Ñêpyrû / Home ] Arriba ] Aus der Tupi-Guarani-Tradition ] [ Guarani-Mythen aus Paraguay ] Der Zyklus der Zwillinge ]

Erzählungen der Guarani in Paraguay

Zusammengestellt von León Cadogan

bullet1. Der ungehorsame mbya
bullet2. Die honiggelbe Jaguarin und der paí
bullet3. Der Jaguar und der Fuchs

1. Der ungehorsame mbya

Ein Herr, der religiöse Erleuchtung suchte, war im Gebetshaus, wo er sang und betete, und so nach Unsterblichkeit strebte.

Später schickte er seinen Sohn nach den Fallen. Er sollte nach den Schweinefallen sehen.

- Auch wenn keine Schweine gefangen sind, komm sofort zurück. Auch wenn es Spuren von Schweinen geben sollte, folge ihnen nicht, sagte er ihm.

Es gab Spuren von Schweinen. Der mbya, unser Landsmann, folgte den Spuren. Wo die Schweine gegangen waren, ging auch er. Er durchquerte die Selva, einen Palmenwald, wo sie gewöhnlich fraßen. Er folgte den Spuren der Schweine und fand sie schließlich tief im Wald. Der Anführer der Schweine sah unseren Landsmann.

- Was führt dich hierher?, fragte er.

- Die Suche nach Schw... Affen führte mich her, sagte er.

Beinah hätte er "Schweine" gesagt.

- Hättest du gesagt, die Suche nach Schweinen führte mich her, dann hättest du nicht gelogen, sagte das Schwein. Such dir unter meinen Töchtern die, die dir am besten gefällt und heirate sie. Dann wirst du uns begleiten. Andernfalls wirst du sterben.

So heiratete unser Landsmann die Sau. Sie liefen unter den aju’y, hießen ihn hinaufsteigen, damit er die Äste des aju’y schüttle und eine Frucht für seine Frau herunterfiele. Er aber aß nicht von dieser Frucht.

- Ich hab auf den Ästen schon gegessen, sagte er.

Er schüttelte auch die Früchte des yvyrapepé für seine Frau. Auch von diesen Früchten aß er nicht. Später kamen sie zu einer guavira. Von diesen Früchten aß auch er.

Dann kamen sie zu einem großen Gewässer, das aber nicht sehr tief war. Als erster überquerte es unser Landsmann. Etwas später kamen sie zum Großen Meer. Aber da fürchtete er sich, ins Wasser hineinzusteigen.

- Steig auf und halt dich an meinen Borsten fest. Ich werde dich rüberbringen, sagte seine Frau.

Gesagt, getan. So kamen sie zur Hütte des Karaí Ru Ete Mirí.

An diesem Ort verbrachten sie vier Nächte miteinander. Der Herr der Schweine bewirtete unseren Landsmann mit köstlichem Erdnußmehl. Trotzdem fühlte sich unser Landsmann nach vier Nächten so unglücklich, daß er wieder nach Hause wollte.

Da sagte seine Frau:

- Oh, der Donner wird mich an die Zeiten erinnern, wo ich köstliches Erdnußmehl gefressen habe. Sprich nie davon, wenn es donnert.

Er machte sich auf den Heimweg. Als er an das Große Wasser am Ufer des Großen Meeres kam, sah er, daß es unmöglich sein würde, es zu überqueren. Da sah er eine Ente. Eine Ente mit einem Kanu.

- Bring mich über das Wasser, sagte der Unsägliche.

- Nein, mein Kanu ist zu klein, sagte die Ente.

Später kam ein mbigua.

- Bring mich über das Wasser, sagte er.

- Nein, mein Kanu ist zu klein, sagte der mbigua.

Danach kam ein jakaré mit seiner großen Kinderschar.

- Großer Zauberer mit dem glatten Rücken und den Augen, die wie die Blüten der mburukuja strahlen, bring mich über das Wasser, sagte der mbyá.

- Ich werde dich über das Wasser bringen, sagte er.

Sein Kanu war groß. Der mbya stieg hinab und sie legten vom Ufer ab.

Da sagten die Kinder des jakaré:

- Was für ein leckerer Happen, was für ein leckerer Happen! So sagten sie.

Und sie leckten sich die Mäuler.

Als sie wieder vom Ufer ablegten, sagten sie zu unserem Landsmann:

- Der jakaré mit den Augenlidern, die einer schiefen Hütte ähneln.

- Oh nein, sagte der mbyá, die Jungfrauen erinnern sich mit Wohlgefallen an dich.

- Und was sagen sie so, wenn sie sich an mich erinnern?, fragte der jakaré.

- Oh, der Große Zauberer mit dem glatten Rücken und den Augen, die wie die Blüten der muburukuja strahlen, sagen sie, sagte der mbyá.

Wie lachte da der jakaré:

- Ha, ha, ha!

Und nachdem sie ein ganzes Stück weiter waren, sagte der jakaré:

- Der alte jakaré mit dem Rücken voller Pusteln!

- Oh nein, sagte der mbyá. Die Jungfrauen erinnern sich mit Wohlgefallen an dich.

- Und was sagen sie so, wenn sie sich an mich erinnern?, fragte er.

- Oh, sie sagen, der Große Zauberer mit dem glatten Rücken und den Augen, die wie die Blüten der muburukuja strahlen, sagte er.

Wie lachte da der jakaré:

- Ha, ha, ha!

Und nachdem sie ein ganzes Stück weiter waren, erreichten sie einen Baum, der sich dem Wasser zuneigte.

- Alter jakaré mit dem Rücken voller Pusteln und Augenlidern, die einer schiefen Hütte ähneln, sagte der mbyá, während er ans Ufer sprang und eilig weglief.

Doch der jakaré rannte ihm nach. Unser Landsmann kam dahin, wo ein großer Eisvogel fischte.

- Mich verfolgt ein jakaré, sagte er.

- Dann versteck dich unter meinen Fischen, sagte der Eisvogel.

Er versteckte sich im Korb unter den Fischen.

Der jakaré kam.

- Kam hier kein mbyá vorbei? fragte er.

- Hier kam keiner vorbei, sagte der Eisvogel.

- Du lügst, antwortete der jakaré, er ist hier vorbeigekommen. Seine Spuren sind zu sehen. Du hast ihn versteckt.

- Nein, das sind meine Spuren, sagte der Eisvogel.

Dann nahm er den Korb über den Kopf und erhob sich in die Luft. Mitten auf einer Wiese setzte er den Korb ab.

Von dort ging unser Landsmann weiter und kam an das Haus eines Hirschs. Er kam spät an. Der Hirsch machte gerade sein Nachtlager zurecht. Unser Landsmann hatte kein Bett.

- Ich werde hier schlafen, sagte er.

- Nein, da lege ich meine Füße nieder, sagte der Hirsch.

- Das ist mein Schlafplatz, wiederholte der mbyá.

- Nein, da werde ich meinen Kopf niederlegen, sagte der Hirsch.

Angesichts eines fehlenden Schlafplatzes machte sich unser Landsmann wieder auf den Weg und kam zum Haus des Rebhuhns.

Dort schlief er. Außerdem war dort eine Echse. Sie schlief im Haus des Rebhuhns. Das Rebhuhn sagte:

- Schürt ein bißchen das Feuer, aber blast es nicht aus.

Es wird gesagt, daß es sehr kalt war. Unser Landsmann hielt die Kälte nicht aus. Als er das Feuer schürte, blies er es aus.

Es wird gesagt, daß das Rebhuhn schon schlief. Aber als unser Landsmann das Feuer ausblies, erschrak das Rebhuhn wohl, flog vor Schreck auf und nahm das ganze Feuer mit sich. Unser Landsmann blieb allein mit der Echse.

Die Echse fragte:

- Hast du das Feuer verschluckt?

- Ich hab es nicht verschluckt, sagte er. Und du? Hast du es vielleicht verschluckt?

- Es scheint, ich hab’s verschluckt, antwortete sie.

Die Echse erbrach. Sie entzündeten erneut das Feuer. Dann schliefen sie ein.

Als es dämmerte, setzte unser Landsmann die Reise fort und kam zum Haus der Eule. Nur ihre Kinder waren da. Die Mutter war nicht da. Er fragte sie nach ihrer Mutter.

- Vor einer Weile ist sie fischen gegangen, sagten sie.

Es wurde gerade Tag, da kam die Mutter. Sie schien Fische mitzubringen. Aber es waren keine Fische, sondern Grillen. Einen reich verzierten Korb voller Grillen brachte sie.

Es wird erzählt, daß sie dann sagte:

- Warum kann es nicht so sein, daß ein anderer versucht, die Fische zu fangen, während ich gern hören würde, wie mir einer sagt: "Oh, Eule!" Denn so hat er wirklich gesagt!

Als er das hörte, sagte der mbyá:

- Machen wir uns auf! Laß ihn uns suchen!

Er ging mit der Eule.

- Hier ist der Ort, sagte sie.

- Dann hol dir deine Beute, sagte der mbyá.

Die Eule machte sich auf die Jagd.

- Oh, Eule!, gefiel es unserem Söhnchen zu sagen.

Das hörte die, die sich im Haus befand, die Mutter des mbyá.

- Sei gegrüßt, sagte der mbyá.

- Sei gegrüßt, sagte seine Mutter.

- Ach, Söhnchen, sagte sie und fiel tot zu Boden.

Der mbyá begrub seine Mutter.

Am nächsten Tag ging er baden. Während er in der Quelle stand, donnerte es. Da sprach unser Landsmann:

- Ach, es donnert so wie damals, als ich köstliches Erdnußmehl in der Hütte des Wahren Herrn der Schweine gegessen habe.

Bei diesen Worten verwandelte er sich in den Vogel kuchiu und flog davon.

2. Die honiggelbe Jaguarin und der paí

León Cadogan

Ein paí heiratete die Tochter eines Landsmannes.

Danach, so wird berichtet, wurde sein Schwiegervater krank. Der paí ging in die Selva, um Nahrung zu beschaffen.

Wie er so ging, kam er an einem Platz, an dem ein Jaguar einen Tapir gerissen hatte. Der Jaguar lag ausgestreckt über seiner Beute. Der paí schoß mit Pfeilen auf ihn und tötete ihn. Er verließ den Platz und nahm des Fleisch des Jaguars mit zum Haus seines Schwiegervaters. Auch das Fleisch des Tapirs nahm er mit.

So weit, so gut. Am folgenden Tag ging er wieder in die Selva. Dort hörte er die Geräusche, die jemand in den Wipfeln eines pindo mit einer Kalebasse machte. Der paí erblickte eine eira jagua. Sie hatte einen Bogen an den Baumstamm gelehnt. Den zerbrach der paí in Stücke. Dabei entdeckte ihn die eira jagua.

- Ein Mann, sagte sie und stieg vom Baum.

Als sie auf halbem Weg zur Erde war, wollte er sie mit seinen Pfeilen treffen. Aber sie flog um den Stamm, als wäre sie ein Specht, und er verfehlte sie.

Dann kam die eira jagua auf den Boden. Da stieß er ihr ein Messer bis in den Magen und tötete sie so.

Im Schlaf träumte er von ihr. Das erzählte er am Morgen seinem Schwiegervater.

- Ich hatte heute nacht einen Alptraum, sagte er.

- In dem Fall darfst du nicht in die Selva gehen, sagte sein Schwiegervater.

Trotzdem ging er in die Selva.

Als er sich dem Platz näherte, wo er die eira jagua getötet hatte, hörte er jemanden sprechen.

Der, der sprach, sagte:

- Wenn der Mann geschickter ist als ich, wird er mich töten. Wenn ich geschickter bin, werde ich ihn töten.

Der paí ging seines Wegs und begegnete dem eira jagua. Als er den paí erblickte, schoß der eira jagua seine Pfeile auf ihn ab. Unter seiner Brust hatte er einen Köcher mit Pfeilen. Doch der paí fing die Pfeile im Flug und zerbrach sie in Stücke. Als der eira jagua keine Pfeile mehr hatte, wollte er dem paí mit dem Bogen den Schädel einschlagen.

Aber der paí zerbrach den Bogen mit seinem langen Messer in zwei Teile.

Er war danach so erschöpft, daß er auf den Rücken fiel. Während er fiel, stürzte sich der eira jagua auf ihn, packte ihn bei den Haaren und biß ihm die Kehle durch. Noch während er zubiß, zog der paí sein kurzes Messer aus dem Gürtel und rammte es dem eira jagua in den Magen. So sind beide gestorben, einer auf dem anderen.

Als sein Schwiegersohn nicht zurückkam, folgte der Schwiegervater seinen Spuren. Er fand den Schwiegersohn und den eira jagua. Beide waren tot, einer lag auf dem anderen.

Später ging der Schwiegervater, um allen in seinem Dorf zu erzählen, was geschehen war. Und seine Landsleute kamen und sahen. Erst dann trennten sie die beiden und begruben sie an dem Ort.

3. Der Jaguar und der Fuchs

León Cadogan

Es wird berichtet, daß der Jaguar dem Fuchs begegnete. Er wollte ihn fressen, weshalb dieser sprach:

- Auch wenn du mich frißt, wirst du nicht satt werden. Laß mich auf die Suche machen, wo es Tapire in Hülle und Fülle gibt, Großmutter Jaguar, sagte er.

- Gut, sagte der Jaguar.

Der Fuchs machte sich auf die Suche. Er fand einen Platz, wo es Tapire in Hülle und Fülle gab. Der Jaguar kam und riß eins der größten Tiere. Der Fuchs wollte auch davon abhaben. Aber der Jaguar gab ihm nichts ab.

- Laß mir was übrig, und sei es nur die Blase, sagte der Fuchs.

Dann blies er sie auf und legte sie in die Sonne. Während sie trocknete, jagte er zahllose Fliegen und steckte sie in die Blase. Gefangen in der Blase machten die Fliegen einen Lärm wie ein Rudel bellender Hunde. Dann band er die Blase mit den Fliegen an den Schwanz des Jaguars. Als er das gemacht hatte, sprach er:

- Hörst du den Lärm? Kein Zweifel, das sind Hunde, die hinter uns her sind.

Also lauschte der Jaguar. Aber obwohl er etwas hörte, fraß er weiter.

Da sprach der Fuchs:

- Hörst du nicht? Kein Zweifel, da kommen sie schon!

Da rannte der Jaguar los. Weit war er gerannt, ehe er einhielt, um zu lauschen. Ohne Frage, der Lärm der sie verfolgenden Hunde war immer noch zu hören. Also rannte er wieder los, weiter, und lauschte wieder und hörte den Lärm der Verfolger.

Also rannte er wieder los, weiter, erneut hielt er inne, jetzt schon müde, machte er sich zum Kampf bereit, die Sache schien schlecht zu stehen.

Er machte halt, wandte sich nach hinten, hörte da hinten wieder das Bellen der Hunde. Also hetzte er weiter, und immer hörte er das Bellen der Hunde. Ohne sich vom Platz zu rühren, drehte er sich verstohlen nach hinten und entdeckte, daß der Lärm hinter ihm von den in der Blase gefangenen Fliegen gemacht wurde. Weit war er schon von seiner Beute entfernt und ziellos machte er sich auf den Weg.

Nach langer Zeit begegneten sich Jaguar und Fuchs wieder. Bei dieser Gelegenheit sagte der Jaguar sofort:

- Jetzt werde ich dich fressen.

- Auch wenn du mich frißt, wirst du nicht satt werden, Großmutter, sagte der Fuchs. Laß mich lieber einen Weg für dich suchen, wo du gut auf Beute lauern kannst, einen Menschenweg, sagte der Fuchs.

- Gut, sagte der Jaguar.

Der Fuchs machte sich auf die Suche. Er fand einen vielbegangenen Weg. Deshalb kehrte er zurück, um das seiner Jaguar-Großmutter zu erzählen. Dann legten sie sich auf die Lauer. Der Fuchs stellte sich ein wenig abseits von seiner Jaguar-Großmutter.

Nach langem Warten sagte der Jaguar:

- Es scheint, sie kommen schon.

- Laß mich Ausschau halten, sagte der Fuchs.

Er erblickte drei junge Männer, die kamen. Drei kamen.

- Sie kommen schon, sagte er.

- Lieg ich in günstiger Position auf der Lauer?, fragte der Jaguar.

- Warte noch, sagte der Fuchs. Die, die kommen, sind noch keine Männer, sie werden erst noch Männer, sagte er.

Der Jaguar griff nicht an. Die jungen Männer gingen vorbei und es geschah ihnen nichts.

Nach langem Warten sagte der Jaguar wieder:

- Es scheint, sie kommen schon.

- Laß mich Ausschau halten, sagte der Fuchs.

- Sie kommen schon, sagte er.

- Lieg ich gut auf der Lauer?, fragte der Jaguar.

- Noch nicht, wiederholte der Fuchs, der, der kommt, hat aufgehört, ein Mann zu sein. Es handelt sich um einen Greis, der kommt, sprach er.

Wieder griff der Jaguar nicht an, sondern ließ ihn vorübergehen.

Nach neuerlichem langem Warten sagte der Jaguar:

- Es scheint, sie kommen.

- Laß mich Ausschau halten, sagte der Fuchs.

Diesmal sah er, daß einer mit einem Bogen kam. Außerdem kamen drei Hunde.

- Ja, jetzt kommt ein Mann, sagte der Fuchs.

Denn jetzt kam der, der ihm mit Sicherheit den Garaus machen würde.

- Mach dich bereit und warte, sagte der Fuchs.

Die Hunde näherten sich dem Platz, wo der Jaguar sich verbarg. Das Bellen war schon zu hören. Da brüllte der Jaguar schrecklich. Als er das hörte, rannte der Hundebesitzer herbei. Und als sich der Jaguar aufrichtete, schoß er einen eisernen Pfeil ab, und noch einen, und noch einen, bis der Jaguar tot zusammenbrach.

Weil der Fuchs das, was hier geschehen war, so vorausgesehen hatte, sagte er, wenn einer mit einem Bogen ankam, nur noch:

- Leg dich gut auf die Lauer!

 


Bestellen
Librería

Servicio de traducciones

jevy tenonde



Última actualización: 28.09.2006 00:17