Archäologiache Untersuchungen in Chogha Zanbil
Modified: Tuesday, July 07, 2015
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Aktuelle Forschungen


Ziel der Untersuchung

Die Hauptfrage der Untersuchung betraf die Stadtstruktur und ihre räumliche Gliederung. Es war zu klären, ob außer den Tempeln und Palästen auch Wohnviertel und andere Einrichtungen, die verschiedene funktionale Bereiche einer Stadt abdecken, in Chogha Zanbil vorhanden gewesen sind. Was die räumliche Gliederung der verschiedenen Stadtbereiche in Chogha Zanbil angeht, stellte sich die Frage, in welcher Wechselwirkung die geplanten Teile der Stadt zu den ungeplanten Bereichen standen. Hierzu sind genauere Kenntnisse über die verschiedenen urbanen Elemente der Stadt erforderlich. Die Gliederung der Wohnviertel, der Verlauf der Straßen und der Standort von möglichen Markplätzen wurden dabei näher betrachtet.


Methode

Die Untersuchung wurde anhand folgender Verfahren durchgeführt:


a) Dokumentation der auf der Oberfläche sichtbaren Baureste

b) Systematische Oberflächenbegehungen und Sammeln von Oberflächenfunden

c) Geophysikalische Prospektion des Stadtgebietes

d) Ausgrabung

e) Großflächige Surveys in der Stadtperipherie


Feldarbeiten


a) Dokumentation der auf der Oberfläche sichtbaren Baureste

Im Stadtgebiet sind oft Überreste architektonischer Anlagen schon an der Oberfläche deutlich erkennbar. Die aus Backsteinfragmenten bestehenden Wandreste, die sich bis heute gut erhalten haben, deuten auf die Bebauung von großen Flächen innerhalb des Stadtgebietes. Sie sind so deutlich zu sehen, dass die Aufnahme und Dokumentation der Hausstrukturen bei vielen Bauten problemlos möglich ist. Hier bot sich eine gute Gelegenheit, ohne kostspielige Ausgrabungen einen großen Teil der räumlichen Gliederung des Wohngebietes aufzunehmen und eine detaillierte Karte der auf der Oberfläche sichtbaren Baureste herzustellen. Mit dieser Arbeit wurde im Herbst 2000 begonnen.


b) Systematische Oberflächenbegehungen und Sammeln von Oberflächenfunden

Neben der Aufnahme von Architekturüberresten wurde auch mit einer systematischen Untersuchung der Oberflächenfunde begonnen. Diese bestehen hauptsächlich aus Keramikscherben, Steingeräten, Spinnwirteln und Statuettenfragmenten, wobei der Keramikanteil bei Weitem überwiegt. Die Verteilung der Keramikfragmente im Stadtareal ist nicht einheitlich. Die Keramikdichte ist auf der Südostseite des Stadtgebietes, wo die Baureste sich konzentrieren, am größten. Um eine systematische Analyse der Oberflächenfunde und ihre Verteilung durchführen zu können, wurde das Stadtgebiet in Oberflächeneinheiten von 50×50 m gegliedert. Die auf diese Weise gewonnene archäologische Dokumentation bildet das Hauptmaterial zur Erforschung des Stadtareals. Die Analyse der Oberflächenfunde und die Ergebnisse der Untersuchung der architektonischen Hinterlassenschaften sind in Vorbereitung und werden demnächst publiziert.

c) Geophysikalische Prospektion des Stadtgebietes

Durch die geomagnetische Prospektion kann eine zusammenfassende Untersuchung über die Verteilung der Anlagen und ihre Beziehungen zueinander unternommen werden. Im Herbst 2002 und 2003 sowie im Winter 2005 konnte B. Mofidi-Nasrabadi in Zusammenarbeit mit den Geophysikern der Universität Kiel in Chogha Zanbil Prospektionen durchführen. Die Expeditionen dauerten jeweils zwei Wochen und wurden durch den Forschungsverbund Archäologie der Universität Mainz sowie das iranische Antikenamt finanziell unterstützt.

Man hat eine Fläche von etwa 34 Hektar vermessen. Es wurde hauptsächlich im sog. Temenos sowie im südöstlichen Bereich des Stadtgebietes gearbeitet, weil die Oberflächenfunde auf eine besonders dichte Besiedlung in diesen Bereichen hinweisen. Weitere Flächen im Südwesten und Nordwesten wurden ebenfalls aufgenommen. Es lässt sich bereits feststellen, dass ein weitaus größerer Teil der Stadt besiedelt war, als bisher angenommen werden konnte. Neben den kleinen Baustrukturen, die wohl als Wohnhäuser interpretiert werden können, konnten auch einige größere Bauten erkannt werden. Die starke positive Anomalie der Hauswände, auf den Plänen als schwarze Linien erkennbar, weist auf die Verwendung von Backsteinen bzw. Backsteinfragmenten. Die Strukturen müssen hauptsächlich dem Ende der Besiedlungsphase der Stadt, d.h. der ersten Hälfte des 1. Jts. v. Chr. angehören.


d) Ausgrabungen

Zusätzlich zu den erwähnten Surveys wurden Ausgrabungen in den südlichen und südöstlichen Arealen innerhalb und außerhalb der mittleren Mauer durchgeführt, um einen genaueren Überblick über die nicht erforschten Bereiche innerhalb der mittleren Mauer zu bekommen und unsere Kenntnisse über die Stadtstruktur in diesem Bereich zu erweitern. Zuerst wurde im Winter 1999 ein Areal außerhalb der südöstlichen Seite der mittleren Mauer ausgewählt. In zwei weiteren Kampagnen im Herbst 2001 und im Frühjahr 2002 wurden zwei Areale im südlichen Bereich innerhalb der mittleren Mauer untersucht. In allen ausgegrabenen Arealen wurden mehrere Häuser festgestellt, die drei unterschiedlichen Bauschichten angehörten. Sie stammen nicht aus der Zeit der Stadtgründung, sondern meistens aus dem Anfang des 1. Jts. v. Chr. (B. Mofidi-Nasrabadi 2007).

e) Surveys in der Umgebung des Stadtgebietes

Eine Analyse der Stadtstruktur und der verschiedenen funktionalen Einheiten ergänzt die 1999 durchgeführte Studie zur Klärung der Siedlungsstrukturen in der Peripherie des Stadtgebietes. Durch diese Studie konnten Siedlungen in einem Umkreis von maximal 1 km außerhalb der Stadtmauer identifiziert und ihre Beziehung zur Stadt in den verschiedenen Perioden erklärt werden. Die Ergebnisse dieser Studie wurden in AMIT 2003-04 veröffentlicht (Mofidi-Nasrabadi, B., 2003-04).


Ergebnisse

Die Feldarbeiten wurden mit dem Ziel durchgeführt, verschiedene Aspekte der Stadtplanung und -struktur und sozialen Verhältnisse der Stadt zu klären. Die gewonnenen Ergebnisse wurden in zwei Teile gegliedert. Die erste Arbeit betrifft die vorgeplanten Monumentalbauten, die 2013 veröffentlicht wurde (Mofidi-Nasrabadi 2013). Der zweite Teil ist in Vorbereitung und behandelt die Gliederung und die Datierung der Wohnbereiche. Dabei werden die Ergebnisse der großflächigen Surveys des gesamten Stadtgebietes und der geophysikalischen Prospektionen sowie der Ausgrabungen zusammengefasst. Erst unter Berücksichtigung aller Ergebnisse können die soziale Organisation und die urbane Raumgliederung der Stadt näher betrachtet werden. Vorläufig kann man festhalten, dass die Wohnhäuser im Temenos-Bereich nicht aus der Zeit der Stadtgründung stammen, sondern später im Laufe der folgenden Jahrhunderte gebaut wurden. Man kann insgesamt folgende drei Bauschichten aufgrund der stratigraphischen Beobachtungen feststellen (dazu siehe Mofidi-Nasrabadi 2007):

Bauschicht 1 (7.-8. Jh. v. Chr.)

Bauschicht 2 (9.-10 Jh. v. Chr.)

Bauschicht 3 (11.-12. Jh. v. Chr.)


Stadtplanung

Die Stadt wurde als ein religiöses Zentrum konzipiert. Dabei standen wirtschaftliche Aspekte, die für die Entwicklung der Stadt notwendig waren, nicht im Vordergrund. Die Faktoren wie Verbindungswege, Ackerflächen und Bewässerungsmöglichkeiten, die eine bedeutende Rolle bei einer Agrargesellschaft spielen, wurden bei der Auswahl des Orts kaum berücksichtigt. Obwohl der Fluss Dez in der Nähe der Stadt floss, konnte das Flusswasser wegen des großen Höhenunterschieds zur Stadtebene von etwa 40 m, nicht benutzt werden. Auch den Bau eines 45 km langen Kanals, vom Kerkhaeh Fluss bis zur Stadtebene, wie Ghirshman vorgeschlagen hat, war aus morphologischen Gründen nicht möglich, weil die Stadt auf der höchsten Ebene der benachbarten Region errichtet wurde.

So muss der besondere sakrale Aspekt, der durch den Bau der Ziqqurrat und zahlreichen Tempelanlagen zum Ausdruck kam und in den Inschriften explizit erwähnt wurde, der wichtigste Motivationsgrund des Königs Untaš-Napiriša für die Gründung einer neuen Stadt gewesen sein.

Bei der Planung spielte die Ziqqurrat eine zentrale Rolle. Zur Realisierung der Baupläne der Ziqqurrat und der anderen Monumentalanlagen auf dem Gelände nutzten die elamischen Architekten die Prinzipien der Geometrie und Mathematik. Die Maßeinheit zur Berechnung der Länge und Höhe der Anlagen war das Ziegelformat. Die Bauten bestanden in der Regel aus einer runden Anzahl von Ziegelreihen.

Für die Ziqqurrat kann eine Ordnung bei der Auswahl der Länge der verschiedenen Terrassen festgestellt werden, die auf dem sexagesimalen System basierte. Der aus Lehmziegeln errichtete Kern hatte das folgende Schema für die Seitenlänge jeder Etage:

Hochtempel ….. 36 Ziegel ..........(1 × 6 × 6)

Vierte Etage ….. 72 Ziegel .........(2 × 6 × 6)

Dritte Etage …. 108 Ziegel .........(3 × 6 × 6)

Zweite Etage …144 Ziegel .........(4 × 6 × 6)

Erste Etage ….. 216 Ziegel .........(6 × 6 × 6)

Der aus luftgetrockneten Lehmziegeln gebaute Kern bekam einen Mantel aus gebrannten Backsteinen. Nachdem die Lage der Ziqqurrat und ihre Seitenlänge auf dem Gelände festgelegt worden war, benutzte man die Position der Ziqqurrat, um den Verlauf der Mauer des heiligen Bezirks zu bestimmen. Dabei spielte die Südostseite, d.h. die Sonnenseite, eine besondere Rolle, denn hier wurde am ersten Neujahrstag, dem Frühlingsanfang, das sog. sit Šamši-Ritual bei Sonnenaufgang durchgeführt. Ausgehend von der Lage des Eingangs wurde in einem Abstand, der doppelt so lang war wie die Ziqqurratseite, ein Turm an der Stelle errichtet, an der die Sonne am Tag des Frühlingsbeginns aufstieg. Daher wurde auch der Turm nur kibrat, d.h. "das Licht des Universums" genannt. Der Turm bildete den Anhaltspunkt für die Lage der Temenos-Mauer auf der Südostseite, die parallel zur Ziqqurrat verlief. Die Tore wurden in gleichmäßigen Abständen angebracht. Der heilige Bezirk besaß eine rechteckige Form, in dessen Zentrum die Ziqqurrat lag. Auf der Nordost- und Südwestseite musste die Form von einem Rechteck zum Teil abweichen, weil an diesen Seiten tiefe Schluchten vorhanden waren. Daher entstand jeweils an den genannten Seiten ein Knick im Mauerlauf.

Wie oben angedeutet und worauf auch die Bauinschriften hinweisen, war die Stadt in erster Linie als Wohnort der Götter konzipiert. Daher wurden die profanen Monumentalbauten – und im Unterschied zu den mesopotamischen Neugründungen sogar die Paläste – außerhalb des zentral gelegenen heiligen Bezirks errichtet. Die Trennung des Lebensraums der Menschen von dem der Götter kam durch den Bau der starken Mauer um den heiligen Bezirk zustande. Das Areal um die Ziqqurrat, bekam darüber hinaus noch eine eigene Mauer, da es sich um den heiligsten Bereich handelte. Auf diese Weise hat man bei der Stadtplanung eine strenge hierarchische Trennung der heiligen Sphären von dem Rest der Stadt angestrebt, die allerdings im Laufe der Zeit von der Stadtbevölkerung nicht eingehalten wurde, sodass in den folgenden Jahrhunderten Wohnhäuser im heiligen Bezirk errichtet wurden (Für nähere Informationen zur Stadtplanung und -struktur siehe Mofidi-Nasrabadi 2013).

Im Laufe der Zeit kamen gewisse Veränderung bei der Ziqqurrat und den anderen Bauten zustande. Aufgrund der Ablagerung von Sedimenten wuchs das Bodenniveau in den nächsten Jahrhunderten. Dies kann an verschiedenen Bereichen gut beobachtet werden, z. B. an der Westecke der Innenmauer. Dort hatte man ursprünglich einen Kanal zum Leiten des Abwassers unterhalb der Mauer errichtet. Heute befindet sich der Kanal etwa 30 cm unter dem Fußbodenniveau, so dass die aktuelle Pflasterung aus einer späteren Periode stammen muss. Auch die Torbauten wurden mit der Zeit zum Teil verändert. Man kann bei ihnen mehrere Baustadien beobachten (Mofidi-Nasrabadi 2007 und 2013).

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3D Rekonstruktion der Ziqqurrat
Stadtgebiet und das geomagnetisch vermessene Areal
Geomagnetische Prospektion (Herbst 2002)
Magnetogramm
Ausgrabungen im südlichen Bereich innerhalb der mittleren Mauer
Grabungsareal im Herbst 2001
Die Bauten im südlichen Bereich des Temenos
Ausgrabungsareal B im Süden des Temenos-Bereichs
Planungsaspekte
Die Position der aufgehenden Sonne am Frühlingsanfang
Die Planung der Lage des Turms nur kibrat in Richtung des Sonnenaufgangs am Frühlingsbeginn
Der gleiche Abstand der zwei Tore im Bezug zum Turm nur kibrat
Die rechteckige Form des heiligen Bezirks und die regelmäßigen Abstände
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(C) 2004 B. Mofidi-Nasrabadi