Werden Winterschlafschübe beim Europäischen Feldhamsters (Cricetus cricetus) durch das circadiane System gesteuert?

Are hibernation bouts under the control of the circadian system?

 

T. Waßmer & F. Wollnik, Fakultät für Biologie, Universität Konstanz, Postfach 5560, M618, D-78434 Konstanz

 

Das Winterschlafverhalten des Europäischen Feldhamsters (Cricetus cricetus) wurde durch Langzeitmessungen der Körpertemperatur (Tb) mittels in die Bauchhöhle implantierter Telemetriesender (1,5 x 2,5 cm; 6 g) unter standardisierten Licht (LD8:16)- und Temperaturbedingungen (8 ± 1°C) untersucht.

Ein typischer Winterschlafschub (WS) dauerte zwischen 24,3h und 135,4h (M ± SD = 66,2 ± 29,6 h; N=63) und erreichte in der linearen Abkühlphase eine Abkühlrate von -1,3 ± 0,2 °C/h. Die minimale Tb (Tmin = 9,6 ± 1,6 °C) wurde meist kurz vor Beginn der Aufwärmphase erreicht und war signifikant mit der Dauer des Torpors korreliert (rs = -0,86; p<0,001; N=63). Die lineare Aufwärmrate betrug 18,1 ± 7,3 °C/h. Neben den typischen WS wurden weniger tiefe Torporphasen (engl. "shallow torpors bouts"; ST; Tmin = 24,7 ± 4,4 °C) beobachtet, die mit einer mittleren Dauer von 5,3 ± 4,4 h wesentlich kürzer waren. Die ST unterschieden sich signifikant von den WS in der geringeren Aufwärmrate (9,7 ± 5,9 °C/h; N=134; Mann-Whitney U-Test; N=196: U=1272; p<0,0001).

Der Beginn (t1) der einzelnen WS zeigte bei allen Tieren einen statistisch signifikanten Mittelvektor zwischen 22:40 MEZ und 4:43 MEZ. Der Mittelvektor der Gesamtverteilung lag bei 1:11 MEZ (Rayleigh-Test; N=54; p<0,001; Abb.1), wobei sich die Verteilungen der einzelnen Tiere nicht signifikant unterschieden (Mardia-Watson-Wheeler-Test, N=54; p<0,07). Im Winter 93/94 unterschieden sich die Zeitpunkte (t1) von WS und ST signifikant voneinander (MWW; N=151; p<0,003). Die ST (f=5:51 MEZ; r=0,78; p<0,001) begannen ca. 6 Stunden später als die WS. Auch die Zeitpunkte des Erreichens von Tmin (tm) waren bei den ST (f=9:09 MEZ; r=0,87; p<0,001) im Mittel um ca. 2 h später, als bei den WS (f=6:58 MEZ; r=0,58; p<0,001). Die Zeitpunkte (t2) für das Ende der WS waren bei allen Tieren über den ganzen Tag verteilt und zeigten keine Häufung zu einer bestimmten Uhrzeit.  

Abb. 1: Beginn der WS (t1) bei 5 Feldhamstern. Der Mittelvektor (r=0,66; p<0,001) weist auf 1:11 MEZ ± 3,16h.

Bei den ST hingegen zeigte sich für t2 ein signifikanter Mittelvektor für alle Tiere bei 9:40 MEZ (r=0,86; p<0,001). Tiefere (<20°C), aber kurze ST (<24h) zeigten einen signifikanten Mittelvektor bei 13:24 MEZ (r=0,64; p<0,001), wurden also ca. 4h später beendet als die flacheren ST.

Die Unterschiede in den Zeiten t1, tm und t2 zwischen WS und ST lassen vermuten, daß der Torportyp und damit Dauer und Minimaltemperatur bereits zu Beginn der Torporphasen determiniert sind. Die vorliegenden Ergebnisse bestätigen somit frühere Untersuchungen des Winterschlafverhaltens Europäischer Feldhamster im Freiland (Wollnik F, Schmidt B 1995: J Comp Physiol B, in press), die zeigten, daß der Beginn der WS einer 24 h-Rhythmik folgt. Es bleibt weiterhin offen, inwieweit das Ende der einzelnen WS durch ein im Winterschlaf freilaufendes circadianes System beeinflußt wird.

Gefördert durch die DFG (Wo 354/5-1).


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