichnis, in dem die
Codes (alphabetisch oder nach Zahlengröße) geordnet sind. Diese beiden
Verzeichnisse wurden meist in einem Buch zusammengefasst, aber nicht immer.
Auf diese Weise sind wahrscheinlich historisch die Ideen zur
Einwegverschlüsselung (d. h., niemand kann entschlüsseln) und zur
asymmetrischen Verschlüsselung (nur der Besitzer des inversen Verzeichnisses
kann entschlüsseln) gewachsen. Heutzutage, im Zeitalter der maschinellen
Informationsverarbeitung, ist die Invertierung eines solchen Verzeichnisses
natürlich ein Kinderspiel, wie das Beispiel der Telefon-CD zeigt.
- Frühgeschichte: »Für 450 Jahre, von etwa 1400 bis etwa
1850, dominierte ein System, das zur Hälfte ein Code und zur Hälfte eine
Chiffre war, die Kryptographie. Es bestand üblicherweise aus einem separaten
Chiffrier-Alphabet mit Homophonen und einer Code-artigen Liste von Namen,
Wörtern und Silben. Diese Liste, ursprünglich nur aus Namen bestehend,
gab dem System seinen Namen: Nomenklator.« [Kahn, S. xv,
Übersetzung K. P.] Der erste nachgewiesene Gebrauch des Systems findet sich
bei Gabriele de LAVINDE 1379, der für den Gegenpapst Clemenz VII arbeitete.
[Bild: Ausschnitt aus einem französicher
Nomenklator von 1690.]
- Eine sehr ausführliche Quelle zur italienischen Kryptographie vom 14. bis
zum 16. Jahrhundert sind die beiden Bücher von Aloys MEISTER
Die Anfänge der modernen diplomatischen Geheimschrift.
Schöningh, Paderborn 1902.
Die Geheimschrift im Dienste der päpstlichen Kurie.
Schöningh, Paderborn 1906.
- Codebücher wurden hauptsächlich in der Diplomatie eingesetzt, aber
durchaus auch vom Militär. So war im ersten Weltkrieg das überverschlüsselte
Codebuch die häufigste kryptographische Methode.
- Die Kryptoanalyse eines Codes ist natürlich trivial, sobald man
das Codebuch, zumindest das inverse Verzeichnis in der Hand hat. Ansonsten
muss man die mühsame Arbeit auf sich nehmen, den Code Stück für Stück zu
rekonstruieren. Das Codebuch erzeugt quasi eine neue Sprache, deren
Charakteristiken erst ergründet werden müssen. Dazu dienen
Häufigkeitsauszählungen, wiederholte Muster, vermutete und bekannte
Klartextpassagen. Eine Überverschlüsselung erschwert diese Aufgabe nicht
wesentlich; sie bietet allerdings zusätzlichen Schutz, wenn dem Gegener das
Codebuch in die Hände gefallen ist.
- Ein sehr häufig angewendetes Überverschlüsselungsverfahren bestand aus der
Addition modulo 10 (auch »falsche Addition« genannt) von Ziffern aus einer
mehr oder weniger zufälligen Tafel, die in einem weiteren Buch vorhanden
war. Als zusätzlicher Schlüssel wurden dann die Seiten-, Zeilen- und
Spaltenzahl angegeben, ab wo die Ziffern konsekutiv entnommen wurden.
Dieser Schlüssel wurde, mit einer Extra-Chiffre kaschiert, der eigentlichen
Nachricht angefügt.
- Ausführlich wird die Kryptoanalyse von Codes bei Kahn und Bauer sowie im
US Army Field Manual FM 34-40-2 und in Friedmans Elements of
Cryptanalysis behandelt. Siehe das
Literaturverzeichnis.
Verschiedene Informationen über Codebücher in Handel und Militärwesen gibt's bei
Autor: Klaus Pommerening, 5. November 1999;
letzte Änderung: 16. Juli 2014.