Die glorreichen Jahre des FC Singen 1947–74

zusammengestellt von Klaus Pommerening

Es gab einmal eine Zeit, da war Singen eine Fußballhochburg. Wer in den 1950er-Jahren irgendwo in Deutschland von Singen sprach, dachte möglicherweise an die Maggi, an den Hohentwiel, vielleicht noch an den Bahnknotenpunkt und an die »Alu«, auf jeden Fall aber an den FC Singen. Dieser Verein war im Fußball deutschlandweit (und auch in der Schweiz) ein Begriff. Seine erste Mannschaft gehörte zwar nie wirklich zu den deutschen Spitzenmannschaften, war aber durchaus in deren »Sichtweite«. Zu spüren bekamen das der VfB Stuttgart, der 1. FC Nürnberg, die Borussia Dortmund, der KSC (= VfB Mühlburg), die Grasshoppers Zürich, der HSV, Admira Wien, die Young Boys Bern, der 1. FC Kaiserslautern, Rot-Weiss Essen, der FC Schalke 04, und manch anderer renommierte Verein. Nach dem Abstieg in die I. Amateurliga 1958 schwärmte der Südkurier von der Vergangenheit:

»... der ruhmreiche FC Singen, der VfB Stuttgart und HSV besiegte, Schalke, Rotweiß Essen und FC Kaiserslautern an den Rand einer Niederlage brachte, ...« (Südkurier, 12.8.1958)

Jedenfalls war der FC Singen in dieser Zeit auf Augenhöhe mit Vereinen wie Waldhof Mannheim, Darmstadt 98, BC (= FC) Augsburg, SSV Reutlingen, TSG (= SSV) Ulm 46, Hessen Kassel, Jahn Regensburg. Und lange Jahre stellte er, im Wechsel mit dem FC Freiburg, die stärkste oder zweitstärkste Mannschaft in Südbaden.

»Singen löst Freiburg als Südbadische Fußball-Hochburg ab.« (Schlagzeile im Südkurier, 25. Juni 1957, nachdem die Amateure des FC Singen den Aufstieg in die I. Amateurliga geschafft hatten (in der der SC Südstern Singen einen guten Platz belegte) und der FC Freiburg nach einer Saison wieder aus der I. Liga absteigen musste)

Diese »goldene Zeit« begann damit, dass der FC Singen vier Jahre lang, von 1947 bis 1951, in der jeweils höchsten möglichen Liga – der Zonenliga und der I. Liga Süd – spielte, also erstklassig war.

Wegen des im Vergleich zu heute völlig anderen Spielsystems sind die Begriffe »erst-«, »zweit-« oder »drittklassig« mit Vorsicht zu verwenden. Zum besseren Vergleich mit der heutigen Liga-Einteilung ist bei jeder der damaligen Ligen aufgeführt, welche Vereine nach ihrer heutigen Spielstärke (Stand Sommer 2017) in der jeweiligen Liga spielen würden.
Ab 1951 war der FC Singen ein ständiges Mitglied der II. Liga Süd, bis diese 1963 (als Folge der Einführung der Bundesliga) aufgelöst wurde – und mit einer Ausnahme: Abstieg in die I. Amateurliga 1958 mit sofortigem Wiederaufstieg 1959, wobei der FC Singen quasi nebenbei noch die deutsche Amateurmeisterschaft 1959 gewann.

Danach spielte der FC Singen drittklassig in der Schwarzwald-Bodensee-Liga bis zu deren Auflösung 1974, und zwar mit Ausnahme der Saison 64/65 und der letzten Saison 73/74 immer in der Spitzengruppe, an der Schwelle zum Aufstieg in die (damals zweitklassige) Regionalliga. Mit der Auflösung der Schwarzwald-Bodensee-Liga – zeitgleich mit der Einführung der 2. Bundesliga 1974 – endeten die glorreichen Jahre des FC Singen. Im Vergleich zu heute kann man sagen, dass der FC Singen während der 27 Jahre von 1947 bis 1974 auf Regionalliga- oder Amateur-Oberliga-Niveau spielte, stets mindestens in der dritthöchsten Spielklasse.

Nach Auflösung der verbandsübergreifenden Schwarzwald-Bodensee-Liga hielt sich der FC Singen noch zwei Jahre in der I. Amateurliga Südbaden, ohne nennenswerten Erfolg. Mit dem Abstieg aus dieser Liga 1976 endete auch die Hoffnung, noch einmal an die glorreiche Zeit anknüpfen zu können. Seither bewegte sich der FC Singen nur noch in unteren Spielklassen mit kurzen, ziemlich unspektakulären Ausflügen in die Amateur-Oberliga Baden-Württemberg 1997–2000 und 2012–13. Der absolute Tiefpunkt war der Abstieg in die Bezirksliga 1982, in der die erste Mannschaft des Vereins fünf Jahre verbringen musste!

Quellenangaben


Autor: Klaus Pommerening, 29. September 2018; letzte Änderung: 15. September 2022.